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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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gehorchten. Grenwin bewegte seinen Leib aus dem Kokon und krabbelte mit seinen Tentakeln geschickt über das Netz auf Tarratar zu.
    »Willkommen, erster Wächter«, begrüßte Grenwin den Narren.
    »Wie ich sehe, war der vierte Wächter sehr fleißig«, antwortete Tarratar, »das Netz ist gigantisch.«
    »In der Tat«, bestätigte Grenwin, »mein Netz ist nicht nur groß, sondern auch stabil. Niemand kommt hier unbemerkt rein oder raus, wenn ich es nicht will.«
    »Was ist mit Peeva? Ist sie zugegen?«
    »Sie mag schon eine alte und faule Spinne sein, aber sie hat ihren Teil zu diesem Netz beigetragen. Wie immer lauert sie irgendwo in den Tiefen der Kaverne im Netz auf Beute. Zieh an einem ihrer Fäden, dann wird sie aus ihrem Versteck kommen und dich fressen wollen.«
    »Das ist gut, an einem Narren wie mir wird sie sich verschlucken«, sagte der Narr. »Wo ist das Buch?«
    »Oben im Netz, einhundertfünfzig Fuß von der Brücke entfernt«, Grenwin deutete auf seinen Kokon, »in einem Gespinst gleich neben meinem Schlafplatz.«
    »Die Streiter werden in das Netz steigen müssen, wenn sie es haben wollen. Bist du bereit?«
    »Natürlich«, antwortete Grenwin, »ich bin schon lange bereit. Deine Streiter werden nicht weit kommen. Raupenfutter oder sie landen in Peevas Fängen. Niemand hat es je geschafft, mehr als zwanzig Fuß weit in das Netz zu steigen und sich wieder daraus zu befreien.«
    »Die Streiter sind keine Beute für dich oder Peeva, mein Freund«, mahnte Tarratar, »wir müssen sie prüfen. Ihren Willen, ihre Zusammenarbeit, ihren Mut, ihre Tapferkeit und die Treue zu ihren Gefährten. Sind sie geschickt, klug, stark und würdig genug, das Buch zu besitzen? Das ist es, was wir herausfinden wollen. Die Prüfung im Netz soll all das beweisen.«
    »Was willst du mir damit sagen?«, wollte Grenwin wissen. »Soll ich mich etwa still verhalten und zusehen, wie sie das Buch aus dem Netz holen?«
    »Nein, wir wollen ihnen die Prüfung nicht leicht machen«, sagte Tarratar, »du darfst ihnen deine Macht zeigen und sie angreifen, aber fressen solltest du sie nicht. Du bist schon fett genug!«
    »Was denn? Willst du, dass ich mich verpuppe, verwandle und schlüpfe?«
    »Grenwin! Wie lange kennen wir uns nun schon?«, fragte Tarratar, während er dabei die Augenbrauen hochzog. »Natürlich wünsche ich mir, dass du dich eines Tages wandelst und zu einem herrlichen Riesenschmetterling wirst.«
    »Das kannst du vergessen, Narr!«, grunzte Grenwin. »Sollte ich mich je zur Verwandlung entschließen, wird eine Riesenspinne aus mir werden, wie sie Kryson noch nie gesehen hat. Nur meine Flügel werden vielleicht an einen Schmetterling erinnern.«
    »Das hatte ich befürchtet, aber man soll die Hoffnung nie aufgeben«, lachte Tarratar, »solange du mir diesen Wunsch nicht erfüllen willst, bleibst du lieber die Raupe, die ich kenne.«
    »Du bist früh dran, Tarratar«, sagte Grenwin, »wo sind die anderen? Werden sie bei den Prüfungen anwesend sein? Wirst du selbst zusehen?«
    »Daleima ist auf dem Weg«, nickte der Narr, »der Herr der Grube ist an sein Gefängnis gebunden, so wie du an dein Netz in dieser Höhle. Er wird nicht kommen. Ich glaube, es wäre keine gute Idee, ihn aus der Grube zu befreien. Das versucht er schon seit langer Zeit mithilfe dieses Flötenspielers und der Schatten. Aber es wird ihm nicht gelingen.«
    »Schade«, seufzte Grenwin, »ich hätte den dritten Wächter gerne persönlich kennengelernt. Seine Gedanken scheinen von Boshaftigkeit durchdrungen zu sein. Es muss sehr erhellend und spannend sein, mit ihm zu plaudern.«
    »Glaub mir, es gibt bessere Gespräche«, zuckte Tarratar mit den Schultern.
    »Wenn du meinst«, sagte Grenwin, »aber sag … möchtest du in meinen Kokon kommen und eine Puppe mit mir schlürfen? Ich lade dich ein.«
    »Dein Netz betreten?«, fragte Tarratar verblüfft. »Bin ich verrückt? Für wie dumm hältst du mich, Grenwin? Hast du Hunger?«
    »Ich habe immer Hunger.«
    »Das weiß ich. Du solltest aber keinen Hunger auf den ersten Wächter haben. Verstehen wir uns?«
    »Ja, Tarratar. Tut mir leid. Aber einen Versuch war es doch wert, oder?«
    »Nein, war es nicht. Es war plump und schlecht.«
    »Verzeih mir, ich habe es nicht böse gemeint«, schluchzte die Raupe.
    »Schon gut, schon gut. Du musst deswegen nicht gleich weinen. Ich kenne dich einfach schon zu lange, um noch auf deine List hereinzufallen«, meinte Tarratar. »Ich muss jetzt gehen und der Königin meine

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