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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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sagte Blyss,
»tu es. Jetzt! Befreie dich von ihr und vom Licht, das dich daran hindert, der zu sein, der du sein möchtest. Frei und wild, wie ein Moldawar.«
    »Ich weiß nicht«
, meinte Tomal,
»sieh dir Kallya an. Wie friedlich sie schläft. Sie sieht so schön aus, obwohl ihr Antlitz zunehmend verblasste, seit sie von mir besiegt wurde. Sie vertraut mir, hat sich mir aus freien Stücken angeschlossen. Was hätte aus ihr werden können? Ein strahlender Lesvaraq des Lichts. Sie hätte eine neue, bessere Welt erschaffen können. Aber Kallya hat alles aufgegeben und auf die Macht verzichtet, nur um mir zu dienen. Es ist feige, sie im Schlaf zu ermorden. Das hat sie nicht verdient.«
    »Ach Unsinn. Du wirst sentimental«
, beschwerte sich Blyss
»töte sie!«
    Tomal tastete nach seinem Messer. Die Klinge war scharf und er schnitt sich in der Dunkelheit versehentlich in den Finger. Er konnte nicht verhindern, dass ein leiser Fluch über seine Lippen kam. Vorsichtig schlich er sich an Kallya heran, legte ihr das Messer an den Hals, verstärkte den Druck und zog die Klinge durch. Es war ein tiefer und schneller Schnitt. Tödlich. Kallya schrak aus dem Schlaf hoch, rang nach Luft. Sie wollte schreien, brachte jedoch nur ein blubberndes Gurgeln hervor. Aus ihren Mundwinkeln trat Blut. Ihr sterbender Blick traf Tomal. Sie wollte etwas zu ihm sagen, vermochte es jedoch nicht. Kopf und Körper sanken zurück in den Sand. Kallya starb.
    »Wir sehen uns im Land der Tränen«, flüsterte Tomal.
    Der Lesvaraq packte Kallyas leblosen Körper an den Füßen und schleifte ihn weit ins bewegte Meer hinaus bis zum Korallenriff. Dort warf er den Körper ins Meer. Ein gefundenes Fressen für die Moldawar. Zurück im Lager beseitigte er die Blutspuren im Sand.
    Malidor hatte von alledem offenbar nichts bemerkt. Als er am nächsten Morgen die Augen aufschlug, fragte der Magier:
    »Wo ist Kallya?«
    »Sie ist gegangen«, brummte der Lesvaraq nur, »ich denke nicht, dass wir sie noch einmal wiedersehen.«
    »Ach so?«, wunderte sich Malidor nur.
    »Lasst uns keine Zeit mehr verlieren. Brechen wir auf und suchen ein Boot«, meinte Tomal.
    Tomal war froh, dass Malidor nicht weiter nachfragte. Der Lesvaraq nahm an, dass Kallya dem Magier gleichgültig war. Sie suchten ihre Bündel zusammen und machten sich auf den Weg in das Fischerdorf.
    *
    »Sie kommen«, knurrte Grenwin, »ich kann sie spüren. Sie sind schon ganz nah. Sagt der Königin, sie möge den magischen Schild außer Kraft setzen. Ich will, dass mir die Streiter ins Netz gehen und nicht am Schutz der Nno-bei-Maya scheitern. Sie müssen heil zur Insel gelangen. Und sagt Peeva, sie soll sich zurückhalten. Die Streiter gehören mir. Keine Sorge, ich vergesse meine Freunde nicht. Die alte Spinne bekommt ihren Anteil, sobald ich mit ihnen fertig bin.«
    Die fleißigen Spinnen eilten davon, der Königin der Maya von Grenwins Wünschen zu berichten. Einige krabbelten ins Netz zurück, um Peeva zu benachrichtigen.
    »Zum Glück weiß die Königin bis heute nicht, was wir bewachen«, kicherte Grenwin in seinem Kokon. Sein fetter Leib zuckte. »Sie denkt, wir würden den zweiten Eingang in ihre Stadt schützen. Das hat Tarratar geschickt eingefädelt. Er hat sie über all die Sonnenwenden hinweg in diesem Glauben gelassen, selbst als sie mit ihrem Volk in den Schatten verweilte. Aber sollte der Narr denken, ich überlasse ihnen das Buch, dann hat er sich getäuscht. Wir werden schön mitspielen, bis sich die Teile zusammengefügt haben. Danach? Ich kann es kaum noch erwarten.«
    Grenwin erschrak, als er plötzlich die hellen Glöckchen läuten hörte. Der Klang war ihm wohlbekannt. Tarratar. Grenwin drehte sich in seinem Kokon, um besser sehen zu können. Am unteren Ende des Netzes, aber noch außerhalb der klebrigen Fangfäden stand Tarratar auf der alten Steinbrücke, die nach Zehyr führte. Der Narr blickte nach oben ins Netz und schüttelte seinen Kopf. Die geflügelten Spinnen erstarrten beim Klang der Glocken und stellten ihre Arbeit am Netz ein, was Grenwin nicht gefiel. Es gab so viel zu tun. Löcher zu stopfen, neue Fäden zu spinnen, alte zu verstärken und mit den neuen zu verknüpfen. Das Netz sollte größer werden und bis weit in die Tiefe der Höhle reichen. Schließlich mussten auch die vielen kleineren und größeren Spinnentiere Platz finden und sich ernähren. Mittlerweile mussten es Tausende sein, die sich in Grenwins weit verzweigtem Netz tummelten und seinen Befehlen

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