Kuehler Grund
ausgezeichnetes Gedächtnis. Sie kannte sämtliche Kleidungsstücke, die das Mädchen zuletzt getragen hatte, bis hin zu dem blauen Slip und den Reeboks, Größe 38, slim fit. Wenn sie als Erste auf einen dieser Gegenstände stieß, würde sie ihn sofort erkennen. Aber dafür müsste man sie natürlich zuerst einmal an der Suche beteiligen.
Alle verfügbaren Kräfte waren bereits mit der Fahndung nach Laura Vernon beschäftigt. Das heißt, alle Kräfte bis auf Detective Constable Diane Fry und Detective Sergeant David Rennie. Sicher, Fry war neu in der Dienststelle, aber was hatte Rennie verbrochen? Zurzeit war er in der Dienststelle E für die Alltagsdelikte zuständig, und Fry war seine einzige Mitarbeiterin. Nicht gerade ein Gespann, das den Eindruck erweckte, eine Verbrechenswelle aufhalten zu können. Und im Moment versuchten sie es nicht einmal.
Fry stand von ihrem Schreibtisch auf und ging hinüber, um sich den aktuellen Stand der Ermittlungen in Sachen Laura Vernon anzusehen. Der Fall war zwar noch keine 48 Stunden alt, aber die Akte war schon jetzt ziemlich dick. Die Maschinerie des Polizeiapparats hatte sich in Bewegung gesetzt, obwohl der Fall noch nicht zur Mordsache erklärt worden war – schließlich gab es auch noch keine Leiche. Teenager liefen schließlich dauernd von zu Hause weg und tauchten normalerweise ein paar Tage später, ausgehungert und verlegen, wieder auf. Laura hatte Geld – ihre Eltern gaben an, dass sie bis zu 30 Pfund bei sich haben könnte; offensichtlich wurde sie nicht knapp gehalten. Aber sie hatte weder Kleidung oder sonst etwas mitgenommen. Das war ein signifikanter Faktor. Doch es gab noch zwei weitere Gründe, warum die Ermittlungen in diesem Fall besonders schnell angelaufen waren. Zum einen hatte eine Zeugin Laura Vernon kurz vor deren Verschwinden hinter der elterlichen Villa mit einem jungen Mann sprechen sehen, und danach hatte sie seit fast zwei Tagen niemand mehr zu Gesicht bekommen.
Der andere dringende Grund, der in der Akte heruntergespielt wurde, sich aber wie ein roter Faden durch alle Berichte zog, war der noch ungeklärte Mord an der sechzehnjährigen Susan Edson in der benachbarten Dienststelle B vor wenigen Wochen.
Jeder wusste, dass es bei den Ermittlungen besonders auf die ersten zwei, drei Tage ankam, falls sich erweisen sollte, dass es sich um einen Mord oder ein anderes Gewaltverbrechen handelte. Während der ersten 72 Stunden waren die Erinnerungen der Zeugen noch frisch, und der Täter hatte kaum Zeit, sich der Beweise zu entledigen oder ein Alibi zurechtzubasteln. Gleichzeitig erhöhte schnelles Handeln die Chancen, Laura Vernon lebend zu finden.
Fry stellte interessiert fest, dass der Polizei bereits im Anfangsstadium ein möglicher Tatverdächtiger präsentiert worden war, ein junger Mann namens Lee Sherratt, auf den die Eltern hingewiesen hatten und der bereits im Zuge der Erstermittlungen von Beamten befragt worden war. Er bestritt, der junge Mann zu sein, mit dem Laura zuletzt gesprochen hatte, aber er hatte kein Alibi. Man hatte Sherratts Vorstrafen aus dem Zentralregister abgerufen – einige kleinere Delikte, manche davon noch aus Teenagertagen. Es war nicht viel, aber es reichte, um seinen Namen zunächst ganz oben in der Akte zu führen, bis er endgültig als Tatverdächtiger ausgeschlossen werden konnte.
Den Berichten zufolge wurde die Suche im Gelände von einem uniformierten Beamten der Spezialeinheit aus Chesterfield geleitet. Für die kriminalpolizeilichen Ermittlungen war Detective Inspector Paul Hitchens zuständig, der wiederum Detective Chief Inspector Steward Tailby unterstellt war. Da Moorhay nur ein kleines Dorf war, hatten die Beamten bereits sämtliche Häuser abklappern können. Alle Freunde, Bekannten und Verwandten in der näheren Umgebung waren befragt worden. Keine Spur von Laura Vernon, keine Anhaltspunkte für ihren Verbleib.
Inzwischen war die gründliche Durchsuchung des Gebietes im vollen Gange. Beamte, die eigentlich dienstfrei hatten, und Hundestaffeln unterstützten die Suche am Boden, der Hubschrauber war im Einsatz. Außerdem beteiligten sich Nationalparkranger an der Aktion, und das Team von der Bergrettung durchkämmte die Hochmoore oberhalb der Dörfer. Und natürlich war auch Detective Constable Mr. Perfect persönlich an Ort und Stelle. Dann war der Fall ja so gut wie gelöst.
Fry hatte DI Hitchens an ihrem ersten Arbeitstag kennen gelernt. Er war ihr Vorgesetzter – zumindest kam er gleich nach DS
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