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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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nicht gekommen wäre. Sie wollte sich nicht mit ihm streiten.
    »Hast du die Zeitungen gesehen?«, fragte Harry.
    »Ein paar.«
    »Die schreiben sich vielleicht einen Käse zusammen«, beschwerte er sich. »Zwei haben sogar meinen Namen falsch geschrieben.«
    »Die Lokalzeitungen bringen sicher noch mehr darüber.«
    »Aber die erscheinen ja erst Ende der Woche. Bis dahin ist womöglich schon alles vorbei.«
    »Meinst du, Granddad?«
    Harry hatte die Pfeife im Mund, die Kiefer fest zusammengepresst. Helen konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Was war nur aus dem harmonischen Verhältnis geworden, das sie immer zu ihm gehabt hatte, aus dem Gefühl zu wissen, was er dachte, ohne dass er es aussprechen musste? Diese Verbundenheit bestand nicht mehr. Seit gestern war sie wie abgeschnitten.
    »Könnte sein«, sagte er. Er paffte an seiner Pfeife, als ob er die Frage gründlich überdenken müsste. »Wenn die Bullen ein bisschen Tempo vorlegen. Aber auch, wenn sie sich Zeit lassen. Vielleicht ist es bis dahin trotzdem schon vorbei.«
    »In der Zeitung steht, dass sie nach dem jungen Sherratt fahnden.«
    Er schnaubte. »An dem werden sie ihre wahre Freude haben.«
    »Er ist verschwunden. Das finden sie wohl verdächtig.«
    »Der hätte es bei den Vernons sowieso nicht lange ausgehalten«, sagte Harry. »Der nicht. Ich begreife immer noch nicht, warum sie ihn eingestellt haben.«
    »Dad sagt, dass Graham Vernon ihm eine Chance geben wollte.«
    »Der?«, sagte Harry. »Der würde dem Teufel die Chance geben, im Kirchenchor mitzusingen.«
    »Sieht so aus, als ob er diesmal falsch gelegen hätte.«
    Harry nahm die Pfeife aus dem Mund und tippte damit ein paar Mal an den Felsblock.
    »Ich will dir was sagen, Mädchen. Der Kerl ist ein ganz falscher Fuffziger.«
    »Ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst …«
    »Nicht leiden? Wenn es nach mir ginge …«
    »Ich weiß, ich weiß. Lass es gut sein, bitte.«
    »Schön. Du hast ja Recht. Wir brauchen die alten Geschichten nicht wieder aufzuwärmen.«
    Die Minuten verstrichen. Helen war es nie unangenehm gewesen, wenn sie sich anschwiegen. Doch jetzt war das anders. Sie hatte keine Ahnung, was in Harry vorging. Sie drehte den Oberkörper hin und her, um die BH-Träger zu lockern, die ihr in die von der Sonne geröteten Schultern schnitten.
    »Ich glaube, ich gehe noch ein Stück mit Jess spazieren«, sagte Harry. »Dann kann der Junge da unten seine Augen ein bisschen ausruhen.«
    »Granddad. Handle dir keinen Ärger ein, bitte.«
    Er richtete sich gerade auf und sah sie würdevoll an. »Ich? Du kennst mich doch, Mädchen. Mich kriegen die so schnell nicht klein.«
    Er zog an Jess’ Leine, lockerte die steifen Glieder und rückte sich die Jacke zurecht. Die Kappen seiner Schnürstiefel glänzten so hell, dass sie blendeten. Einen Augenblick lang sah Helen sich selbst darin, verzerrt und schwarz und auf dem Kopfstehend. Sie kannte keinen Menschen, der so viel innere Würde und Selbstbeherrschung ausstrahlte, wie ihr Großvater. Wenn er manchmal etwas sagte, was die Leute schockierte, dann nur, weil er davon überzeugt war, dass man seine Gedanken laut aussprechen sollte, und weil es ihm im Grunde egal war, was andere von ihm hielten. Sein Stolz machte auch sie stolz. Ihre Augen wurden feucht, als er sich zum Gehen wandte.
    »Wir sehen uns sicher später noch«, sagte sie.
    »Bestimmt.«
    Nachdem Helen einen letzten Blick auf die Polizisten am Hang geworfen hatte, ging sie zum Dial Cottage zurück, um nach ihrer Großmutter zu sehen. Zu ihrer Überraschung traf sie dort ihren Vater an, der so verloren in der Diele stand, als hätte er vergessen, in welches Zimmer er gehen wollte. Er war für das Büro angezogen, dunkler Nadelstreifenanzug, weißes Hemd, Krawatte mit roten und grauen Querstreifen.
    »Dad?«
    »Hallo, Schatz. Ich war zufällig in der Gegend, und da dachte ich mir, ich schaue mal kurz bei Gwen und Harry vorbei, um zu sehen, wie sie die Aufregung von gestern verkraftet haben. Nach diesem Schock müssen wir uns doch um sie kümmern.«
    »Das stimmt. Es war wirklich ein Schock«, sagte Gwen. Sie saß im Wohnzimmer in ihrem Sessel und beschäftigte sich mit einer Strickarbeit. Es schien eine langärmelige Jacke aus hellrosa Wolle zu werden, und Helen hatte das dumpfe Gefühl, dass sie wusste, für wen sie bestimmt war. Aber im Moment klapperte ihre Großmutter mit den Nadeln nur in der Luft herum, froh, etwas in den Händen zu halten.
    »Granddad und Jess

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