Kryson 06 - Tag und Nacht
könnt mit mir baden, wenn es Euch gefällt«, antwortete Sapius keck, der sich wunderte, dass sie sich offenbar nicht an seinen zahlreichen hässlichen Narben störte.
»Igitt … nein! Wo denkt Ihr hin? Ihr steht vor Dreck«, lehnte Nachika empört ab, »außerdem gehört sich das nicht.«
»Dann eben nicht«, brummte Sapius beleidigt.
Die Wache klatschte in die Hände. Sofort erschienen mehrere Dienerinnen mit heiß dampfenden Wassereimern, Schwämmen, Bürsten und Seife. Sie füllten eine große Steinwanne mit Wasser und baten Sapius, sich in die Wanne zu setzen. Der Magier gehorchte und ließ die Prozedur klaglos über sich ergehen: Zwei Dienerinnen stiegen zu ihm in die Wanne, wuschen ihm den Kopf und schrubbten den Dreck und Gestank von seinem Körper, bis seine Haut schließlich glühte und rot glänzte.
Er stieg aus der Wanne, ließ sich trocken reiben und den Körper mit einem wohlriechenden Staub einpudern. Perfekt passende Kleider wurden gereicht. Bequeme Unterwäsche, Socken, die bis zu den Knien reichten, eine Wollhose, Hemd und eine Jacke. Die Stoffe waren überaus edel, hochwertig verarbeitet und in gedeckten Farben gehalten. Lediglich die Jacke mit den goldenen Knöpfen war nachtblau. Die Stiefel waren schwarz und aus feinem, weichem Leder, das sich an seine Füße schmiegte. Frisch gebadet und in den neuen Kleidern sah Sapius völlig verändert aus. Er glich mehr einem reichen Händler oder Fürsten als einem Magier und Drachenreiter.
Nachika klatschte in die Hände, als der Magier angezogen war.
»Ihr seht wie ein Prinz aus!«, sagte sie bewundernd. »Richtig schön und begehrenswert.«
»Danke«, antwortete Sapius mit belegter Stimme, der nun seinerseits ein Erröten nicht unterdrücken konnte.
»Gehen wir!«, unterbrach sie die Wache. »Jafdabh wartet.«
Sapius bedankte sich höflich bei den Dienerinnen und folgte gemeinsam mit Nachika der Wache in das Hauptgebäude des Anwesens. Der Magier staunte nicht schlecht, was sich dort an Werten angesammelt hatte: Bilder, Artefakte und viele Kunstgegenstände. Kristalle beleuchteten an den Wänden und Decken Flure und Räume, die mit allerhand Zierrat, Gold, Silber und Edelsteinen ausgestattet waren. Sapius glaubte in den gläsernen Vitrinen den einen oder anderen seltenen, magischen Gegenstand zu entdecken. Wozu die Artefakte dienten, vermochte er nicht zu sagen. Sie wurden durch eine hohe Flügeltür in einen Raum geführt, der gemütlich und einladend aussah. Im Kamin brannte ein Feuer, und die mit rotem Stoff bezogenen Sessel luden zum Sitzen ein. Jafdabh stand neben dem Kamin. Sapius erkannte den Todeshändler sofort, obwohl der deutlich an Gewicht verloren hatte, seit er ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Sapius’ Blick wanderte von Jafdabh weg durch das Zimmer. Auf einem Tisch in der Nähe lag der Teil des Buches, der Sapius vor einiger Zeit geraubt worden war. Auf einen Wink Jafdabhs hin entfernte sich die Wache.
»Tja … hm … willkommen, willkommen in meinem bescheidenen Haus«, begrüßte Jafdabh seine Gäste, »… ich wusste, dass Ihr mich suchen, eines Tages finden und kommen würdet, mir meine kleine Freude wieder zu nehmen.«
»Ihr seid ein Dieb und Räuber, Jafdabh«, sagte Sapius.
»Tja … nun … schon. Aber vielleicht wollt Ihr mich zuerst anhören und mich erklären lassen, weshalb ich Euch das Buch der Macht abnehmen ließ?«
»Ich bin ganz Ohr«, meinte Sapius.
»Tja … sicher … sicher. Aber wollt Ihr mir Eure überaus schöne Begleiterin denn nicht vorstellen?«
»Natürlich«, sagte Sapius, »das ist Nachika. Eine junge Frau aus Tut-El-Baya, die den Praistern in die Hände fiel und Euch nun um Unterkunft, Arbeit und Schutz bittet. Nachika, das ist Jafdabh, der Todeshändler und ehemalige Regent der Klanlande.«
Nachika lächelte und verbeugte sich vor Jafdabh.
»Tja … hm … die Praister«, gab sich Jafdabh nachdenklich, »ich habe mich eigentlich darum gekümmert. Sie sind keine Gefahr mehr. Aber selbstverständlich kann Nachika in meinem Haus bleiben und für mich arbeiten. Ich biete Sicherheit, zahle sehr gut und belohne Fleiß und Treue.«
»Danke, Herr«, sagte Nachika, »ich werde Euch gewiss nicht enttäuschen.«
»Ihr habt Euch nur in Eurer Vision um die Praister gekümmert, Jafdabh«, erwiderte Sapius, »verwechselt nicht die Wirklichkeit mit Euren Träumen. In der wahren Welt treiben die Praister ihr barbarisches Spiel und verbreiten Angst und Schrecken unter den Nno-bei-Klan. Ihre Macht wird
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