Kuche Totalitar - Wladimir Kaminer
Füllung: 800 g Sauerkirschen (frisch oder aus dem Glas), 1 EL Stärke
Zubereitung:
Aus dem Mehl, dem Ei, der Milch, dem Salz und Zucker einen Teig zubereiten. Den Teig mit einem Küchentuch abdecken und vierzig Minuten ruhen lassen. Die frischen Sauerkirschen waschen und entkernen. Mit dem Zucker und der Stärke bestreuen und vier Stunden stehen lassen. Die Kirschen durch ein Sieb abgießen. Den Teig zwei Millimeter dünn ausrollen und mit einem Glas runde Scheiben ausstechen. In die Mitte die Füllung legen, die Ränder umklappen und in leicht gesalzenes kochendes Wasser geben. So lange kochen, bis die Wareniki auf der Wasseroberfläche auftauchen. Dies ist ein Zeichen, dass sie fertig sind. Die Wareniki aus dem Wasser nehmen. Das fertige Gericht warm oder kalt mit Crème fraîche servieren.
ASERBAIDSCHAN
Aserbaidschan ist ein westasiatischer Staat am Kaspischen Meer, ungefähr so groß wie Bayern, nur ohne Biertrinker und mit noch mehr Sonnentagen im Jahr. Im Norden grenzt Aserbaidschan an Russland, im Süden an den Iran, westlich davon liegt Armenien. Zu Sowjetzeiten war Aserbaidschan mit seiner Hauptstadt Baku eine multinationale sozialistische Republik: Armenier, Georgier, Russen, Kurden und Ukrainer lebten hier friedlich neben- und miteinander. In den Hinterhöfen saßen die Nachbarn oft beisammen an einem Tisch und grillten alles, was sie in die Hände bekamen: Fisch, Fleisch, Gemüse. In den Teehäusern tranken die Einheimischen starken Tee aus kleinen Gläsern und aßen dazu Zukkerhüte, die mit einer Zange zerkleinert wurden. Die fortschrittliche Jugend von Baku verkehrte im »Intourist« und im Restaurant »Der Ölarbeiter«, in dem gelegentlich die armenischaserbaidschanische Heavy Metal Band »Black Gold« aufspielte. Tee, Konfitüre und der Portwein Agdam aus der gleichnamigen Stadt in Aserbaidschan wurden in alle Teile der Sowjetunion exportiert. Tee und Konfitüre aus Aserbaidschan waren begehrte Qualitätswaren und Agdam das beliebteste Getränk aller Alkoholiker: billig wie Limonade und knalliger als Wodka. Nach einem Glas lag man bereits flach.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion konnte sich der von oben verordnete aserbaidschanische Internationalismus nicht mehr lange gegen die neuen so genannten Nationaldemokraten durchsetzen. Die Region versank in einem Meer von Gewalt, in kleinen und großen Bürgerkriegen. Der größte Konfliktherd lag zwischen Aserbaidschan und Armenien und hieß Karabach – »Schwarzer Berg«. Die Mehrheit der Bevölkerung dort war armenisch, das Land gehörte aber seit Sowjetzeiten zu Aserbaidschan. Wie bei jedem ernsten Konflikt, bei dem es um historische Gerechtigkeit geht, hatten beide Seiten Recht und scheuten deswegen vor nichts zurück, um dieses Recht durchzusetzen. Terror, Deportationen, Massenmorde unter der Zivilbevölkerung, Geiselnahmen und ein zweijähriger Krieg verwandelten diese einst paradiesische Landschaft in verbrannte Erde. Die aserbaidschanische Volksfront, die armenische nationale Armee und die Befreiungsarmee von Karabach metzelten einander so lange nieder, bis nur noch Uniformierte durch die Gegend zogen. Zwischen den Fronten stand noch die sowjetische Armee, mit dem strengen Befehl, die Demokratie und den Drang der Bevölkerung zur Selbstbestimmung in der Region zu schützen sowie alle Konflikte einzudämmen, aber ohne Waffengewalt. Es waren widersprüchliche Befehle, die schwer auszuführen waren, aber wohl doch ein noch größeres Blutvergießen verhinderten.
Die sowjetische Armee verhielt sich in diesem Konflikt neutral. Sie schoss ganz selten und nur dann, wenn sie privat für viel Geld von der einen oder anderen Seite engagiert wurde oder wenn – wie einmal in der berühmten Portweinstadt Agdam – russische Soldaten am Bahnhof von den Volkskämpfern unter die Räder eines Zuges geworfen wurden.
Wie nach jedem Gerechtigkeitskrieg wurde das Leben in der Region danach noch ein Stück ungerechter. Politisch entwickelte sich Aserbaidschan in den Neunzigerjahren sehr turbulent, mit putschenden Obersten, Präsidenten auf der Flucht und Volkstribunen, die permanent aus dem Gefängnis ausbrachen, um wenig später wieder dort zu landen.
Trotz dieser Entwicklung ist aber im heutigen Aserbaidschan irgendwie doch alles beim Alten geblieben. An der Macht sind die gleichen Leute, die man noch aus Sowjetzeiten kannte, und der Präsident ist der ehemalige Erste Sekretär der Kommunistischen Partei. Seine Partei heißt nun »Neues Aserbaidschan«,
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