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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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fragte er müde.
    Martin schüttelte den Kopf.
    »Wann ist sie gestorben?«
    »Keine Ahnung.«
    Gregor stöhnte. »Martin!«
    Martin zuckte die Schultern. »Sie wurde nicht am Fundort getötet. Wann sie dort abgelegt wurde, ist unbekannt. Wir kennen nicht die Temperaturbedingungen, unter denen sie dort lag. Befand sie sich in einem beheizten Raum beizwanzig Grad oder draußen bei Bodenfrost? Die Rötung der Bronchialschleimhaut und eine Eitereinlagerung in die Bronchien weist darauf hin, dass sie eine Bronchitis hatte. Wenn diese Infektion mit Fieber einherging, könnten die Leichenerscheinungen schneller als üblich eingetreten sein, denn die höhere Körpertemperatur und die höhere Anzahl von Bakterien bewirken einen Schnellstart, wenn ich das mal so nennen soll. Lag sie aber draußen bei null Grad, kühlte der Körper schnell aus und die Bakterientätigkeit verzögerte sich entsprechend. Du siehst also, solange ich nichts über die Umstände weiß, denen sie nach dem Tode ausgesetzt war, kann ich dir nichts Genaues sagen.«
    Gregor schüttelte den Kopf. »Okay, weiter.«
    »Der erste Stich wurde etwa so ausgeführt.« Martin machte eine Bewegung, als wolle er Gregor in den Magen boxen. »Dieser Stich traf die Leber und die Pfortader. Damit war sie tödlich verletzt, aber noch lange nicht tot.«
    »Das übliche Problem?«, fragte Gregor.
    Martin nickte.
    Für alle, die noch nie jemanden abgestochen haben, hier ein Schnellkurs über Vor- und Nachteile von Stichverletzungen: Der große Vorteil ist, dass es nicht knallt   – so wird lästige Aufmerksamkeit von Nachbarn, Passanten oder Bullen vermieden. Nachteil: Die Manstop-Wirkung ist ziemlich mau. Das ist der Fachausdruck für die Reaktionsfähigkeit des Opfers. Wird es sofort in seiner Handlungsfähigkeit gestoppt (wie zum Beispiel durch die Explosion einer Granate in der Hosentasche), spricht man von einer hohen Manstop-Wirkung. Kämpft das Opfer aber fröhlich weiter, kann von Stopp eben keine Rede sein. Und hier vertun sich die meisten Täter. Der Stichling glaubt, dass das Opfer sofort tot zusammenbricht. Das ist aber meist nicht der Fall. Das angestochene Opfer steht noch doof in der Gegend herum und hat oft gar nicht gepeilt, dass das, was sich im Bauchso unangenehm anfühlt, mehr als ein fetter Fausthieb war. Der Angreifer wiederum ist perplex, braucht ein paar Sekunden, um zu kapieren, dass ein einziger Stich den Gegner nicht kampfunfähig gemacht hat, und denkt sich: Hoppla, da muss ich nachlegen. Dann erst sticht er wild drauflos.
    »Ich bin ziemlich sicher, dass die folgenden Stiche relativ schnell hintereinander kamen«, fuhr Martin fort.
    Na bitte, was sag ich?
    »Das Opfer wurde nach dem Eintritt des Todes seitlich liegend transportiert, die rechte Seite weist die entsprechenden Muster der Leichenflecke und einige Abschürfungen auf.«
    »In einem Kofferraum?«
    »Kann sein. Die Kriminaltechniker können dir das bestimmt genauer sagen.«
    Martin versprach Gregor, den schriftlichen Bericht über die medizinischen Befunde bis zum nächsten Tag fertig zu machen, und wünschte ihm viel Erfolg, als er ging.
     
    Mich interessierte die tote Türkin eigentlich nur in dem Maße, in dem sie mit unserer Lehrerin zu tun hatte. Denn wenn es etwas gibt, das die Polizei erstaunlich gut aufklärt, dann sind es Morde. Von den jährlich ungefähr zweitausenddreihundert Tötungsdelikten, wie Mord und Totschlag im Amtsdeutsch heißen, werden über fünfundneunzig Prozent aufgeklärt. Gregor und Jenny waren also sicher auf einem prima Weg, den Mörder von Martins neuestem Zehenetikettenträgerchen zu finden.
     
    Aber was war mit unserer Lehrerin? Kümmerte sich überhaupt jemand um sie? Vielleicht ein genervter Verkehrspolizist, der eine Frau suchte, die Fahrerflucht begangen hatte? Und wenn sie nun wirklich   – ich konnte es mir nicht vorstellen, aber mal rein theoretisch   – entführt worden war, wieEdi behauptete? Wer suchte sie unter dieser Voraussetzung? Wer bemühte sich darum, ihr Leben zu retten? Niemand. Also blieb mal wieder nur einer übrig, der die Sache in die Hand nehmen konnte: Ich, Pascha, der coolste Detektiv im Zwischenreich. Und jetzt hatte ich sogar noch vier Assistenten. Okay, die Bummelbrut war eigentlich keine Hilfe, sondern eher ein Klotz am Bein, genauer gesagt vier juckende Flöhe in den Sackhaaren, aber gerade in meiner Situation kann man nicht wählerisch sein, sondern muss nehmen, was man kriegen kann. Also wieder ab in die

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