Küchenfee
Angebot angenommen, sich schminken zu lassen. Ihre Haut sah aus wie Samt, ihre Augen leuchteten, das zarte Rouge ließ ihre Wangen sanft glühen.
»Jürgen, das haben Sie wunderbar gemacht«, sagte Lilli begeistert. »Aber kann ich das auch selbst machen, ohne ein Geschwader von Experten, das mir hilft?«
Jürgen, eine filigrane Gestalt in winzigem T-Shirt und knallengen Schlaghosen, nickte. »Aber natürlich«, flötete er geziert. »Durch den Stufenschnitt haben Ihre Wellen ganz automatisch mehr Volumen, da brauchen Sie nicht einmal Lockenwickler. Und für eine Hochsteckfrisur nehmen Sie Ihre Haare im Nacken zusammen, zwirbeln sie zu einem Zopf und fixieren sie am Hinterkopf mit einer Spange. Dann zupfen Sie sich an den Schläfen ein paar feine Strähnchen heraus.« Er beugte sich zu ihr herunter und flüsterte verschwörerisch: »Das macht das Gesicht weicher, wissen Sie?« Er breitete die Arme aus, als wolle er ein besonders tolles Produkt präsentieren. »Und voilà – fertig!«
»Ich werde es versuchen. Und ansonsten muss ich eben noch einmal wiederkommen.«
Jürgen verbeugte sich leicht und zwitscherte: »Es wäre mir eine Freude!«
Als Lilli zu Hause ankam, war es bereits kurz vor sieben Uhr. Kati nahm sie an der Haustür in Empfang und rief: »Ma! Du siehst toll aus! Gina, komm mal schnell!«
Gina kam aus dem Wohnzimmer und verschloss die Tür hinter sich. Sie nahm Lillis Hände und drehte sich mit ihr im Kreis. » Bellissima! Wie wunderschön du aussiehst.«
»Und das habe ich nur euch beiden zu verdanken. Ich fühle mich wunderbar.«
Lilli wollte in die Küche, aber Kati versperrte ihr den Weg.
»Nichts da. Deine Geburtstagsüberraschung geht noch weiter. Erst ziehst du dir das Kleid an, das ich dir hingelegt habe. Heute Abend wird schick gegessen. Und dann wartest du bitte, bis wir dich rufen, ja? Du kannst ruhig noch eine CD starten, es dauert hier noch ein paar Minuten.«
Damit schob Gina ihre Freundin unnachgiebig ins Schlafzimmer und schloss die Tür von außen.
Kapitel 23
Auf dem Bett lag ein Kleid, das Lilli noch nie gesehen hatte. Es war aus dunkelgrünem Samt, schmal geschnitten, knielang und passte wie angegossen. Lilli drehte sich vor dem Spiegel hin und her, beugte sich vor und wuschelte mit beiden Händen durch ihre Haare. Dann richtete sie sich wieder auf und warf den Kopf zurück. Ihre Haare fielen um ihr Gesicht wie eine goldene Wolke.
Fast wäre sie aus dem Schlafzimmer gelaufen, um sich zu präsentieren, besann sich aber dann auf Katis Bitte. Sie startete eine ihrer geliebten Reggae-CDs und tanzte summend durchs Schlafzimmer. Die Minuten vergingen, ohne dass jemand sie rief.
Das Telefon im Hausflur klingelte. Lilli stellte die Musik ab und lauschte. Es läutete weiter. Niemand kam, um das Gespräch anzunehmen. Sie streckte erst den Kopf aus der Tür, dann lief sie barfuß in den Flur.
»He, Kati, Gina, wo seid ihr?«
Niemand antwortete. Sie nahm den Hörer ab.
»Berger, hallo.«
»Hallo, Ma.«
»Kati? Was …? Wo bist du denn?«
Ihre Tochter lachte vergnügt. »Wir sind unterwegs zu Tante Gina.«
»Ja aber, wieso …? Ich denke, wir essen alle zusammen? Ich verstehe gar nichts mehr.«
»Ma, du wirst gleich verstehen, glaub mir«, kicherte Kati. »Hör einfach nur zu, bitte. Wir wünschen dir einen wunderbaren Abend mit deinem Überraschungsgast. Das Essen ist vorbereitet und servierfertig. Bitte schau in den Kühlschrank und in den Backofen. Der Prosecco ist euer Aperitif. Nach dem Essen wartet im Garten der Pavillon auf euch. Wir wünschen viel Spaß!« Aus dem Hörer drang ein Tuten. Kati hatte aufgelegt.
Kopfschüttelnd ging Lilli in die Küche. In der Tür blieb sie wie angewurzelt stehen. Der Tisch war für zwei Personen gedeckt und verschwenderisch dekoriert. Zartlila Tüll bauschte sich auf der Tischplatte. Dicke, pinkfarbene Kerzen standen auf Untersetzern aus Moos. Smaragdgrüne Kristalle funkelten auf dem Tüll. Unter den beiden dunkelroten Platztellern lagen große Bananenblätter. Eine leere Vase wartete darauf, gefüllt zu werden. Außer ihr war niemand mehr im Haus. Sie wollte gerade in den Garten gehen, als es an der Haustür klingelte.
Lilli riss schwungvoll die Tür auf.
»Mike! Was machst du denn hier?«
Mike sah verdattert hinter seinem Blumenstrauß hervor. »Hallo, Lilli! Ich … äh … ich bin eingeladen.«
»Ach, dann bist du der Überraschungsgast?«
»Ich weiß nicht … Wusstest du denn nicht, dass ich heute
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