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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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stimme ich Euch sogar zu, teilweise wenigstens«, meinte Sapius, »ich habe viel darüber nachgedacht, gelesen und meine eigenen Erfahrungen gesammelt. Vielleicht wollte Ulljan tatsächlich der allerletzte Lesvaraq einer langen Reihe von Lesvaraq sein und seine Vorstellung von einer friedlichen Welt im Gleichgewicht so lange wie möglich aufrechterhalten. Vielleicht wollte er die ständigen Veränderungen, Kriege, Zerstörungen und den Zyklus der Lesvaraq auf Dauer verhindern, indem er Euch zu seinen Nachkommen bestimmte, die Macht gerecht auf viele Schultern verteilte und damit das Gleichgewicht herstellte und es sich selbst immer wieder ausgleichen ließ. In der Folge gab es viel seltener Schwankungen des Gleichgewichts als zu Zeiten der Lesvaraq. Und sie fielen vergleichsweise schwach aus und zeigten kaum spürbare Folgen. Einen Teil der Macht vergab er deshalb an die magischen Brüder, einen anderen Teil an die Orden der Sonnenreiter und Orna. Das ergab durchaus Sinn, jedoch nur so lange, wie der Zyklus nicht wieder von Neuem begann. Aber er hat von Neuem begonnen. Das mag bedauerlich sein oder aber andere, vielleicht sogar bessere Möglichkeiten eines Ausgleichs bieten. Ich weiß es nicht. Eines weiß ich aber inzwischen sicher: Die Lesvaraq sind tatsächlich eine Gefahr. Ein Einzelner dürfte niemals so viel Macht besitzen, wie sie ein Lesvaraq innehat. Sie steigt ihm zu Kopf und stürzt die Welt in eine Katastrophe. Das ist unvermeidlich. Ulljan wusste das, er war schließlich selbst ein Erzmagier und Lesvaraq. Ihr wisst das auch. Er hatte also recht und wollte, dass Ihr ihn auslöscht. Davon bin ich überzeugt.«
    »Hör dir diesen Sapius an«, klatschte der dunkle Hirte begeistert in die Hände, »er spricht, als wäre er für uns. Vielleicht kommt er doch zu uns zurück.«
    »Vorsicht, Bruder!«, warnte der weiße Schäfer. »Ich glaube, er ist noch nicht fertig mit seiner Rede. Er hat noch nichts über das Buch gesagt.«
    Sapius atmete durch und versuchte, die beiden Brüder besser auszumachen. Seine Augen hatten sich rasch an die Dunkelheit der Hallen gewöhnt und er konnte die Saijkalrae zumindest schemenhaft erkennen. Ein unangenehmer Verwesungsgeruch nach verdorbenem Fleisch hing in den heiligen Hallen, der ihm eine leichte Übelkeit bescherte.
    »So ist es«, sagte der Magier, der langsam blasser wurde, »das Buch der Macht gehörte Ulljan nicht. Es ist damit auch nicht Teil seines Erbes. Er hat es den Altvorderen gestohlen und vor Euch und allen anderen versteckt, weil er es für zu gefährlich hielt. Die Macht des Buches ist zerstörerisch, vielleicht mehr noch als die eines Lesvaraq. Er wollte nicht, dass es in Euren oder irgendjemandes Besitz kommt und ließ es daher von den unsterblichen Wächtern bewachen. Ihr dürft das Buch nicht besitzen. Nur einer der sieben Streiter, der sich während der Prüfungen der Wächter als würdig erweist, wird das Buch bekommen und, solange er lebt, sicher verwahren.«
    »Eine interessante Theorie«, warf Saijkal ein, »ich frage mich nur, warum Ulljan das Buch nicht zerstört hat, wenn er es für so gefährlich hielt und niemand außer ihm oder den Wächtern es lesen durfte. Und warum soll es ausgerechnet von einem Streiter gefunden werden? Was hindert diesen Streiter daran, das Buch zu missbrauchen? Nehmen wir an, Ihr, Sapius, wärt der edle Finder des Buches. Nach allem was wir durch unser Auge gesehen haben, seid Ihr ein mächtiger Mann geworden und steht den Saijkalrae oder gar einem Lesvaraq in nichts nach. Das Buch in Euren Händen wäre nicht weniger gefährlich als in unseren. Wer oder was hindert Euch daran, es für Eure Zwecke zu missbrauchen und Eure Macht weiter zu mehren?«
    »Ein guter Einwand«, sagte Sapius, »über den ich ebenfalls nachgedacht habe. Das Buch kann nicht einfach zerstört werden. Es ist magisch und weiß sich zu schützen. Ich glaube, schon der Versuch würde eine Katastrophe auslösen. Darüber hinaus enthält es unschätzbares Wissen über die Vergangenheit und Zukunft Ells. Niemand würde ein solches Buch einfach zerstören. Eure zweite Frage ist schwerer zu beantworten. Es stimmt, ein Streiter wie ich könnte das Buch genauso wie jeder andere Magiebegabte missbrauchen. Aber genau das ist der Grund für die Prüfungen der Wächter. Ich glaube nicht, dass es nur die Prüfungen sind, die sie uns direkt stellen. Sie beobachten uns bei jedem unserer Schritte, so wie ihr durch das Auge blickt. Die Wächter beurteilen unsere

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