Kühlfach betreten verboten
nicht.
Jetzt mal unter uns: Ich bin kein Macho, aber Jennymaus war die Falsche, um Dominic im Alleingang die Stirn zu bieten. Dem Oberbullen Gregor hätte ich das zugetraut, aber dem blonden Mäuschen nie im Leben. Da konnte sie noch so entschlossen gucken.
»Hallo, Dominic«, rief sie schon quer über die Straße. »Wie schön, dass ich dich noch antreffe.«
Dominic schlug die Hecktür hinter seinem Pilotenköfferchen zu und drehte sich langsam um. »Sorry, ich bin echt in Eile.«
Er ging langsam zur Fahrertür und wollte einsteigen.
»Bleib stehen, Dominic.«
Er stieg in sein Auto.
Jenny ging schneller, sie erreichte die Fahrertür.
Dominic stieß mit voller Wucht die Tür auf.
Jenny bekam den Holm an die Schläfe und ging zu Boden.
»Autsch«, brüllte Niclas mir ins Ohr.
Ich zuckte zusammen wie ein Patient unter Elektroschock. Heilige Blechschüssel, wo kam der denn plötzlich her? »Alle Welt sucht dich, du Experte. Du musst in die Uniklinik, ihr könnt wieder in eure Körper zurück«, ranzte ich ihn an.
»Oh …«
»Nix oh, Abmarsch!«
Dominic stieg aus und sah sich vorsichtig um, aber offenbar hatte niemand den kleinen Zwischenfall bemerkt. Er packte die bewusstlose Jenny im Rettungsgriff und zog sie in Richtung Garten. Unter den blonden Haaren, die ihr ins Gesicht fielen, sickerte eine dünne Blutspur hervor. Auf halbem Weg zum Gartentor blieb er stehen und schüttelte den Kopf, kehrte um und bugsierte Jenny auf den Beifahrersitz. Er schnallte sie an, stieg ein und startete den Motor.
Der Motor ging wieder aus.
Neben mir erklang ein irres Kichern.
»Geil, was?«
»Lass den Scheiß«, brüllte ich. »Ab in die Klinik!«
Dominic machte den Motor wieder an, Niclas machte ihn wieder aus.
»Ich habe seit Tagen geübt. Ich will nämlich Informationstechnologie studieren.«
Diese Betaversion seiner durchgeknallten Mutti machte nachts noch ins Bett und wusste schon, was er mal studieren will? War die Schulmilch neuerdings mit Hirnflüssigkeit gedopt, oder was?
»Boah, ich bin durch Computer gesurft und habe zweiICEs lahmgelegt und einen Mobilfunksendemast überlastet und in dem blöden Tiermuseum den Alarm ausgelöst und …«
»Schön, du Bill Supergates, aber jetzt ab zur Wiederauferstehung.«
»Aber ich will noch …«
»Schluss jetzt«, brüllte ich. »Kassier die anderen drei ein, die schwirren irgendwo herum und suchen dich, und dann krabbelt ihr endlich wieder in eure bleichen Primelköpfe!«
Dominic hatte inzwischen den Schlüssel abgezogen, geschüttelt und wieder ins Zündschloss gerammt. Was sollte das denn für eine Reparaturtechnik sein?
»Aber du brauchst mich hier«, quengelte Niclas. »Wenn ich dir helfe, können wir die Karre mit der elektronischen Wegfahrsperre lahmlegen.«
»Das kann ich selbst, du Quarkbällchen, also verpiss dich.«
Niclas schmollte und schaltete sich weg. Gut so. Vielleicht wäre damit wenigstens dieses eine Problem gelöst. Jetzt musste ich nur noch Jennys Leben retten. Aber auch dazu brauchte ich mal wieder meinen irdischen Helfer Martin, der bereits zur Bonsai-Rettungs-Aktion eingeteilt war. Hoffentlich war der Mann multitaskingfähig.
Ich stieg so hoch ich konnte und funkte Martin an.
»… Probleme …«, bekam ich undeutlich mit. Das durfte doch nicht wahr sein. Ich warf einen letzten Blick auf Jenny und Dominic, prägte mir das Nummernschild ein und schaltete mich zur Uniklinik.
Martin kam gerade zum Empfang der Intensivstation geeilt. Er blickte sich mit gehetztem Blick um.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Tresenschwester.
»Ich suche Doktor Urdenbach. Ich hatte eben angerufen. Gänsewein.«
»Ach ja. Moment.«
Martin wartete nervös darauf, dass die Stationstür sich öffnete und der zuständige Aufwach-Mediziner antanzte. Endlich kam er.
»Herr Doktor Urdenbach, danke, dass Sie mich anhören. Haben Sie die Kinder schon aufgeweckt?«
Die Herren Doktoren schüttelten sich nicht die Hand.
»Nein. Ich habe zwar nicht verstanden, was Sie mir am Telefon gesagt haben, aber sicherheitshalber haben wir die Phase nicht eingeleitet. Jetzt wüsste ich aber wirklich gern, was Sie mit den Kindern zu tun haben und warum Sie glauben, sich in diese Behandlung einmischen zu müssen.«
Hoppla, der Kerl befand sich in einem Zustand akademischer Entrüstung, wenn ich sein beleidigtes Getexte richtig interpretierte.
»Äh, ja.« Martins Eloquenz ließ mal wieder sehr zu wünschen übrig, sobald er seinen eigenen
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