Kryson 06 - Tag und Nacht
jederzeit bereit, einen weiteren Schlag zu führen.
»Stimmt das, Tomal?«, raunte der erste Krieger.
»Ja, er war mein Lehrer«, gab Tomal zu, »aber …«
»Verdammt!«, unterbrach Gahaad den Lesvaraq. »Ich habe soeben meinen ersten Angriffssturm verloren. Gute Krieger. Die Besten, die wir aufzubieten hatten. Seht sie Euch an! Erschlagen, ertrunken, verwundet und die Überlebenden demoralisiert. Drei Worte hat es dazu gebraucht. Nur drei Worte! Ihr führt uns gegen einen Magier in den Kampf, ohne uns vor ihm zu warnen? Meine Krieger schickt Ihr gegen Euren Meister? Ihr habt uns getäuscht. Führt Euren Kampf alleine.«
»Saykara wird das nicht gefallen, Gahaad«, erwiderte Tomal, »sie wollte, dass wir Tut-El-Baya für die Nno-bei-Maya erobern und die überlebenden Klan versklaven.«
»Wie könnt Ihr es wagen, unsere edle Königin im Angesicht der Niederlage zu erwähnen?«, zürnte Gahaad. »Ihr habt Saykara Versprechungen gegeben, die Ihr niemals vorhattet einzuhalten, und Ihr habt sie getäuscht, wie Ihr uns alle etwas vorgemacht habt.«
»Wir haben noch nicht verloren«, meinte Tomal, »es hat gerade erst angefangen. Sapius führte den ersten Schlag. Ich bitte Euch, Gahaad, seid doch nicht feige.«
»Feige!« Gahaad stieg die Zornesröte ins Gesicht und seine Stimme überschlug sich. »Ihr werft dem ersten Krieger der Maya Feigheit vor?«
Gahaad zückte Solatar und nahm eine Angriffsstellung ein. Sapius machte sich auf alles gefasst, aber er erkannte, dass die feindliche Haltung nicht ihm, sondern Tomal galt.
»Was soll das?«, wollte Tomal wissen. »Wollt Ihr die Seiten wechseln und gegen mich kämpfen? Aus dem Feigling wird auch noch ein Verräter?«
»Genug von Eurem Geschwätz«, donnerte Gahaad, »greift mich an oder verteidigt Euch. Ihr werdet mich kein weiteres Mal beleidigen und die Krieger der Nno-bei-Maya nicht noch einmal für Eure Zwecke benutzen.«
Das zweite Sturmschiff hatte inzwischen am Kai angelegt. Ein einzelner Mann ging von Bord und blieb einige Schritte hinter den Streitenden stehen. Sapius kannte diesen Mann. Er war kein Maya, so viel war trotz seiner Maya-Rüstung zu erkennen. Der Krieger trug keinen Helm. Das Gesicht hatte Sapius erst kürzlich gesehen.
»Murhab«
, dachte Sapius.
»Aber war er nicht einer von Nalkaars Todsängern? Hat ihn die Königin vom Fluch der Todsänger befreit? Was macht er hier auf einem Sturmschiff der Maya?«
»Gahaad«, mischte sich Murhab ein, »lasst ihn! Er ist es nicht wert, dass Ihr Euer Leben riskiert. Kommt zurück auf das Schiff, wir rücken ab und kehren nach Kartak zurück.«
»Nein«, rief Gahaad, »er hat uns betrogen und meine Ehre beleidigt. Dafür wird er sterben.«
»Überlasst ihn dem Magier«, schlug Murhab vor, »Ihr könnt nicht gegen einen Lesvaraq kämpfen und gewinnen. Ihr richtet nichts gegen seine Magie aus. Außerdem ist er im Besitz des Buches. Lasst uns umkehren. Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun.«
»Unser Volk wurde schon einmal von einem Lesvaraq betrogen. Ulljan hat uns damals überrascht. Das wird kein zweites Mal geschehen«, erwiderte Gahaad, »ich bin der erste Krieger der Nno-bei-Maya und der Lesvaraq wird für alles bezahlen, was er und Ulljan uns angetan haben.«
»Nicht doch, Gahaad«, meinte Murhab, »ich habe Euch nicht aus den Schatten geholt, damit Ihr gleich wieder dorthin wandert. Kommt an Bord. Wir rudern nach Hause.«
Gahaad hörte nicht auf den Kapitän. Der erste Krieger hielt das Blutschwert erhoben. Aber er zögerte noch.
Aus den Straßen und Gassen, die zum Hafen führten, waren Schritte und Schreie zu hören, die schnell näher kamen. Im Laufschritt eilten die Verteidiger Tut-El-Bayas herbei und sammelten sich hinter Sapius. Sapius hatte damit gerechnet, dass sie kommen würden, nachdem die ganze Stadt von den Glocken der Leuchttürme alarmiert worden war und sich die katastrophale Niederlage der Flotte schnell herumgesprochen hatte.
Jafdabh begleitete seine Getreuen selbst zum Hafen. Er hatte edle Rüstung angelegt, die mit zahlreichen goldenen Runen verziert war, und trug einen schwarzen Helm mit einem unglaublich großen, weißen Federbusch darauf. Als Bewaffnung hatte er ein verbessertes Galwaas gewählt.
»Tja … ähm … was ist hier los?«, wollte Jafdabh wissen, der sich schwer schnaufend an Sapius’ Seite stellte.
»Die Flotte der Nno-bei-Klan wurde von den Sturmschiffen der Nno-bei-Maya versenkt und die Hafenverteidigung mit dem ersten Angriff der Maya getötet«,
Weitere Kostenlose Bücher