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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Universität prangte. Das Hemd roch nach Schweiß.
    Cooper brachte Daniel nach oben in ein Vernehmungszimmer, wo sie bereits von Tailby erwartet wurden. Es bedurfte nur weniger Fragen, um Daniel zum Reden zu bringen. Schon bald wurde klar, was ihm auf der Seele lag.
    »Ich finde es erstaunlich«, sagte Tailby einige Minuten später, »wie versessen Sie darauf sind, mir solche Dinge über Ihre Eltern zu erzählen.«
    »Es ist die Wahrheit«, sagte Daniel. »Was sie treiben, wenn sie allein oder mit ihren widerlichen Freunden zusammen sind, ist mir scheißegal. Aber sie wollten einfach nicht sehen, was sie Laura damit angetan haben. Für Laura war ihr Benehmen vollkommen normal. Sie wollte auch Sachen ausprobieren. Sie kam auf den Geschmack am Sex, als sie ungefähr dreizehn war. Sie hat mir alles erzählt, auch wenn sie nie auf meinen Rat gehört hat. Mum hatte keine Ahnung, bis heute nicht. Und Dad …?« Er zuckte mit den Achseln. »Wer weiß?«
    »Sie haben versucht, ihr ins Gewissen zu reden, Daniel?«
    »Ja. Aber die Mühe hätte ich mir sparen können.«
    »Wir haben Ihre Briefe gefunden.«
    »Ich weiß. Sie haben den Brief mitgenommen, den ich ihr geschrieben habe, nachdem sie mir von Simeon Holmes erzählt hatte.«
    »Ja, Holmes«, sagte Tailby. »Kennen Sie ihn?«
    »Nein. Aber so, wie Laura von ihm geschwärmt hat, musste ich ihr einfach schreiben. Diesmal klang die Sache ernster. Es war nicht mehr nur ein Spiel für sie. Meine große Sorge war, dass sie sich von so einem Typen schwängern lässt. Ich wollte wenigstens dafür sorgen, dass sie regelmäßig die Pille nimmt. Sie hat es mir versprochen.«
    Daniel sah Tailby fragend an.
    »Sie war nicht schwanger«, sagte der DCI, ohne ins Detail zu gehen. Es gab auch so etwas wie ein Zuviel an Informationen. »Aber was hat Sie jetzt dazu bewogen, uns das alles zu erzählen, Daniel?«
    »Ich bin mir sicher, dass mein Vater Ihnen alle möglichen Geschichten über Lee Sherratt und Laura aufgetischt hat. Sie dürfen ihm nicht glauben. Laura hat sich nicht für Sherratt interessiert und er sich auch nicht für sie.«
    »Aber Ihre Mutter …«
    »Meine Mutter war selbst scharf auf ihn. Sie steht auf junge Kerle. Und er war sehr willig. Mein Vater wusste natürlich davon. Er wusste, was abging. Er weiß immer Bescheid.«
    »Soll das heißen, Ihre Mutter hatte eine Affäre mit dem Gärtner?«
    »So ausgedrückt klingt es doch sehr nach einem Roman von D. H. Lawrence.«
    »Finden Sie?«
    »Aber Lee Sherratt ist bloß ein Jugendlicher aus dem Dorf, der eine Chance sah, bei einer älteren Frau auf seine Kosten zu kommen. Nicht gerade der Wildhüter Mellors.«
    Tailby konnte ihm nicht recht folgen. »Ihr Vater glaubt, dass Sherratt Ihre Schwester getötet haben könnte.«
    »Wenn das stimmt«, sagte Daniel, »wenn er sie tatsächlich getötet hat, dann war es die Schuld meines Vaters.«
    »Ach. Wie kommen Sie darauf?«
    »Er hat es geduldet«, antwortete er. »Bis es viel zu weit gegangen war. Und er hatte seinen Spaß daran.«
    »Wie bitte?«
    »Glauben Sie mir.«
    Daniel zog an seinem verschwitzten T-Shirt, das ihm am Körper klebte. Er rutschte auf seinem Stuhl herum, sodass die Jeans über das Leder schabte. Sein Blick huschte unstet von Tailby zu Cooper. Als er weitersprach, hatte sich seine Stimme verändert. Sie war ruhiger geworden, weniger aggressiv. Es lag ein fast jungenhafter Unterton darin, der eine innere Qual zum Ausdruck brachte, die sich nicht länger verbergen ließ.
    »Eines Tages«, sagte er, »habe ich meinen Vater in seinem Büro erwischt. Das war kurz bevor ich mit dem Studium anfing. Ich wollte mit ihm über etwas sprechen, was ich für die Uni brauchte. Ich habe angeklopft, aber er hat mich offenbar nicht gehört. Er war nämlich anderweitig beschäftigt.«
    Daniel lächelte zynisch. Tailby reagierte nicht. Seine Miene blieb ausdruckslos, nur eine Augenbraue ging leicht in die Höhe.
    Sein ostentatives Desinteresse spornte Daniel mehr an als jede bohrende Frage.
    »Er stand am Fenster. Er benutzte ein Fernglas und sah hinunter in den Garten. Zuerst dachte ich, dass er Vögel beobachtete. Ich war überrascht, weil ich gar nicht wusste, dass er sich ein Hobby zugelegt hatte. Außer Golf hat er noch nie ein Hobby gehabt, und selbst das betreibt er nur aus geschäftlichen Gründen.«
    »Weiter.«
    »Ich wollte ihn gerade fragen, was für einen Vogel er entdeckt hatte. Manchmal gibt es bei uns nämlich Spechte im Garten. Doch er hatte mich hereinkommen

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