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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Körper verrotteten nicht. Und soweit ich gehört habe, kehrten sie mit der Hilfe des Lesvaraq unlängst zurück nach Ell. Es ist möglich, durch ein geöffnetes Portal in das Reich der Schatten zu gelangen und wieder zurückzukehren. Aber dieser Weg ist gefährlich. Es kann sein, dass es kein Zurück mehr gibt, wenn man dem Tod erst einmal ins Gesicht gelächelt hat. Solltet Ihr recht haben und Madsicks Geist von den Schatten verschleppt worden sein, müssen wir ihn suchen und zurückholen. So schnell es nur geht.«
    »Ihr wollt in das Reich der Schatten eindringen und Madsicks Geist von dort entführen? Das ist doch Wahnsinn!«
    »Vielleicht … aber ich werde das nicht selbst machen. Ihr werdet ihn suchen und zurück nach Ell bringen, Murhab!«
    »Ich?« Murhab fehlten die Worte.
    »Natürlich. Was habt Ihr geglaubt? Soll ich mich etwa selbst dieser Gefahr aussetzen und all meine Ziele für einen Gefährten aufgeben? Ich stehe kurz vor meinem größten Triumph. Ich brauche Madsick, aber ich darf nicht zu den Schatten gehen. Ihr müsst das für uns tun. Ihr seid ein fähiger Todsänger und ein noch besserer Mann und Kämpfer. Ihr werdet Madsicks Geist und einen Weg zurück für Euch beide finden. Ich öffne ein Portal zu den Schatten und stehe in ständiger Verbindung mit Euch. Ich kann alles sehen, was Ihr seht. Sollte es Euch schlecht ergehen, fühle ich das.«
    »Nun gut, dann werde ich Madsick suchen und hoffen, unter den Schatten nicht aufzufallen. Erwischen mich die Schatten, bin ich als Seelenloser verloren.«
    »Was keinen Unterschied zu Eurem heutigen Zustand macht«, lächelte Nalkaar. »Ihr habt nichts mehr zu verlieren, was ich nicht bereits besäße.«
    »Vielen Dank, Meister«, brummte Murhab ärgerlich, »Ihr seid zu gütig.«
    »Ich weiß«, nickte Nalkaar, »und nun beeilt Euch. Ich kann das Portal nur für kurze Zeit offen halten. Solltet Ihr Madsick gefunden haben, öffne ich wieder ein Portal, damit Ihr den Schatten entfliehen könnt.«
    Nalkaar summte eine Melodie vor sich hin. Leise und traurig. Wenige Augenblicke später öffnete sich das Portal ins Reich der Schatten und Murhab schlüpfte hindurch.
    »Ihr werdet ihn finden und zu mir zurückbringen«
, dachte und hoffte Nalkaar, als er seinen Todsänger in den Schatten verschwinden sah,
»ich werde mich in Zukunft besser vorsehen müssen. Die Schatten sind rebellisch. Ich sollte herausfinden, was oder wer dahintersteckt.«
    Der Todsänger ließ sich an Madsicks Seite nieder und betrachtete den geistlosen, verschwitzten Körper voller Sorge. Er konnte die Angst riechen. Behutsam strich Nalkaar dem Flötenspieler eine Haarsträhne aus der Stirn.
    »Hab keine Furcht. Ich bin bei dir. Alles wird gut, du wirst schon sehen«, flüsterte Nalkaar.
    Ungeduldig folgte er den Schritten Murhabs durch den Nebel ins Reich der Schatten. Er konnte durch Murhabs Augen und Ohren alles sehen und hören, als wäre er selbst zu den Schatten gegangen. Nalkaar spürte die Kälte des Todes und wusste, dass Murhab angekommen war. Der Todsänger war zufrieden. Murhab würde sich, in seinen schwarzen Mantel der Todsänger gehüllt, kaum von den Schatten unterscheiden. Wie auch? Er war tot.
    Der einzige – auf den ersten Blick nicht sichtbare – Unterschied war, dass es sich bei den Schatten um die Seelen der Verstorbenen handelte, deren Körper auf Ell verrottete. Wohingegen Murhab in seiner körperlichen, sehr langsam verwesenden Hülle unter den Schatten wandelte und seine Seele in Nalkaars Besitz verblieben war. Den Gestank verfaulenden Fleisches, den die Todsänger und auch Murhab für gewöhnlich verströmten, würden die Schatten zum Glück nicht wahrnehmen können. Nalkaar war über diesen Punkt bereits seit vielen Sonnenwenden hinaus und hatte einen Weg gefunden, den Zerfall aufzuhalten und das ihm noch verbliebene Fleisch an seinen Knochen zu konservieren. Den anderen Todsängern hatte er diesen Weg nicht gezeigt, sodass einige unter ihnen unter ihren Mänteln nur noch aus Knochen, Lunge, Haut, Stimmbändern und Stummelzunge bestanden. Der Rest war verrottet.
    Nalkaar verfolgte Murhabs Weg durch das Reich der Schatten wie in einem Traum. Der erste Todsänger war schon mehrere Male im Reich der Schatten gewesen. Zweimal musste er dank Rajuru in den Flammen der Pein unerträgliche Qualen leiden. Aber das war vorbei. Nicht vergessen, aber vergangen. Er verspürte keine Lust, das Reich der Schatten jemals wieder auf eigenen Füßen zu betreten. Zum Glück

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