Kryson 04 - Das verlorene Volk
Regenten bei, »einigen wir uns endlich auf einen vernünftigen …«
Die mächtigen Flügeltüren zum Saal des Regenten wurden urplötzlich aufgestoßen. Erschrocken blickten die Fürsten und Jafdabh zur Tür. Als sie die den Grund für die Störung erkannten, ging ein erstauntes Raunen durch die Versammelten. Drei Männer und ein versteinertes weibliches Wesen standen in der Tür. Sie wurden von vier weißen Schneetigern begleitet. Die Großkatzen waren sichtlich nervös, strichen unruhig um die Gruppe der Neuankömmlinge herum und gaben gefährlich klingendes Fauchen von sich, während sie den ängstlich dreinblickenden Fürsten überdeutlich ihr Raubtiergebiss zeigten.
»Das sind Fürst Alchovi und sein Magier Sapius«, flüsterte die Fürstin Menohir ihrem Nachbarn Ayadaz aufgeregt ins Ohr.
»Und er hat seine Eiskrieger und die steinerne Frau mitgebracht«, stellte Fürst Baduar furchtsam fest, dessen Blick sofort auf den furchterregenden Riesen im Hintergrund gefallen war, der selbst den groß gewachsenen Fürsten Alchovi überragte und lange Schatten in die Halle des Regenten warf.
»Baylhard und Tallia heißen sie, glaube ich. Ist Alchovi gekommen, den Regenten zu stürzen und die Macht über die Klanlande zu übernehmen?« Die leise Bemerkung der Fürstin Menohir war nicht für die Ohren der übrigen Fürsten bestimmt, dennoch hatte sie Ayadaz deutlich vernommen.
»Das glaube ich nicht«, meinte Ayadaz, »er folgte dem Ruf des Regenten, so wie wir es taten, um gemeinsam gegen den Feind zu stehen.«
»Pah, Ihr seid entweder zu naiv oder einfach zu gut für Kryson, Ayadaz«, sagte Fürst Baduar. »Nehmt Euch besser ein Vorbild an Eurem Onkel. Der ist mit allen Wassern gewaschen und stets misstrauisch. Wir haben es nicht gewagt, unsere Krieger mit in den Palast nach Tut-El-Baya zu bringen. Tomal hingegen schon. Eine dreiste Geste und Missachtung des Gastgeberrechtes. Immerhin stellen die Eiskrieger eine Bedrohung für den Regenten dar.«
Tomal ließ seinen Auftritt länger als ursprünglich geplant auf die Fürsten wirken. Offensichtlich hatte er ihre Verunsicherung ob seines überraschenden Erscheinens erkannt und genoss den Augenblick, in dem sie ihn wie die Kaninchen vor der Schlange gebannt beobachteten und wie gelähmt darauf warteten, sogleich aufgefressen zu werden. Der Anflug eines Lächelns umspielte die Lippen des Lesvaraq, während er ansonsten regungslos auf der Türschwelle stehen blieb. Jafdabh schüttelte als Erster die Benommenheit ab.
»Fürst Alchovi!«, rief er, wobei seiner Stimme nicht zu entnehmen war, ob er nun erfreut oder verärgert über das Erscheinen des Lesvaraq war. »Tja … ähm … ich heiße Euch willkommen im Kristallpalast und bin wahrhaft froh, dass Ihr meinem Ruf gefolgt seid. Es ist mir eine große Ehre, den Fürsten aus Eisbergen begrüßen zu dürfen. Eure Begleiter sind selbstverständlich ebenfalls willkommen. Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise. Tretet näher und schließt Euch den Beratungen der Fürsten an.«
Tomal nahm die Begrüßung mit stoischer Ruhe entgegen. Stolz und hoch erhobenen Hauptes setzte er sich schließlich in Bewegung. Sicheren Schrittes, ohne den gaffenden Adligen Beachtung zu schenken, näherte er sich dem Thron. Während Sapius und Baylhard dem Regentenpaar die Ehre der Mächtigen erwiesen und sich verneigten, verweigerte Tomal die Geste der Unterwerfung. Er blieb unmittelbar vor Jafdabh stehenund musterte diesen von oben bis unten gestrengen und abschätzigen Blickes.
»Hier seid Ihr also alle versammelt«, sagte der Lesvaraq schließlich, »die vermeintlich wichtigsten Frauen und Männer der Klanlande. Kleben zusammen wie Fliegen auf den mächtigen Scheißhaufen meiner Schneetiger. Kaum zu glauben, dass die Geschicke eines ganzen Volkes in diesen Hallen entschieden werden sollen. Keiner von Euch sieht danach aus, als ob ihm diese Rolle besonders gut stünde.«
Die Begrüßung des Lesvaraq war eine Provokation für die versammelten Fürstenhäuser und ein Verstoß gegen die Regeln der Gastfreundschaft. Doch keiner der Anwesenden wagte, das Wort zu erheben und dem Fürsten des Nordens zu widersprechen. Es schien, als hätte Tomal sie mit wenigen Worten in seinen Bann geschlagen. Doch wieder war es Jafdabh, der sich von dem Auftreten des Fürsten Alchovi nicht einschüchtern ließ.
»Tja … wie auch immer. Ich denke, es wäre zu voreilig, ein solches Urteil zu fällen, ohne die Anwesenden näher zu kennen, denkt Ihr nicht? Nun
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