Kuche Totalitar - Wladimir Kaminer
Pfanne kurz an und verteilte sie dann auf die Teller, zusammen mit Adschicka, einer feurigen Pfeffertomaten-Sauce. Die erste Portion bekam immer der Gast, danach waren die Familienmitglieder an der Reihe. Gleichzeitig fragte der Vater Leo über seine Zukunftspläne aus sowie über die wirtschaftliche Situation in der DDR.
Leo konnte sich auf die Fragen des Vaters nicht richtig konzentrieren. Immer wieder blieb er dem Vater eine ausführliche Antwort schuldig, sagte entweder »Uh-Uh« oder nickte nur zustimmend. Schuld daran war das Lula Kebap. Nach drei Tellern war Leo satt, saß mit vollem Mund da und dachte fieberhaft darüber nach, wie er die überschäumende Gastfreundschaft des Vaters dämpfen konnte, ohne unhöflich zu wirken. Aber jedes Mal, wenn er irgendetwas über das Essen sagte, freute sich der Vater, und Leo bekam eine doppelte Portion. Von Leila wusste er, dass ein Familienessen eine heilige Zeremonie ist. Seine Russischkenntnisse gaben aber keine Zauberformel zur Beendigung des Abfütterns her. »Das hat aber gut geschmeckt«, sagte Leo zum Beispiel und wischte sich die Hände ab. Aber es funktionierte nicht. Sofort bekam er noch einen Teller. Er versuchte es daraufhin mit: »Oh, ich glaube, ich kriege nichts mehr runter.« Der Vater lächelte dazu nur milde und briet sofort eine Zugabe an.
Als Repräsentant der DDR im Ausland wollte Leo auf gar keinen Fall das Gesicht verlieren. Er verließ sich ganz auf das Schicksal und aß weiter vor sich hin. Nach einer knappen Stunde fühlte er sich, als hätte man ihn aufgepumpt, er konnte sich kaum noch bewegen. Mit Schrecken dachte er an die bevorstehende Fahrt durch die ganze Stadt zurück zum Studentenwohnheim. Dafür hatte er jedoch die Prüfung durch die Familie anscheinend gut bestanden. Der Vater wirkte sehr zufrieden und bot ihm an, bei ihnen zu übernachten. Ein Recht auf das Gästezimmer besaßen eigentlich nur die engsten Verwandten. Leo wurde damit also eine große Ehre erwiesen.
Nachts konnte er nicht einschlafen. Das Lula Kebap drehte sich in seinem Magen und machte laute Geräusche. Leo schaute aus dem Fenster zu den Sternen und dachte darüber nach, was er eigentlich hier machte, tausende Kilometer von seiner Heimat entfernt, als Romeo im Kaukasus. Er stand auf. In der Dunkelheit tappte er auf der Suche nach einer Toilette durch das Haus. Alle Türen sahen gleich aus, und alle waren zu. Leo wanderte eine Weile umher, bis er ein kleines Türchen fand, das leicht geöffnet war. Endlich, dachte er und ging hinein, immer die Wand entlang, die Hände nach vorne gestreckt auf der Suche nach einem Lichtschalter. Etwas stand ihm plötzlich im Weg, Leo verlor das Gleichgewicht und stürzte auf etwas Lebendiges, Weiches und Duftendes. Das ist ganz sicher keine Toilette, dachte er noch und wollte sich schon entschuldigen. Aber eine Sekunde später ging das Licht an, draußen bellte der Hund, und Leo saß, nur mit einer Unterhose bekleidet, auf Leilas Bett. In der Tür standen die Mutter Nargis, der Vater Vagis, die Brüder Tofik, Aidim und Elchin mit Gewehren in der Hand und starrten ihn an.
Anders als bei Shakespeare ging diese Geschichte ohne Blutvergießen aus. Seit sechzehn Jahren sind Leo und Leila glücklich verheiratet. Sie haben zwei Jungs und leben in Chemnitz. Leo arbeitet als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, zusätzlich verkauft er Versicherungen. Leila ist Hausfrau und erzieht die Kinder. Einmal im Jahr, im Sommer, kommt ihre Familie aus Baku zu Besuch. Dann brät der Vater Lula Kebap in der Küche, es duftet im ganzen Haus, und alle Nachbarn werden neidisch. Leo mag die Familie sehr, ist allerdings über deren Lieblingsgericht Vegetarier geworden.
Aserbaidschanische Küche
Alle Zutaten sind für vier Personen berechnet.
Vorspeisen
Schekinsti-Salat
Zutaten:
6 Tomaten, 1 ½ Gurken, 1 Paprika, 1 Bund Lauch, 1 Bund Koriander, 1 Bund Basilikum, 1 EL Weinessig, schwarzer Pfeffer (gemahlen), Salz
Zubereitung:
Tomaten, Gurken und Paprika waschen, bei der Paprikaschote Stängelreste und Kerne entfernen. Gemüse in Würfel schneiden. Zwiebeln und Kräuter klein hacken, mit Essig übergießen, pfeffern, salzen. Fertig.
Grünkükü
Zutaten:
2 Bund Lauch, 100 g Butter, 1 Bund Koriander, 1 Bund Dill, 2 Bund frischer Spinat, 8 Eier, Salz
Zubereitung:
Die klein geschnittenen Zwiebeln anbraten, mit klein gehackten Kräutern und Spinat mischen, salzen, verquirlte Eier darübergeben und zehn Minuten im Ofen backen. Kükü in
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