Kryson 06 - Tag und Nacht
lassen. Du hast Belrod dem vierten Wächter geopfert, nur um aus der Höhle zu entkommen. Du wusstest genau, du würdest dort nicht bestehen können. Also hast du die erste Gelegenheit genutzt und bist geflohen, um mir hier mit der Verteidigung Tut-El-Bayas im Rücken gegenüberzutreten. Du dachtest, du würdest die Macht des Buches bekommen und ich ginge am Ende leer aus. Alles was ich erschaffen würde, könntest du mit dem Buch augenblicklich rückgängig machen. O nein, Sapius, dein Plan geht nicht auf. Wo ist die Flotte? Wo sind die Verteidiger? Was ist mit Jafdabhs Kriegsgeräten?«
»Du oder vielmehr Gahaad und die Sturmschiffe der Maya haben sie vernichtend geschlagen«, antwortete Sapius, »aber ich stehe noch, wie du siehst.«
»Nicht mehr lange!«, schrie Tomal. »Tötet ihn! Tötet Sapius!«
Gahaad hob das Schwert zum Zeichen des Angriffs. Der Magier machte sich bereit und schwang seinen Stab.
»Alachna drog ketmeer«, rief Sapius und deutete mit dem Stab auf die Angreifer.
Sein Ruf löste eine gewaltige Druckwelle aus, die von ihm auf Tomal und die Krieger zuraste.
»Achtung!«, wollte der Lesvaraq seine Gefährten noch warnen.
Aber der Warnruf kam zu spät. Die Druckwelle war zu schnell.
»Egmeer«, schrie Tomal im letzten Moment, während er sich schützend auf den Boden warf und blitzschnell einen Schild um sich aufbaute, der die Welle an ihm vorbeilenkte.
Die Maya-Krieger hatten weniger Glück. Die Druckwelle traf sie mit Wucht und schleuderte sie über den Kai ins Hafenbecken zurück. Einige wurden gegen das gelandete Sturmschiff geschmettert. Planken zersplitterten und Masten brachen. Die Welle ließ das Schiff der Maya kentern. Während es im Hafenbecken versank, gerieten die anderen Sturmschiffe in Seenot. Nur eines der Schiffe hielt dem Angriff unversehrt stand und brachte sich mit einem geschickten Ausweichmanöver rasch wieder in Stellung.
Der erste Krieger der Maya kletterte aus dem Hafenbecken. Er hatte Mühe, in der schweren Rüstung wieder an Land zu kommen, und triefte vor Nässe. Seine Gesichtsfarbe war leichenblass, als weilte er wieder unter den Schatten.
»Bei den Kojos!«, schrie er und stampfte auf den Lesvaraq zu. »Wer ist dieser Mann? Ich kenne ihn! Er war auf Kartak und in Zehyr bei unserer Königin. Ich überbrachte ihm Saykaras Geschenk. Ihr sagtet, er sei im Vergleich zu Euch schwach und harmlos. Ihr habt ihn einen Dieb genannt, der sich mit Euren Siegen schmückte. Warum habt Ihr uns nicht besser vor ihm gewarnt?«
»Ich habe euch vor ihm gewarnt«, meinte Tomal, »Ihr dürft ihm nicht trauen. Er täuscht uns alle.«
»Viel zu spät habt Ihr uns vor ihm gewarnt. Erst als die Druckwelle auf uns zurollte und nicht mehr aufzuhalten war! Bereits als wir auf Kartak in See stachen, wusstet Ihr, dass er aus Zehyr entkommen war und in Tut-El-Baya auf uns warten würde. Gebt es zu und lügt mich nicht an!«
»Ich war mir nicht sicher«, antwortete Tomal, »es war möglich. Aber er ist vor mir und Saykara geflohen. Es hätte auch sein können, dass wir ihn nie wieder gesehen hätten. Er ist ein Feigling.«
»Unsinn! Ihr wusstet, zu was er fähig ist«, empörte sich Gahaad.
»Ich gebe zu, er ist besser geworden.« Der Lesvaraq zuckte mit den Schultern.
»Nehmt das Buch der Macht und löscht den Magier aus! Vernichtet ihn!«, verlangte Gahaad.
»Das ist nicht so einfach, wie Ihr Euch das vorstellt. Ich muss und will gegen ihn antreten und eine Rechnung begleichen. Das Buch der Macht zu benutzen, um ihn zu beseitigen, wäre der falsche Weg. Er birgt Gefahren, die ich nicht vorhersehen kann. Das Buch könnte sich auf seine Seite stellen und die Geschichte zu seinen Gunsten schreiben. Sapius könnte widerstehen und dadurch noch mächtiger werden. Wir alle könnten Schaden erleiden, sollte ich das Buch gegen ihn einsetzen. Dieser Gefahr dürfen wir uns nicht aussetzen. Ich werde das Buch nur für etwas Größeres einsetzen.«
»Wer ist er? Ich will wissen, was er kann!«, verlangte Gahaad von Tomal.
Sprachlos und wie gebannt verfolgte Sapius die Auseinandersetzung zwischen Gahaad und Tomal. Der Magier sah seine Gelegenheit gekommen.
»Ihr könnt mich fragen, erster Krieger«, sagte Sapius, »ich werde Euch nicht verhehlen, welche Möglichkeiten ich noch besitze. Ich bin ein freier Magier der Dunkelheit. Tomal war einst mein Schüler.«
Gahaad sah den Lesvaraq neben sich an, als ob dieser von allen guten Geistern verlassen wäre. Sapius beobachtete die beiden genau,
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