Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
Vom Netzwerk:
nicht schlecht von ihnen denkt.
    Ob die Ordnung in dieser Bude denselben Grund hatte?
    Ich hatte noch keine Antwort gefunden, als ich hinter der Wand ein Geräusch hörte. Kleine Orientierung: Hinter der Küchenwand musste die andere Dachgeschosswohnungsein. Ich zischte durch die Wand und landete in einer spiegelverkehrt baugleichen Küche, die allerdings anders eingerichtet war. Ganz anders. Als wäre sie aus einer anderen Galaxie anders.
    In dieser Küche gab es keine waagerechte Fläche, auf der nicht etwas lag oder stand und sei es nur eine Scheibe Toastbrot, deren Ränder sich nach oben bogen. Bierflaschen (liegend oder stehend), aufgerissene Packungen Erdnüsse, Sonnenblumenkerne und Pistazien, dreckiges Besteck, halb leere Joghurtbecher, Pizzaschachteln, Alufolie, in der, dem Geruch nach, Döner eingepackt gewesen war. Chipskrümel knirschten unter jedem Schritt, den der Mann machte, während er vom Kühlschrank (grüne, pelzige Käsescheiben lagen neben einer verknautschten Packung Kaffeemehl) zum Tisch ging, eine Bierflasche an der Tischkante öffnete (der Tisch hatte einen Rand wie eine Briefmarke, was mich vermuten ließ, dass er regelmäßig als Flaschenöffner diente) und dann weiter zum Stuhl schlurfte, von dem er einen Haufen feuchter, stinkender Klamotten fegte, bevor er sich rittlings darauf fallen ließ.
    Ich fühlte mich gleich richtig wohl. So hatte es bei mir zu Hause auch immer ausgesehen.
    Der schwarzhaarige, schwarzäugige, leicht verfettete, unrasierte Kerl mit der Flasche im Gesicht telefonierte, wenn er nicht gerade an der Pulle saugte. Leider sprach er türkisch. Und der einzige Übersetzer, der mir hätte helfen können, lungerte in einer Vorlesestunde von Edeltrötchens Mama herum.
    Da mich das türkische Gebrabbel nicht weiterbrachte, checkte ich schnell die anderen Zimmer. Wohnzimmer stilvoll mit Fußbodenmatratze, saubere Kleidung auf Sperrmüllsofa und dreckige Klamotten auf dem Boden, mehrere Kartons mit unsortiertem Plunder, ein paar fleckige Tittenheftchen und weitere nicht ganz restentleerte Fresstüten.Die zwei Dinge, die mein Interesse weckten, befanden sich am anderen Ende des Zimmers: ein Tresor der Marke Zwanzig-Stunden-schweißen-und-immer-noch-zu und ein Flatscreen-Fernseher, dessen Diagonale nah an die Körpergröße des Besitzers heranreichen dürfte.
    Der Kümmelkloß war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit des Lehrerinnenfräuleins Bruder. Aber was, zum heiligen Turbolader, war mit diesem Typen los? Er wohnte bei Mama im Haus, ließ sich aber nicht von ihr die Bude putzen. Er lebte im Müll, besaß aber einen Tresor, der selbst Donald Duck Ehre gemacht hätte. Und er fraß nur Lebensmittel, die in Tüten, nicht in der Erde wuchsen, knabberte diese aber vor dem geilsten Home-Entertainment-Center, das ich je gesehen hatte   – und da sind die Showrooms der einschlägigen Markenhersteller schon mit eingerechnet.
    Der Kerl war ein einziges Rätsel. Und hörte nicht auf, in das Telefon zu sabbeln. Vielleicht bestellte er ja nur Pizza. Vielleicht heulte er sich bei Mama über die Hinterhältigkeit seiner neuen Freundin aus. Vielleicht verhandelte er gerade mit einem Scheich über den angemessenen Preis für seine zuckersüße Schwester.
    Wer wusste das schon? Ich jedenfalls nicht. Und das war eindeutig Kacke.
    Ich verließ die Wohnung genervt, ohne mir noch das Badezimmer anzusehen, denn ich bin zwar nie ein Putzteufel gewesen, aber fremder Leute Fußnägel im Waschbecken oder Sackhaare in der Dusche finde selbst ich eklig. Allerdings hatte ich jetzt ein anderes Problem: Ich hatte nicht den Schimmer einer Ahnung, wie meine Ermittlungen weitergehen sollten.

DREI
    Mittwoch, 14   Uhr 00
    Ich zischte zum Präsidium, um zu sehen, ob Gregor inzwischen die Identität der Leiche geklärt hatte. Zu wissen, wer das Opfer ist, macht eine Ermittlung um Lichtjahre einfacher, denn der Täter ist meist im direkten Umfeld des Opfers zu finden. Wenn man aber nicht weiß, wer das Opfer ist, kann man nicht in dessen Umfeld suchen. Logo. Ich hatte schon ganz schön viel gelernt, seitdem ich Martin und Gregor kannte. Das hätte mir vor einem Jahr einer sagen sollen, dass ich mal wie ein Bulle denken würde.
     
    Und er wusste es. Ich fand Gregor in dem Besprechungsraum, der ihm für die Ermittlung zugeteilt worden war. An der Tür stand LAZY.   Jeder ›Tatort‹-Zuschauer weiß natürlich, dass alle Bullen genetisch bedingt einen extrem schlechten Humor haben, trotzdem konnte

Weitere Kostenlose Bücher