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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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postieren: ihn. Der Rest würde in diskreter Entfernung warten, bereit, den Verdächtigen einzukreisen, sobald er sich blicken ließ. D. D. meinte, zu viele Cops würden den Täter verschrecken. Überwachungskameras wären keine schlechte Idee, aber sie hatten nicht die Zeit gehabt, eine großflächige Observation vorzubereiten.
    Stattdessen verließ sie sich auf das Übliche: Sprengstoffhunde hatten vor drei Stunden nach Bomben auf dem Gelände gesucht, während zwei Dutzend Polizisten den Wald durchkämmt hatten. Die Techniker hatten in aller Eile Sensoren installiert, die Infrarot-Strahlen von Punkt zu Punkt rund um den vereinbarten Treffpunkt sendeten. Sobald einer dieser Strahlen unterbrochen wurde, ertönte ein Signal in der Einsatzzentrale, und man würde D. D. und Bobby über Funk Bescheid geben, dass sich der Verdächtige näherte.
    D. D. war unter ihrer kugelsicheren Weste verdrahtet, hatte einen Transmitter unter der Weste und einen Stöpsel im Ohr. So konnte sie Verbindung mit der Einsatzzentrale halten, die in einem Van auf der anderen Straßenseite neben dem Friedhof untergebracht war.
    D. D. war eine sture, eigensinnige Person mit Tunnelblick, und sie bildete sich ein, sie könnte die Welt mit einem Streich retten. Sie rechnete damit, dass sich der Verdächtige zeigen würde, und hoffte, sie könnte erkennen, ob es Christopher Eola oder Annabelles angeblich toter Vater war. Im Grunde erwartete sie, dass ihr der Täter alles gestehen würde, bis ihn die Sondereinheit überwältigen und in Handschellen abführen konnte.
    D. D. war eine sture, eigensinnige Person mit Tunnelblick …
    Bobby beugte sich vor, justierte das Leupold-Zielfernrohr. Er gab sein Bestes, um den Wind und das Rascheln in den kahlen Bäumen auszublenden.
    Seine Hände zitterten nicht. Dafür war er dankbar.
    Gleich nach den Schüssen, als er Jimmy Gagnons nach hinten zuckenden Kopf gesehen hatte, war er überzeugt gewesen, nie wieder eine Waffe in der Hand halten zu können. Er war nicht einmal sicher, ob er je wieder eine Waffe in die Hand nehmen wollte.
    Bobby war nie ein Waffennarr gewesen. Er hatte zum ersten Mal in der Polizeiakademie einen Schuss abgefeuert. Und während der Ausbildung wurde ihm klar, dass er Talent hatte. Mit etwas Training wurde er ein Meisterschütze, und man überredete ihn, sich der Einheit als Scharfschütze anzuschließen. Das Gewehr sah er als Verlängerung seines Arms an, als Werkzeug, das er meisterhaft beherrschte.
    Drei Tage nach den Schüssen auf Jimmy Gagnon ging er in den Schießstand und schoss mit einer Faustfeuerwaffe. Die erste Runde war verheerend, die zweite gar nicht so schlecht. Er redete sich ein, dass er sein Handwerk nicht verlernt hatte und bald wieder der Alte sein würde. Solange er diese Perspektive im Blick hatte, müsste er zurechtkommen.
    Der Wind frischte auf und brachte einen feuchten Nieselregen mit sich. Die Äste und Zweige der Eiche bewegten sich. Bobby glaubte, ein Winseln zu hören, und musste sich ins Gedächtnis rufen, dass er nicht an Gespenster glaubte – nicht einmal auf dem Gelände eines ehemaligen Irrenhauses.
    Er verfluchte D. D.
    Die Leuchtziffern seiner Uhr zeigten 3:21 an. Noch zwölf Minuten. Er setzte die Nachtsichtbrille richtig auf und lokalisierte seine halsstarrige Freundin.
    D. D. ging vor einer verfallenen Ziegelmauer des alten Verwaltungsgebäudes auf und ab. In ihrer Montur sah sie unförmig aus. Wegen des regnerischen Wetters trug sie eine gelbe Regenjacke über der kugelsicheren Weste. Keine Kappe, die nur ihre Sicht behindert hätte. Kein Schirm, weil sie die Hände frei haben wollte.
    Plötzlich drehte sie sich um, kam in Bobbys Richtung. Er sah den silbernen Anhänger an ihrem Hals blitzen, und für einen Moment hatte er das schwarzweiße Foto von Dori Petracelli vor Augen, die eben dieses Medaillon trug.
    Der Täter spielte mit ihnen. Das Medaillon war ihm vollkommen gleichgültig. Und wenn er ein Mädchen entführen wollte, dann würde er es so oder so tun. Perverse folgten ihren Trieben.
    Aber vielleicht hatte D. D. auch recht. Durch diese Aktion verschaffte sie ihnen Zeit – eine weitere Nacht. Die Anweisungen des Täters waren eindeutig und persönlich an D. D. gerichtet. Offenbar hatte er eine Art einseitiger Bindung zu ihr aufgebaut und wollte die Trophäe eines seiner Opfer am Hals der ermittelnden Polizistin sehen.
    Möglicherweise war er schon in der Nähe, saß in einem Baum oder versteckte sich in dem baufälligen Ziegelgebäude,

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