Kryson 06 - Tag und Nacht
und geht dir durch Fels und Stein. Aber natürlich wirst du eine Felsgeborene zu deiner wahren Prinzessin machen. Wir brauchen einen Erben. Eine Felsgeborene aus dem Süden? Nein, das wäre gegen unsere Tradition. Vergiss nicht, du bist ein Königssohn und wirst mir eines Tages auf dem Thron nachfolgen. Sie muss aus unserem Stamm kommen. Hier in der Burg gibt es einige sehr ansehnliche Felsgeborene, die deiner würdig wären.«
»Im Augenblick wüsste ich nicht, von wem du sprichst.«
»Vargnar!« Saragar sah seinen Sohn ärgerlich an. »Du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, dich in der Burg umzusehen, dich zu zeigen und einige Worte mit unserem Volk auszutauschen. Ich nehme an, du kennst noch nicht einmal alle Namen und kannst dich an keines der Gesichter erinnern. Das gehört sich nicht für einen zukünftigen König.«
Der König wandte sich an den Felsenfreund.
»Du wirst mir Sorge dafür tragen, dass Vargnar schnell lernt, was es für einen Königssohn zu lernen gilt. Du bist sein Felsenfreund, Vertrauter und Ratgeber, Rodso. Ich mache dich persönlich dafür verantwortlich, sollte er bis zum Fest nicht alle wichtigen Namen und die infrage kommenden Töchter der Felsgeborenen kennen. Keine Ausflüchte und Entschuldigungen.«
»Sehr wohl, Majestät«, antwortete Rodso, »ich werde Prinz Vargnar alles Notwendige beibringen. Ihr könnt Euch auf mich verlassen.«
»Vater! Wir haben keine Zeit für diese Spielchen«, beschwerte sich Vargnar.
»Das sind keine Spielchen, mein Sohn«, zürnte Saragar lautstark, »ich rede vom Ernst des Lebens und verlange, dass du ihn annimmst. Als mein Sohn und Thronfolger hast du Pflichten zu erfüllen. Ich habe dich viel zu lange gewähren lassen. Du hast getan, was immer du wolltest, und kanntest scheinbar keine Grenzen. Natürlich wollte ich, dass du Erfahrungen sammelst und auf deinen eigenen Füßen stehst. Aber diese Zeit ist nun vorbei.«
Die gute Stimmung verflog sofort. Saragar war bekannt für sein aufbrausendes Wesen und seinen Jähzorn.
»Wir müssen das Buch der Macht finden. Die Prophezeiung der Streiter. Es ist noch nicht vorbei. Ich werde mit Rodso nach Kartak gehen müssen, um es gemeinsam mit den Streitern zu suchen.«
»Ich erinnere mich, ja«, seufzte Saragar. »Du wirst dich der Suche nicht entziehen. Über die Streiter haben wir bereits gesprochen. Du musst derjenige sein, der das Buch in Besitz nimmt. Vertraue nur dir selbst. Ich erlaube dir, die Burg nach dem Fest wieder zu verlassen, um dich dieser Aufgabe zu widmen. Danach wirst du ohne Umwege zu mir zurückkehren.«
»Natürlich, Vater«, verneigte sich Prinz Vargnar vor dem König. »Da wäre noch etwas.«
»Was denn noch?«, wollte Saragar wissen. Der König wurde langsam ungeduldig.
»Wir brauchen deinen weisen Rat«, meinte Vargnar.
»In welcher Angelegenheit? Nun rede schon.«
»Das Ende ist nah. Wir alle können es spüren. Zuerst waren es nur die ständigen Veränderungen, ein steter Wechsel zwischen Illusion und Wirklichkeit, der das wahre Bild und die Gefahr verzerrte. Wir kennen den Grund der Visionen. Jafdabh trug die Schuld daran. Aber nachdem die Veränderungen endlich aufgehört habe, was bedeuten muss, Sapius war erfolgreich, fühle ich es wieder deutlicher. Es ist wahr, was ich gehört habe.«
»Wovon sprichst du?«, fragte Saragar beiläufig.
»Du weißt genau, wovon ich spreche, und hast längst die Steine und Eisprinzessinnen befragt, wenn sie dir mal gerade nicht den Rücken, deinen Wanst und das Kinn kraulten.«
»Ich warne dich! So redest du nicht mit deinem König«, brauste Saragar auf und sprang von seinem Thron in einem Satz auf Vargnar zu.
Der König packte seinen Sohn am Hals und hob ihn mit einem Arm hoch. Vargnars Beine zappelten in der Luft.
»Ich bin immer noch so stark wie drei Felsgeborene zusammen«, donnerte Saragar, »das ist der Grund, warum ich König der Felsgeborenen bin. Niemand spricht so mit mir. Auch du nicht, mein Sohn.«
»Es tut mir leid, Vater«, entschuldigte sich Vargnar, »ich habe mich vergessen und entschuldige mich dafür. Du kannst mich wieder runterlassen. Bitte!«
Saragar ließ seinen Sohn los, der schwerfällig auf den Boden krachte. Saragar sah auf ihn herab.
»Schon gut, mein Junge«, sagte Saragar, »natürlich habe ich davon gehört und ich werde dir sagen, was ich davon halte. Es ist wahr. Das Ende ist nah. Aber wir wissen nicht genau, wie es aussehen wird und was es bedeutet. Es kann das Ende unserer Welt oder von
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