Kuehler Grund
entschuldigen«, sagte sie.
»Wofür? Dass Sie so schlecht gespielt haben?«
»Für meine Bemerkungen über Ihren Vater vorhin. Ich hatte ja keine Ahnung.«
»Das war mir klar«, sagte er. Seine Unterarmmuskeln verhärteten sich. Die Andeutung eines Lächelns war wieder verschwunden, und sein Gesicht war starr, emotionslos. Der Schweiß rann ihm durch die hellen Augenbrauen hinunter. Als er ihn sich aus den Augen blinzelte, brach der Blickkontakt ab. Fry ließ seine Hand los.
»DI Hitchens hat es mir heute Abend erzählt. Er hat mich zu der Gedenktafel geschickt. Ihr Vater wurde bei der Festnahme eines Straßenräubers getötet, nicht wahr? Er war ein Held.«
Cooper drehte und wendete den Squashball in der Hand, bis er den farbigen Punkt gefunden hatte. Dann drückte er zu, gegen den Widerstand der darin angestauten warmen Luft.
»Es war nicht der Straßenräuber, der ihn getötet hat. Es war eine Clique von Jugendlichen, die vor einem Pub herumlungerten. Sie haben sich eingemischt und versucht, den Kerl zu befreien. Sie haben meinen Vater getötet. Es waren zu viele. Sie haben ihn zu Boden gerissen und totgetrampelt.«
»Und was ist mit ihnen passiert?«
»Nicht viel«, sagte er. Er holte ein Taschentuch heraus und wischte sich Augen und Stirn ab. »Natürlich wurden sie ausfindig gemacht, keine Frage. In Edendale gab es einen Aufschrei der Empörung. Aber sie waren zu siebt oder zu acht, und jeder hat vor Gericht etwas anderes ausgesagt. Und die Verteidiger haben wie üblich nach jedem Schlupfloch gesucht. Es konnte nie zweifelsfrei festgestellt werden, welcher von ihnen meinem Vater gegen den Kopf getreten hatte. Am besten erinnere ich mich noch an eine Diskussion über die Blutspritzer auf ihren Springerstiefeln. Sie behaupteten, sie hätten nur deshalb Spritzer abbekommen, weil sie so nah dabei standen.« Er hielt inne, der Blick abwesend, zornig, voll schmerzlicher Erinnerungen. »Drei von ihnen wurden wegen Totschlags zu zwei Jahren verurteilt, die anderen kamen mit einer Bewährungsstrafe davon. Es waren nämlich Ersttäter. Natürlich waren sie auch alle betrunken. Aber vor Gericht gilt so was ja als mildernder Umstand. Als Entschuldigung.«
»Das wusste ich wirklich nicht, Ben.«
»Meinen Sie, sonst hätte ich Sie zum Squash mitgenommen? So verzweifelt habe ich nun auch wieder keine Gesellschaft nötig.« Er trocknete sich mit dem Taschentuch den Nacken ab. »Wahrscheinlich war es sowieso keine besonders gute Idee, bei diesem Wetter zu spielen.«
»Warum haben Sie mir das mit Ihrem Vater nicht gesagt?«
Cooper sah auf seine Füße.
»Wenn Sie es wirklich wissen wollen, ich kann es einfach nicht mehr hören. Seit zwei Jahren wird es mir nun schon unter die Nase gerieben. Jedes Mal, wenn ich auf die Wache komme, muss ich an dieser verdammten Gedenktafel vorbei. Wissen Sie, dass sie zur Erinnerung im Clappergate eine Bank mit einer Messingplakette aufgestellt haben? Damit es die Bevölkerung von Edendale auch nie vergisst. Mittlerweile versuche ich sogar schon, diesen Teil vom Clappergate zu meiden. Ich mache einen Umweg, damit ich die Bank nicht sehen muss. Und dann die ganzen Leute, die sich an ihn erinnern. Tausende von ihnen. Selbst wer vor seinem Tod noch nie etwas von ihm gehört hatte, wusste plötzlich alles über ihn, nachdem die Zeitungen mit der Geschichte durch waren.«
»Wie in Moorhay.«
»Ja. Wie in Moorhay. ›Das ist Sergeant Coopers Junge.‹ ›Sind Sie nicht Sergeant Coopers Sohn?‹ Es gibt mir jedes Mal einen Stich. Als ob sie mit einem Messer in einer alten Wunde stochern, damit sie bloß nicht verheilt. Der Tod meines Vaters hat mein Leben zerstört. Und die Leute werden es mich nie vergessen lassen. Manchmal denke ich, wenn noch ein einziger Mensch ›Sergeant Coopers Junge‹ zu mir sagt, platzt mir der Kragen. Irgendwann kriege ich einen Koller.«
Er ballte die Faust um den Squashball, ließ ihn auf dem Boden aufticken und schlug ihn fast lässig mit dem Schläger gegen die Wand, sodass er im hohen Bogen zurückgesegelt kam und wieder in seiner Hand landete.
»Waren Sie damals schon in der Dienststelle E?«
»Ich war schon bei der Kripo. Als es passiert ist, hatte ich gerade einen Einbrecher verhaftet, einen typischen Edendaler Kleinganoven. Ich hörte den Funkspruch, während ich mit ihm im Auto saß. Den Augenblick werde ich wohl nie vergessen.«
»Und das hat Sie nicht vom Polizeidienst abgebracht?«
Er machte ein überraschtes Gesicht. »Natürlich nicht. Im
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