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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Stelle doch unbedingt haben, weil er Geld brauchte. In dieser Gegend gibt es für die jungen Leute keine Arbeit. Die Vernons haben ihm zwar nicht viel gezahlt, aber Kleinvieh macht auch Mist.«
    »Da haben Sie Recht. Das muss aber noch lange nicht heißen, dass er kein Auge auf Laura Vernon geworfen hatte.«
    Mrs. Sherratt schniefte. »Also, wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, sie war nicht sein Typ. Ich weiß ja, über Tote soll man nicht schlecht reden, aber Lee hatte noch nie was für solche eingebildeten Ziegen übrig, mit ihrem feinen Getue und ihren Reithosen. Es war eher andersrum. Ich glaube, sie hatte ein Auge auf ihn geworfen. Er sieht gut aus, mein Lee. Jede Wette, so war es. Und es hat Mr. Großkotz Vernon bestimmt nicht gefallen, dass seine Tochter auf einen kleinen Angestellten scharf war.«
    »Falls es so gewesen ist, meinen Sie nicht, dass Lee auf ihre Annäherungsversuche eingegangen wäre?«
    »Nein. Ich sage Ihnen doch, sie war nicht sein Typ.«
    »Hat er oft von Laura Vernon gesprochen?«
    »Fast nie. Er hat überhaupt nie viel über die Vernons erzählt. Aber er hat ja auch nicht viel von ihnen zu sehen gekriegt, schon gar nicht von dem Mädchen, außer in den Ferien. Wenn er gearbeitet hat, war meistens nur die Alte da.«
    »Sie meinen Mrs. Vernon?«
    »Genau. Aber ich denke mal, sie wird ihm höchstens gesagt haben, was er machen soll. Die Vernons geben sich nämlich mit den Leuten aus dem Dorf nicht ab. Sie bilden sich ein, sie wären was Besseres, bloß weil sie sich ein großes Haus und schicke Autos leisten können. Aber da täuschen sie sich. Nur weil einer Geld hat, ist er noch lange kein anständiger Mensch. Deswegen steht er noch lange nicht über den anderen Leuten. Mancher von uns weiß eben von sich aus, was richtig und was falsch ist. Wenn Sie mich fragen, haben die Vernons so viel Kohle, dass sie nicht mehr wissen, was sich gehört.«
    Tailby war abgelenkt. Sein Blick fiel durch das Küchenfenster in einen kleinen Garten, in dem sich ein paar Gemüsepflanzen durch das Unkraut ans Licht kämpften. Vor einem wackeligen Schuppen badeten ein paar Spatzen im Staub. Von dem dahinterliegenden Feld war das Grundstück nur durch einen niedrigen Zaun getrennt. Kein Hindernis, wenn man sich dem Haus von hinten statt von der Straße aus nähern wollte.
    »Soweit Ihnen bekannt ist, bestand also keine Beziehung zwischen Lee und Laura Vernon, einmal abgesehen davon, dass sie die Tochter seines Arbeitgebers war?«
    »Wie oft wollen Sie es denn noch hören? Er konnte sie nicht leiden.«
    »Das hat er selbst gesagt?«
    »Ja. Das weiß ich genau. Eingebildete Zicke hat er sie genannt oder so ähnlich.«
    »Warum hat er sie so genannt? Hatte er einen bestimmten Grund dafür?«
    Mrs. Sherratt verzog das Gesicht, was Tailby als Zeichen dafür deutete, dass sie nachdachte. »Das hat er zum ersten Mal gesagt, als er gerade erst bei den Vernons angefangen hatte. Er muss wohl irgendwie mit ihr aneinander geraten sein.«
    »Mit Laura Vernon? Habe ich Sie richtig verstanden?«
    »Sag’ ich doch. Irgendwann war sie mal zu Hause. Vielleicht hatte sie Schulferien. Keine Ahnung. Aber er hat erzählt, dass sie im Garten war. Sie hat ihn sich beguckt und ihn ausgefragt. Lee hat wohl einen Witz gemacht, den sie nicht vertragen konnte. Er soll seine Scherze für sich behalten, hat sie gesagt. Er war ziemlich sauer, als er es mir erzählt hat, und seitdem konnte er sie nicht leiden.«
    »Könnte das etwas mit seiner Kündigung zu tun haben?«
    »Kann ich wirklich nicht sagen. Weil sie was gegen ihn hatte und es ihrem Dad gesteckt hat, meinen Sie? Ich weiß nicht. Lee hat auf jeden Fall nichts angestellt, das weiß ich genau.«
    »Könnte Lee sich vielleicht heimlich mit Laura verabredet haben, nachdem er von Mr. Vernon entlassen worden war?«
    »Auf keinen Fall. Er hat sich höchstens gefreut, dass er sie los war. Er wollte nichts mit ihr zu schaffen haben.«
    »Mrs. Sherratt, wo geht Lee normalerweise hin, wenn er mal ein, zwei Tage nicht zu Hause ist?«
    »Das weiß ich doch nicht«, antwortete sie. »Meinen Sie, das erzählt er mir?«
    »Zu seiner Freundin?«
    »Glaube ich kaum. Aber Sie können sie ja selber fragen. Ich habe den anderen Polizisten schon gesagt, wie sie heißt und wo sie wohnt. Man hilft, wo man kann.«
    »Ja, ich weiß.«Tailby seufzte. Sie hatten das Mädchen bereits befragt, und auch noch einige andere, die ihnen von Lee Sherratts Saufkumpanen genannt worden waren. Wenn er tatsächlich

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