Küchenfee
sagte Käthe mit hochgezogenen Augenbrauen. »Dreck in den Ecken, Spinnweben überall, ungebügelte Bettwäsche in den Schränken, schmutzige Fenster … um nur einige Punkte zu nennen. Ich musste ja sogar erst einmal vernünftiges Putzzeug kaufen, bevor ich überhaupt anfangen konnte. Mir scheint, ich habe hier buchstäblich in letzter Sekunde eingegriffen. Die Doppelbelastung überfordert dich offensichtlich.« Käthe verschränkte die Arme vor der Brust und sah Lilli herausfordernd an.
Langsam wurde Lilli wütend. »Das tut sie keineswegs, Käthe. Ich bin dir dankbar, dass du mir seit einiger Zeit hilfst, aber ich habe dich nicht darum gebeten. Du hast es mir angeboten, erinnerst du dich?«
Käthe schnappte empört nach Luft. »Ich habe nur an die Mädchen gedacht. Wenn ich nicht jeden Tag kochen würde …«
»… würden die beiden auch nicht verhungern!«, fiel Lilli Käthe ins Wort. »Im Gegenteil, das wäre gesünder für sie als das fettige, schwere Essen, das du jeden Tag auftischst. Svenja hat mindestens fünf Pfund zugelegt.«
»Na, das ist ja nichts Neues, dass du gute deutsche Hausmannskost verachtest – schon aus reiner Opposition. Aber dass meine Enkelinnen mit ungebügelter Kleidung in die Schule gehen müssen, das ist mir peinlich.«
»Käthe, Jeans und Unterwäsche müssen nicht gebügelt werden. Meine Gardinen müssen auch nicht gestärkt werden. Und die grüne Bluse, die du mir letztens ruiniert hast – der Stoff war vorher absichtlich zerknittert. Das muss ein echtes Stück Arbeit gewesen sein, diese Millionen Falten rauszubügeln!«
»Allerdings, das war es. Aber danach hat die Bluse wenigstens ordentlich ausgesehen.«
»Ich brauche einen Espresso«, murmelte Lilli und stand auf. Auf halbem Weg zum Herd fiel ihr wieder ein, dass ihre Kanne dank Käthe unbenutzbar war. Wütend riss sie verschiedene Schranktüren auf und knallte sie wieder zu, bis sie alle Utensilien zusammengesucht hatte, um sich einen Filterkaffee aufzubrühen. Käthe beobachtete sie dabei mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Jetzt führ dich nicht auf wie ein trotziges Kleinkind, Elisabeth. Ohne mich wäre hier doch schon längst alles zusammengebrochen.«
Lilli fuhr herum. »Wie bitte? Ich höre wohl nicht recht!«
Käthe runzelte die Stirn. »Sieh dich doch mal um. Seit wie vielen Jahren ist auf den Schränken nicht mehr geputzt worden? Ich habe allein die Regale tagelang geschrubbt. Und außerdem, du hast es allein mir zu verdanken, dass du überhaupt dein Geschäft eröffnen konntest. Vergiss das bitte nicht. Dann musst du dir schon gefallen lassen, dass ich hier nach meinen Vorstellungen Ordnung schaffe.«
Lilli riss der Geduldsfaden. »Nein, Käthe, das muss ich nicht, und das will ich nicht. Ich habe deinem Vorschlag, mir im Haushalt zu helfen, den Mädchen zuliebe zugestimmt. Ja, ich habe mit dem Theaterfest extrem viel zu tun. Das ist aber eine Ausnahme.« Sie setzte sich wieder zu Käthe an den Tisch und fuhr fort: »Und was dein Geld betrifft: Du hast in eine Geschäftsidee investiert, dafür bin ich dir sehr dankbar. Du hast mir nichts geschenkt, damit wir uns hier klar verstehen. Dein Steuerberater hat dir zu der Investition geraten, wenn ich mich recht erinnere. Ich zahle die Raten pünktlich zurück. Aber das heißt nicht, dass ich mich mit Leib und Leben an dich verkauft habe. In drei Tagen ist die Feier. Dann habe ich auch wieder viel mehr Zeit.«
»Ich verstehe«, sagte Käthe eisig. »Dann kommst du sicher ab sofort ohne mich zurecht. Ich merke durchaus, wenn ich nicht erwünscht bin, Elisabeth.« Käthe erhob sich von ihrem Stuhl, streifte die Gummihandschuhe ab und warf sie auf den Tisch. »Du entschuldigst mich.«
Damit verließ sie die Küche. Keine zehn Sekunden später fiel die Haustür hinter ihr ins Schloss.
Lilli blieb am Tisch sitzen und starrte vor sich hin.
Das war die alte, die ungeliebte Käthe, die unbarmherzige Königinmutter. Und sie, Lilli, war das Aschenputtel. Unfähig, dumm, undankbar. Hatte sie sich nur eingebildet, dass sich zwischen Käthe und ihr etwas verändert hatte? Vielleicht hatte Käthe sich ja nur verstellt, und die neue, beinahe freundschaftliche Vertrautheit sollte nur dazu dienen, Armins Rückkehr in die Familie vorzubereiten. Doch auch Käthe würde eines Tages feststellen müssen, dass Armin sie belog und ausnutzte.
Aber womöglich hatte ihre Schwiegermutter recht mit ihrer Einschätzung, dass sie, Lilli, gerade die Kontrolle verlor. Und dass sie sich zu
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