Kryson 05 - Das Buch der Macht
erkennen. Kallya kämpfte gegen ihr Ende an, aber das Blut der Dunkelheit war wie Gift in ihrem Körper, das sie nicht mit ihrer Magie besiegen konnte.
»Du wolltest dich doch mit mir verbinden«, sagte Tomal, »siehst du jetzt, was dabei herauskommt? Du verträgst mein Blut nicht. Ich kann deinen siechenden Anblick kaum ertragen.«
Kallya schüttelte entkräftet den Kopf. Von Tomal konnte sie keine Rettung erwarten.
»Das Licht schwindet«, ihre Stimme war nur noch ein Flüstern, für Tomal kaum zu hören.
»Mach ein Ende. Gleich haben wir es geschafft«, hörte Tomal eine Stimme in seinem Inneren sprechen.
Der Lesvaraq des Lichts kroch am Boden und wand sich im Todeskampf wie eine Schlange am Fuße des Vulkans. Kallya litt Qualen. Tomal wagte sich näher.
»Wo willst du hin? Hiergeblieben«, rief er.
»Lass mich sterben«, brachte sie mit Mühe über ihre Lippen, »und sieh zu, wie du alleine mit dem Gleichgewicht auskommst.«
»Nichts anderes hatte ich vor«, meinte Tomal, »ich will dir nur ein klein wenig zur Hand gehen und dein Leiden beenden.«
»Rühr mich nicht an, Dunkler«, stöhnte Kallya, »du hast bereits genug Unheil angerichtet.«
Tomal vergaß seine Abscheu und zwang sich, den abstoßenden Gestank aus seinen Sinnen zu verdrängen. Siegesgewiss wollte er seine Begegnung mit Kallya zu Ende bringen.
»Wer hätte gedacht, dass unser Kampf so schnell vorbei sein könnte. Kallya hat sich nicht einmal gewehrt. Wie langweilig, daswar keine Herausforderung«, dachte er bei sich, » gleich unsere erste Auseinandersetzung endet tödlich für das Licht.«
Der Lesvaraq hatte seine Gegnerin rasch eingeholt und stellte sich breitbeinig über sie. Kallya hatte aufgegeben. Ihre Kräfte hatten sie verlassen. Ihre Atmung war flach, Tomal konnte bei jedem ihrer Atemzüge ein Pfeifen hören.
Er ging in die Hocke, drehte sie vorsichtig auf den Rücken und nahm ihren Kopf in beide Hände. Ihr Gestank war schwer zu ertragen. Kallya verzog ihre Lippen und den zahnlosen Mund zu einem grotesken Lächeln. Sie hob ihre Hände und legte sie auf die seinen. Tomal riss erschrocken die Augen auf.
»Habe ich dich am Ende doch erwischt«, flüsterte sie matt.
»Ich verstehe nicht.«
»Du wolltest mich töten. Aber …«, Kallya tat einen tiefen Atemzug, »das geht nicht mehr. Der Zyklus wurde geschlossen.«
»Du verdammte Hexe«, Tomal schlug ihre Hände beiseite, als hätte sie ihn verbrannt, und sprang auf, »du hast mich reingelegt!«
Ihm fiel auf, dass sie für seine Sinne plötzlich nicht mehr stank. Die Erkenntnis traf ihn mit Wucht. Der Zyklus war vollendet. Er konnte nichts mehr dagegen unternehmen.
»Wie ich sagte, Klugheit ist nicht deine Stärke. Und jetzt hilf deiner Magierin des Lichts. Du darfst mich nicht sterben lassen.«
Tomal schlug die Hände vors Gesicht. Er hatte einen großen Fehler gemacht. Jetzt war er erneut mit einer Magierin des Lichts verbunden. Alles war umsonst gewesen: Sapius’Tat. Die Hoffnung auf ein Leben ohne das Licht und den steten Kampf zwischen Tag und Nacht in seinem Inneren, der ihn in den Wahnsinn trieb. Erschöpft und zutiefst enttäuscht ließ er sich neben ihr nieder und legte ihr die Hände wieder aufs Gesicht. Er spürte, wie die Berührung ihrer entzündeten Haut unterseinen Fingern prickelte. Das Licht stieg in ihm auf, frisch und stark, als wäre es soeben erst geboren worden, und zog das Gift und die Krankheit aus Kallyas Körper. Erleichtert atmete die Magierin auf.
»Du wirst dich selbst heilen«, sagte Tomal mit einem bitteren Unterton in der Stimme, »ich habe keine Kraft und keine Lust dazu.«
»Schon gut«, meinte Kallya, »auch wenn es dir gut stünde, mir zu helfen, werde ich das alleine schaffen. Ich bin froh, dass du dich letztlich für unsere Verbindung entschieden hast. Ich werde die bessere Seite in dir hervorbringen und mich nach Kräften für das Licht einsetzen.«
»Erwähne das nie wieder«, warnte Tomal seine Magierin, »oder Kryson hat einen Lesvaraq des Lichts weniger!«
»Du wirst diese Aufgabe nun statt meiner erfüllen müssen. Das ist es doch, was du wolltest.«
»Aber nicht auf diese Weise. Ich wollte die Dunkelheit beherrschen.«
»Narr! Das kannst du nicht. Sie gebietet über dich und nicht umgekehrt.«
»Das hatten wir doch schon«, erwiderte Tomal. »Geh mir jetzt aus den Augen. Wir werden uns früh genug wiedersehen.«
»Ja, ich werde aufbrechen. Mein Opfer für das Gleichgewicht habe ich erbracht. Wenn wir uns das nächste
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