Kryson 05 - Das Buch der Macht
Mal treffen, wirst du von den Folgen der Krankheit deines Blutes nichts mehr sehen.«
»Das will ich für dich hoffen. Dein Anblick wäre mir ansonsten doch sehr zuwider.«
Tomal reichte Kallya die Hand und half ihr aufzustehen. Er wollte alleine sein. Wie sollte es nun weitergehen? Dass seine Pläne gescheitert waren, hatte ihn tief getroffen. Er setzte sich auf den warmen Boden und merkte nicht einmal, wie sich Kallya entfernte.
»Noch ist nicht alles verloren«, dachte er bei sich und schöpfte neue Hoffnung, »Sapius könnte auch Kallya töten. Aber sie ist stärker und mächtiger als Tallia. Sie besitzt die Kräfte eines Lesvaraq. Kann ich ihm die Bürde ein weiteres Mal auferlegen? Aber warum nicht? Er hat es ein Mal getan, da kann er es auch ein zweites Mal. Mit jedem weiteren Mord wird es leichter. Hoffen wir, dass es für ihn nicht zur Gewohnheit wird. Oder Blyss könnte es für mich tun. Er ist ein eigenartiges Wesen. Wenn ich ihn nur richtig einschätzen könnte! Er wurde durch Magie geschaffen. Der perfekte Attentäter. Ein Geschöpf der Schatten. Vielleicht bitte ich ihn darum. Sollte er scheitern, kann ich immer noch Sapius einsetzen.«
Das tosende Geräusch aus dem Inneren des Vulkans riss den Lesvaraq aus seinen Gedanken. Tartatuk brach aus. Tomal drehte sich um und blickte mit sorgenvoller Miene zum Krater des Vulkans. Dichte Aschewolken stiegen auf und verdunkelten die Sonnen von Kryson. Es roch nach Schwefel. Felsbrocken und Geröll wurden hoch- und weit durch die Luft geschleudert. Über den Kraterrand kroch ein dickflüssiger Lavastrom, der sich unaufhaltsam die steilen Abhänge hinabschlängelte.
Tomal packte sein Bündel, stand auf und sah sich um. Er entschied sich dafür, nach Norden zu gehen, um sich vor dem Wüten des Vulkans in Sicherheit zu bringen. Diese Gegend würde für einige Zeit unpassierbar sein. In einiger Entfernung konnte er die Ruinen eines zerstörten Dorfes und dahinter den Waldrand des Faraghad erkennen. Zuerst musste er den Graben überwinden, den er selbst geschaffen hatte. Aber das war leicht. Er suchte sich einen passenden Stein auf der anderen Seite und sprang, wie Sapius es ihm beigebracht hatte.
»In welche Richtung sind sie gegangen?«, fragte er sich selbst – kaum auf der anderen Seite des Grabens angekommen – nach dem Weg der übrigen Streiter.
Tomal schritt zügig voran und sprang zwischendurch, wenner ein gutes Ziel ausmachen konnte. Er war Sapius dankbar dafür, dass er ihm diese zeit- und kraftsparende Reisemethode beigebracht hatte.
Nach einer Weile wähnte sich der Lesvaraq weit genug von Tartatuk entfernt und in Sicherheit. Unmittelbar vor den ersten Bäumen des Faraghad schlug er sein Lager auf. Er hatte von hier aus die beste Sicht auf das Spektakel des wohl größten Vulkanausbruchs seit Tausenden von Sonnenwenden. Und er, Tomal, war dafür verantwortlich. Ein Lächeln und ein eigenartiger Glanz schlichen sich in sein Gesicht.
Der Kampf mit Kallya hatte ihn hungrig und müde gemacht. Er hatte einige Köstlichkeiten in seinem Gepäck verstaut, bevor er sich aus Zehyr auf den Weg gemacht hatte. Bei dem Gedanken an die Speisen lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Nachdem er seinen größten Hunger und Durst gestillt hatte, machte er es sich gemütlich und lehnte sitzend an einem Baum.
»Blyss? Wo seid Ihr ?«, rief er seinen Verbündeten in Gedanken.
»Ich bin hier«, antwortete das Gefäß prompt.
Tomal hatte nicht erwartet, den dunklen Geist sofort zu erreichen. Er konnte die Stimme klar und deutlich erkennen, als stünde er neben ihm.
»Wo ist hier?«, wollte Tomal wissen.
Er sprach jetzt laut mit dem Gefäß. Er empfand es als angenehm, seine eigene Stimme zu hören. Das gab ihm – anders als bei einer Unterhaltung im Stillen – das Gefühl, als würde er tatsächlich mit jemandem in seiner Nähe reden. Und es half ihm, die Einsamkeit zu vertreiben. Lediglich die Antworten musste er in seinem Geist entgegennehmen.
»Im Haus des hohen Vaters und der heiligen Mutter.«
»Was habt Ihr dort zu suchen?«
»Oh, mein derzeitiger Wirt lebt dort. Ihr wisst doch, dass ichjemanden brauche, wenn ich nicht als ruheloser Geist ohne Sinn und Verstand durch die Lande ziehen will. Vielleicht habt Ihr mich mit unserem Bündnis und dem Versprechen, das ich Euch geben musste, von dieser Verbindung befreit. Aber ich will lieber noch keinen Versuch wagen, ob ich wirklich frei bin. Die Gefahr, es könnte anders sein, ist zu groß. Noch. Außerdem kann
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