Kubu und der Tote in der Wueste
Abschied küsste. Sie grunzte, murmelte, dass er sich etwas Obst oder einen Joghurt zum Frühstück mitnehmen solle, rollte sich auf die andere Seite und schlief weiter.
Als Kubu das Haus verließ, verspürte er den vertrauten Drang, der mit der Frustration einherging: Den Drang, der schon sein ganzes Leben in ihm aufwallte, dieser Drang, dem er noch nie widerstehen konnte. Es war der Hunger. Weniger als zehn Minuten später saß er im Wimpy in Game City. Normalerweise mochte er keine Fast-Food-Restaurants, aber das Delta Café ein Stockwerk höher hatte um die Zeit noch nicht geöffnet. Auch nicht Botsalo Books, wo er der alternativen Versuchung hätte nachgeben können, die Regale zu durchstöbern. Doch Wimpy servierte ein gutes Frühstück mit Steak und Eiern.
Während er auf seine Bestellung wartete, nutzte Kubu den besonderen Wimpy-Service aus: die ausgelegten zahlreichen Exemplare der Daily News. Sein Blick fiel auf die Schlagzeile der Titelseite. »BCMC unter neuer Führung«. Der Artikel beschrieb, was sich während der Vorstandssitzung ereignet hatte. Dianna Hofmeyr war neue Vorsitzende geworden. Angus Hofmeyr, ihr Bruder, der an seinem dreißigsten Geburtstag Eigner der Anteilsmehrheit geworden war, hatte vorgeschlagen, dass seine Schwester das Unternehmen weiterführen solle, das ihr Vater, Roland Hofmeyr, aufgebaut hatte. Cecil Hofmeyr, der Bruder des Firmengründers, würde als Vorsitzender zurücktreten, jedoch die neu geschaffene Stellung eines Hauptgeschäftsführers bekleiden. Vorstandsmitglied Roger Mpau hatte denReportern gesagt, dies sei der Beginn einer neuen Ära für das Unternehmen, das auf die starken Fundamente aufbauen wolle, die Roland und Cecil Hofmeyr gelegt hätten.
»Die Welt verändert sich«, hatte Mpau gesagt. »Das Unternehmen muss bei diesem Wandel mithelfen, zumindest in Botswana. Ich glaube, dass das Unternehmen sich in Zukunft mehr an gesellschaftlichen Zielen orientieren wird als in der Vergangenheit. BCMC wird auf internationaler Ebene expandieren und sich zugleich stärker auf seine botswanischen Wurzeln besinnen.« Kubu schnaubte. Solche Versprechen hatte er schon öfter gehört.
Der Artikel bot so spärliche Informationen über Dianna, dass der Reporter von ihrer Ernennung im Vorfeld wohl nichts geahnt haben konnte. Wesentlich mehr Einzelheiten erfuhr man über Angus, von dem die Presse offenbar geglaubt hatte, er würde den Vorsitz übernehmen.
Kubu versank in Gedanken. Auch er war überrascht. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass Angus die Macht aus den Händen geben würde. Angus wollte immer die Nummer eins sein, der Mann im Mittelpunkt des Geschehens. Das hier war ein anderer Angus als der, den Kubu als Schüler gekannt hatte. Noch überraschender war, dass seine Schwester von seiner Großzügigkeit profitierte. Angus hatte ihr nie sehr nahe gestanden. Warum hatte Angus nicht Cecil noch ein paar Jahre weitermachen lassen, wenn er noch nicht bereit war, die Führung zu übernehmen? Sehr merkwürdig. Doch an diesem Punkt wurde seine Aufmerksamkeit von dem Duft seines Frühstücks abgelenkt. Hastig faltete er die Zeitung zusammen und machte Platz für den Teller. Er hasste kalte Spiegeleier.
An seinem Schreibtisch angekommen, hinterließ Kubu sofort Edison und Zanele eine Nachricht, dass er sie um halb neun im Konferenzraum erwarte. Er brauchte Hilfe beim Brainstorming. Er brauchte eine Spur, einen Geistesblitz, eine Intuition. Er hatte nichts außer einer wachsenden Anzahl von Leichen und eine obskure Verbindung zu BCMC.
Sowohl Edison als auch Zanele erschienen pünktlich. Alle drei nahmen sich eine Tasse Tee und machten es sich im Konferenzraum bequem. Nach einem absoluten Minimum an Small Talk, das die Höflichkeit gebot, fasste Kubu kurz den Stand der Dinge zusammen. Sie hatten drei Leichen. Die erste, ein unidentifizierter männlicher Weißer, war am Montag, den 27. Februar, in Kamissa gefunden worden.
Bei der zweiten handelte es sich um einen männlichen Schwarzen, Thembu Kobedi, Dieb, Erpresser und Pornograf, der am Freitag den 10. März niedergeschlagen und erschossen worden war. Kobedi hatte kurz zuvor einen Brief von Cecil Hofmeyr gestohlen, der fünftausend Pula bezahlt hatte, um ihn zurückzubekommen. Die Polizei war im Besitz dieses Briefs, verfasst von einem Geologen der BCMC, Aron Frankental. Dieser hatte seinen Chef Jason Ferraz kritisiert, den Manager einer BCMC-Mine, und angedeutet, dass Diamanten aus dieser Mine gestohlen würden. Der Brief
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