Kühlfach betreten verboten
Glockengasse, während sie sich zum Klo schob. Dort angekommen schloss sie sich in einer Kabine ein, aber anstatt den lächerlich dünnen, lächerlich kurzen, lächerlich engen Textilschlauch über die Schenkel hochzuschieben, stützte sie sich mit einer Hand an der Wand ab, klappte mit der anderen die Plateausohle von ihrer linken Sandale auf und fummelte ein Miniaturhandy aus dem Schuh. Sie wählte die 110, flüsterte: »Ein Mann mit Schussverletzung auf dem Parkplatz des Chilling Chili«, schaltete das Handy aus und versteckte es wieder in ihrem Schuh. Dann stöckelte sie eilig zurück und brauste mit ihrem schwabbeligen Egoshooter auf und davon.
Ich war sprachlos. Was sollte ich von dieser Bond-Girl-Nummer halten? Die Lady hatte ein Handy in der Schuhsohle. Ich kenne mich mit Weiberlatschen nicht aus, aber ich hielt das nicht für die Standardausrüstung. Die Tussi sah aus wie eins von den ganz billigen Häschen und dann machte sie einen auf Schutzengel in Rettungssandalen.
Wie durchgeknallt war das denn?
Akif hatte die Straße fast erreicht, als die Sanis vorfuhren. Sie mussten ihm erst mal eine runterhauen, damit er sich nicht mehr gegen die Behandlung wehrte, und dann wollten sie ihm ein Beruhigungsmittel geben, aber der größere der beiden warf einen Taschenlampenstrahlblick in Akifs Pupillen und sagte: »Der hat genug Betäubungsmittel für einen ganzen Knabenchor, dem gebe ich lieber nichts mehr.«
Sie schnallten ihn auf der Trage fest, schoben ihn in ihre Sanikarre und brachten ihn zur Notaufnahme. Als der diensthabende Weißkittel mit dem Schlachtermesser kam, machte ich mich aus dem Staub, denn ich kann nicht denken, wenn das Blut durch mich durchspritzt.
Zu denken hatte ich allerdings eine ganze Menge.
Der Bruder der Lehrerin war ein Dealer, was seine schimmelige Lebensweise, die Knarren und den Tresor erklärte. Außerdem hatte er Stress mit jemandem, der ihm eine Kugel verpasst hatte. Ob die Schwester mit dem Stress zu tun hatte? Vielleicht hatte sie aber auch vom unsauberen Lebenswandel ihres Bruders Wind bekommen und wollte ihn verpfeifen, und Akif hatte sein eigenes Schwesterchen aus dem Weg geräumt. Aber wer war dann der Typ, der ihm auf die Schliche gekommen war und diesen Schwestermord rächte?
Wenn ich Martin nicht bald dazu bringen konnte, ein paar Fragen zu stellen, wurde ich noch wahnsinnig.
Zunächst machte mich etwas anderes wahnsinnig, denn Birgit war um sechs, als der Wecker klingelte, zwar nochzu neunundneunzig Prozent im Tiefschlaf, aber das eine Prozent verfügbaren Bewusstseins brachte sie dazu, unter Martins Decke zu kriechen und sich an ihn zu kuscheln.
Martin setzte sein allerdämlichstes Glücksgrinsen auf und blieb liegen, obwohl der Wecker nach einer kurzen Ruhepause noch mal klingelte. Und noch mal und noch mal und noch mal. Mir stülpten sich durch das schrille Fiepen die Elektronen um, also machte ich, dass ich aus der Bude kam − um sechs Uhr an einem Novembermorgen mit sehr matschigem Regen oder sehr feuchtem Schnee, das kann jeder für sich nennen, wie er will: Ich nenne es Kackwetter. Da blieb mir eigentlich nur eines übrig: Zeit für meine private Wellnessrunde. Ich klapperte also den Puff in der Seitenstraße ab, wo die Mädels um diese Zeit Feierabend machten, ich ihnen unter der Dusche Gesellschaft leistete und mich gerne mal in den Apfelshampooschaum warf. Danach weiter ins Hallenbad, wo der neue Bademeister nackt vor dem Spiegel posierte, bevor er seinen Dienst aufnahm. Ich hätte mich in die Ecke schmeißen können vor Lachen, wenn der Kerl seine Muskeln spannte wie ein Anabolikajunkie mit Zerstörerbody, obwohl er ein Brüstchen hatte, für das sich jede europäische Mastpute schämen würde. Sein Arsch war auch nicht besser, aber er hatte einen Zipfel, der es mit den besten arabischen Zuchthengsten aufnehmen konnte. Und daran rubbelte er herum, während er sich Heftchen mit bunten Bildern ansah. Die Bilder in den Heftchen waren für mich das einzig Interessante an der ganzen Aktion, denn der Kerl stand auf genau den gleichen Typ Tussi wie ich und gab ein Vermögen für die Hochglanzhupen aus.
SIEBEN
Freitag, 07 Uhr 45
Ich vergewisserte mich, dass die Bonsais nach den Aufregungen der Nacht erschöpft und faul über ihren Krankenbetten hingen, und war beruhigt, als ich sie alle genau so vorfand. Niemand fragte mich, ob wir gemeinsam etwas unternehmen wollten, niemand folgte mir. Edi überlegte wieder, in die Schule zu gehen, aber die Jungs
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