Kuehler Grund
unberührt blieben, bis man in der Vergangenheitsform von ihm redete, als ob der Tod mit einem einzigen kleinen Wort plötzlich Realität wurde.
»Und warum saß sie auf Ihrem Motorrad?«, fragte Hitchens.
»Sie wollte es sich bloß ansehen, hat sie gesagt. Viele Mädels stehen auf Motorräder. Die fahren tierisch darauf ab. Sie sind total heiß darauf, sich eine Maschine zwischen die Beine zu klemmen.«
»Fahren Sie deshalb Motorrad?«
Holmes grinste wieder. »Eigentlich nicht. Aber es hilft.«
»Dann hat sie sich also für das Motorrad interessiert und nicht für Sie?«, fragte Fry.
Holmes ließ sich von ihrer ernsten Miene nicht aus der Ruhe bringen. »Machen Sie Witze? Okay, anfangs hätte ich es selber fast geglaubt, so cool, wie sie getan hat. Aber im Grunde brauchte ich sie bloß anzuquatschen, und schon lief alles wie am Schnürchen. Sie ist mit in die Spielhalle gekommen und hat mir beim Spielen zugesehen. Ja, und später hat mir einer von den Typen bei Tommy’s erzählt, dass sie sich ein paar Tage vorher nach mir erkundigt hatte. Sie wollte wissen, wer ich bin, wie ich heiße. Also war sie offensichtlich scharf auf mich. Die Sache mit der Maschine war bloß ein Trick.« Er wandte sich wieder Hitchens zu. »Die Weiber können ganz schön raffiniert sein.«
»Wem sagen Sie das?«, meinte Hitchens. Fry befürchtete schon, der DI würde Holmes im nächsten Augenblick kumpelhaft zuzwinkern. Dann hätte sie auf der Stelle den Raum verlassen.
»Vor allem solche Weiber wie Laura«, sagte Holmes.
»Wie meinen Sie das?«
»Sie ging doch auf diese noble Schule, High Carrs. Da dürfen während der Unterrichtszeit noch nicht mal die Abiturienten das Schulgelände verlassen. Aber Laura hat sich irgendwie rausgeschlichen. So war sie. Im Grunde war ihr die Schule egal.«
»Nach allem, was wir gehört haben, soll sie ein intelligentes Mädchen gewesen sein.«
»War sie auch. Echt clever. Sie hätte die Mittlere Reife mit links geschafft, aber sie war zu faul zum Lernen. Sie stand mehr auf Musik. Ich schätze, ihre Eltern haben ihr die Schule gründlich vermiest. So was kommt vor. Manche Eltern treiben ihre Kinder so sehr an, dass sie das genaue Gegenteil damit erreichen. Eigentlich schade.«
»Eine kleine Rebellin, hm?«
»Ja, genau. Sagen Sie bloß, Sie waren früher auch so? Aber wer weiß? Vielleicht hätte Laura ja zum Schluss doch noch die Kurve gekriegt.«
»Möglich, Simeon. Nur haben Sie sie auch nicht gerade vom Schuleschwänzen abgehalten, oder?«
»Nein. Wir haben uns tierisch gut verstanden, gleich von Anfang an. Von da an ist sie regelmäßig in die Spielhalle gekommen. Ehrlich gesagt hat mich das ein bisschen gewundert – schließlich war sie eine ziemliche Nobeltussi. Normalerweise komme ich an solche Weiber nicht so leicht ran. Aber sie war scharf auf mich. Ja, echt scharf. Da sagt man natürlich nicht nein. Was denken Sie denn?«
Der seltsame Gestank ging eindeutig von Holmes aus. Fry schloss den Geruch von Alkohol und kaltem Tabakrauch aus. Sie kannte auch kein Betäubungsmittel, das so roch. Möglicherweise hatte es mit der Motorradkluft zu tun. Vielleicht ein Öl, um das Leder weicher zu machen, das nun in dem schwül warmen Raum langsam verdunstete. Aber um einen solchen Gestank zu verbreiten, hätte es schon ranziges Schweinefett sein müssen.
»Hat Laura in der Schule keinen Ärger bekommen, weil sie gegen die Vorschriften verstoßen hat?«, fragte sie.
»Keine Ahnung. Auf jeden Fall hat sie nie etwas davon gesagt. Außerdem wäre es ihr sowieso egal gewesen.«
»Aber ihren Eltern vielleicht nicht.«
Holmes zuckte mit den Schultern. »Über die hat sie nicht viel geredet.«
»Sie wollen also sagen, dass die Initiative zu Ihrer Beziehung von Laura ausging?«, fragte Hitchens.
»Was? Aber sicher, sag’ ich doch. Sie hat sich an mich rangemacht. Sie war total heiß auf mich.«
»Hatte sie noch andere Freunde?«
»Klar. Sie war keine Unschuld vom Lande. Das glauben Sie mal bloß nicht.«
Fry beugte sich vor, um die nächste Frage zu stellen.
»Wann haben Sie das erste Mal mit ihr geschlafen, Simeon?«
Holmes sah von Hitchens zu Fry. Die Beunruhigung, die er hinter seinem Dauergrinsen verborgen hatte, stand ihm nun deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Ich dachte, Sie wollen rauskriegen, wer sie umgebracht hat. Das ist doch die Sache, um die es hier geht. Machen Sie mir jetzt bloß keinen Aufstand wegen ihrem Alter.«
»Was meinen Sie damit, Simeon?«
»Sie hat mir gesagt,
Weitere Kostenlose Bücher