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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Es wirkt, aber es ist noch nicht vorbei.«
    Wir sind der Schild.
    Wir schließen das Tor.
    »Das wird Euch noch leidtun!«, fauchte ein Schatten dicht an Nalkaars Ohr.
    »Ich will Euch doch helfen!«, bot Nalkaar an. »Ihr müsst mir vertrauen. Erzählt mir von Euren Schwierigkeiten, damit ich verstehe.«
    Es war zwecklos, die Schatten waren außer sich und nicht bereit, mit Nalkaar zu verhandeln.
    »Singt weiter!«, verlangte Nalkaar von seinen Todsängern. »Verdammt noch mal, rasch! Weitersingen! Lauter. Ihr müsst Euch steigern. Der Schutz ist noch nicht stark genug. Es ist ihr Hass und ihr Zorn, dem wir standhalten und den wir überwinden müssen.«
    Wir sind der Schild.
    Wir schließen die Pforte.
    »Noch lauter!«, feuerte Nalkaar die Todsänger an.
    Die Todsänger waren nicht stark genug. Nalkaar spürte, dass sie nicht alleine gegen die Schatten ankamen. Er zog die Phiole mit der dunklen Essenz aus seinem Mantel und träufelte sich einen Tropfen auf seine Zunge. Nalkaar musste die Todsänger in ihrem Gesang unterstützen. Er war ihre erste Stimme, ohne ihn drohten sie zu scheitern. Nalkaar fiel in den Gesang mit ein.
    Wir sind der Schild.
    Wir schließen das Tor.
    Wir trotzen den Schatten.
    Hinweg, hinweg, hinweeeeg …
    Nalkaar verlangte sich das Äußerste ab, presste aus seinem Brustkorb, was er an Kraft und Erfahrung aufzubieten hatte, und schmetterte den letzten Ton mit einer solchen Wucht und Lautstärke gegen die Schatten, dass diese sogar von Madsick abließen und vom Nebel aufgesogen wurden.
    Er hatte es noch einmal geschafft. In letzter Sardas. »Das war knapp«, krächzte er.
    Er konnte sich kaum auf den Beinen halten und seine Stimme klang eigenartig tonlos. Nalkaar wankte. Murhab trat an seine Seite und stützte den Todsänger. Der Kampf gegen die Schatten hatte Nalkaar viel Kraft gekostet. Sein Hunger nach Seelen meldete sich augenblicklich. Nalkaar würde sich bald nähren müssen.
    »Wie fühlt Ihr Euch, Murhab?«, fragte Nalkaar leise, während er die übrigen Todsänger aus dem Zelt winkte.
    »Schwach, Herr«, flüsterte Murhab, »es kommt mir so vor, als wäre ich bereits mit einem Teil meiner selbst in den Schatten gewesen und hätte die Flammen der Pein erblickt. Ich spürte die Hitze des Feuers, die meine Haut verbrannte. Seht her …«
    Murhab zeigte Nalkaar eine Stelle an seinem Arm, an der sein totes Fleisch verbrannt war und Blasen geschlagen hatte.
    »Das ist höchst bedenklich«, antwortete Nalkaar, »die Schatten hätten Euch beinahe entführt. Das hätte niemals geschehen dürfen. Sie hätten mir gehorchen
müssen
. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Etwas ist faul im Reich der Schatten. Wir müssen herausfinden, was es ist und wer dahintersteckt. Es muss ein anderer Totenbeschwörer sein, der uns diese Schwierigkeiten eingebracht hat. Lasst uns nach Madsick sehen!«
    Madsick lag starr und steif auf dem Boden. Seine Augen waren weit aufgerissen und blickten ins Leere. Aber Nalkaar konnte sehen, dass der Flötenspieler atmete. Sein Atem ging zwar flach und unregelmäßig, aber er weilte untrüglich noch unter den Lebenden.
    Murhabs Blick war besorgt.
    »Madsick lebt, aber sein Geist ist nicht bei uns«, meinte Murhab.
    »Wo ist er hingegangen?« Nalkaar ahnte Schreckliches.
    »Das fragt Ihr Euch wahrhaftig?«
    »Nun ja … wie kann er leben und sich zugleich in den Schatten aufhalten?«
    »Gibt es denn keine Beispiele für dieses Phänomen?«, wollte Murhab wissen.
    »Lasst mich nachdenken … ich glaube … nein, ich bin mir sicher, ich habe schon einmal von so einer Sache gelesen. Es verhält sich ganz ähnlich wie der Zugang der Saijkalsan zu den magischen Brüdern. Ich war selbst einst ein Saijkalsan, als mich Rajuru noch als ihren Schüler unterrichtete. Wenn die Saijkalsan ihre Welt verlassen und die heiligen Hallen aufsuchen, steht die Zeit für sie beinahe still und sie verfallen in eine Art Schlaf, eine Starre, aus der sie erst wieder erwachen, wenn sie in ihre Welt zurückkehren. Aber das ist es nicht, was ich meine. Es mag ähnlich sein, aber die heiligen Hallen der Saijkalrae sind nicht das Reich der Schatten und die magischen Brüder sind alles andere als tot.«
    »Was meint Ihr denn?«
    »Wartet … es gibt da eine Geschichte über die Nno-bei-Maya, die sich in den Schatten aufhielten, ohne tot zu sein. Die Starre des verlorenen Volkes musste vollkommen sein, als Ulljan sie in das Reich der Schatten führte. Aber sie waren nicht tot. Sie lebten und ihre

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