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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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lange ist er denn schon hier im Land des Nebels?«
    »Er ist schon mehr als fünftausend Sonnenwenden hier gefangen. Die Nno-bei-Maya wurden befreit. Gahaad hingegen musste hierbleiben.«
    »Davon habe ich gehört«, sagte der Schatten, »aber nach einer so langen Zeit solltest du die tieferen Wege beschreiten, um nach diesem Krieger zu suchen. Dort in den tiefen Schluchten halten sich die verlorenen und vergessenen Seelen auf. Sie wissen nicht mehr, wer sie waren. Aber sei gewarnt, der Weg dorthin ist gefährlich. Du könntest dich selbst verlieren, auch wenn du kein Schatten bist.«
    »Die Königin der Maya sorgte dafür, dass er dem Vergessen widerstehen konnte. Jedenfalls behauptete sie es«, meinte Murhab. »Wie komme ich in die unteren Ebenen?«
    »Hm … ich könnte dich dorthin führen«, sagte der Schatten, »aber dafür schuldest du mir einen Gefallen.«
    »Du kennst den Weg? Weshalb bist du nicht dort unten bei den anderen verlorenen Seelen? Sagtest du nicht eben, dass du schon vor langer Zeit hierherkamst? Wer bist du und was hast du getan?«
    »Das willst du nicht wissen«, antwortete der Schatten, »aber es hat einen Grund, warum ich mich nicht dort unten aufhalte. Dort ist es kalt und finster. Außerdem mögen mich die verlorenen Seelen nicht. Sie dulden mich nicht und quälen mich, sobald sie mich entdecken.«
    »Dann musst du wirklich Schreckliches angerichtet haben. Ich wundere mich nur, dass du nicht in den Flammen der Pein schmorst, wenn deine Taten so furchtbar waren.«
    »Glück braucht der Tote«, lachte der Schatten schrill. »Ich würde sagen, dass ich den Flammen nur knapp entging. Aber ich bin hier und kann dir bei deiner Suche helfen, wenn du mir diesen Gefallen nicht abschlägst.«
    »Was verlangst du?«, wollte Murhab wissen.
    »Du wirst für mich ein gutes Wort beim Nebel des Vergessens einlegen. Ich will, dass meine Bestrafung ein Ende findet.«
    »Und wie soll ich das anstellen?« Murhab blickte den Schatten verwundert an.
    »Ganz einfach«, zischte der Schatten, »rede mit ihm. Er wird dir zuhören und dich verstehen.«
    »Na dann, wenn es weiter nichts ist, werde ich mit dem Nebel reden.«
    »Dann sind wir uns einig. Aber du musst dich mit dem Nebel des Vergessens verbinden, um mit ihm zu reden. Er verschlingt dich und du gehst in ihm auf. Danach wird alles viel einfacher und besser sein.«
    »Aber ich bin nicht tot«, erwiderte Murhab.
    »Oh, stimmt, ich vergaß. Das ist schlecht … für dich. Der Nebel wird den Unterschied nicht merken und du wirst ohnehin alles vergessen. Also beeile dich damit, ihn zu bitten, mich aufzunehmen.«
    »Ich hatte nicht vor, hierzubleiben und zu vergessen. Ich kehre zurück aus dem Reich der Schatten und werde wieder leben.«
    »Das wollen und werden wir doch alle irgendwann mal«, meinte der Schatten.
    »Du erwartest von mir, dass ich mich für dich opfere. Der Preis ist mir zu hoch«, empörte sich Murhab, »ich werde Gahaad auch ohne deine Hilfe finden.«
    »Du wirst dich verirren.«
    »Nein, ich besitze ein besonderes Talent zur Orientierung, das mich selbst im dichtesten Nebel noch nie im Stich gelassen hat«, entgegnete Murhab. »Vergiss es. Ich will deine Hilfe nicht.«
    Der Schatten fauchte bösartig, entfernte sich und ließ Murhab einfach stehen. Der Kapitän starrte ihm nach. Gerade als er sich kopfschüttelnd auf den Weg machen wollte, kehrte der Schatten zu ihm zurück.
    »Das wirst du noch schwer bereuen«, zischte der Schatten, »du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast: Ich bin der größte und scheußlichste Schlächter, den Kryson je gesehen hat. Kinder, Frauen, Alte und Kranke. Niemand war vor mir sicher. Ich habe gemordet, wieder und wieder, bis mich die Eiskrieger eines Tages fassten und in einen Harrak in der Eiswüste steckten. Ein Arbeitslager für Verbrecher. Dort mordete ich weiter nach Lust und Laune, starb aber leider schon nach einigen Jahren an Entkräftung, obwohl ich eigentlich noch viel zu jung war. Die Eistiger fraßen mich auf. Ich habe nicht in Kriegen oder Schlachten getötet, nein, das wäre zu einfach gewesen. Ich tat es immer heimlich und feige und war dabei unsagbar grausam.«
    »Du willst mir drohen? Du bist nur eine kranke Seele«, antwortete Murhab, »nichts weiter. O ja, ich habe von dir gehört. Wer nicht? Du bist Kelamon, der Schlächter. Ein Mann, der sein Unwesen vor fünfhundert Sonnenwenden trieb. Du hast dich mit deinen Taten tatsächlich in den Schriften der Klan verewigt. Dazu gratuliere ich

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