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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Knäuel zusammen und heulten und schluchzten, was das Zeug hielt. Die Jungs gaben sich Mühe, nicht zu heulen, aber oft genug blieb es bei dem Versuch. Als dann die Boten mit den Namenslisten in dieKlassen kamen, um die Zeugen zur Befragung abzuholen, fiel eine Tussi gleich an Ort und Stelle in Ohnmacht, andere zickten rum, als würden sie abgeholt, um den Rest ihres Lebens in einem sibirischen Steinbruch zu verbringen. Aber endlich waren alle bis auf das ohnmächtige Perlhuhn im Musiksaal versammelt, wo sich mehrere Pädagogen und ein Notfallseelsorger um die heulenden Zeugen kümmerten.
    Nach irgendeiner für mich nicht erkennbaren Reihenfolge wurden die Zeugen zu Gregor und Jenny geführt und befragt. Ob Yasemin besonderen Stress gehabt habe, wenn ja, mit wem, ob sie in letzter Zeit anders gewesen sei als sonst, warum sie sich wohl von ihrem Freund getrennt habe, wie das Verhältnis zu ihrem Bruder gewesen sei, und so weiter. Die Antworten fielen unterschiedlich aus. Das Farbwolkenschaf, das Gregor bereits bei seinem ersten Schulbesuch kennengelernt hatte, verkündete, sie habe Yasemin als stark beladen empfunden. Nein, gesprochen habe sie nicht mit ihr darüber, denn Yasemin sei nie sehr zugänglich gewesen. Aber sie hätte diese Schwingungen gespürt.
    »Schwingungen?«, fragten Gregor und Jenny gleichzeitig.
    »Ja. Sie zum Beispiel«, sie blickte Gregor streng über den Rand ihrer halben Brille hinweg an, »bei Ihnen spüre ich Wut und Frust. Und Müdigkeit. Bei der netten jungen Kommissarin«, Blick zu Jenny, »Unsicherheit. Und Yasemin strahlte große Sorge aus.«
    Jenny wurde rot und Gregor verdrehte die Augen.
    »Sie sollten das ernst nehmen, junger Mann«, zischte die Farbwolke ihn an.
    »Das tue ich«, entgegnete er lässig. »Das ist uns allerdings nicht neu. Wir wissen, dass ihr irgendetwas Sorgen bereitete. Wir wissen nur nicht, was.«
    »Tja   …«, schnalzte die wollige Kugel, die zunehmend nach Haustier roch, und verließ den Raum durch die Hintertür.
    Ich wollte mich gerade wegschalten, als ein Mädel auftauchte,das so ganz anders war als alle anderen, die wir bisher befragt hatten. Die Perlhühner an dieser Schule waren nämlich im Normalfall gleich als solche zu erkennen. Sie hatten lange Haare, die Hupen hochgepusht bis unters Kinn, alle mit reichlich Farbe im Gesicht, alle mit Schmuck behängt und besteckt. Alle   – außer diesem Typ, der jetzt reinkam und sich erst, als er den Mund aufmachte, als Tussi herausstellte.
    »Ich bin Amelie Görtz.«
    Ach ja, noch etwas unterschied sie von den anderen Hühnern: Sie heulte nicht.
    »Dein Name ist schon einmal genannt worden   …«, murmelte Gregor. »Du standst in irgendeiner besonderen Beziehung zu Yasemin   …?«
    »Ich hatte fast alle Kurse mit ihr zusammen.«
    »Genau.« Gregor betrachtete das Mädchen erstaunt. »Warum haben wir bisher nicht mit dir gesprochen?«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Du kanntest Yasemin also gut?«
    »Nein.«
    »Aber   …«
    »Kein Mensch kannte Yasemin gut. Außer vielleicht ihr Bruder, die beiden waren wie Pech und Schwefel.«
    »Weißt du, wo Mehmet sein könnte?«
    »Nein.«
    Die Schwalbe war beileibe keine Opernsängerin, und ich konnte sehen, wie Gregor angesichts ihrer einsilbigen Antworten ungeduldig wurde.
    »Was ist mit Zeynep, ihrer besten Freundin?«
    Amelie glotzte Jenny an, die die Frage gestellt hatte. »Freundin?« Sie lachte rau. »Super Gag!«
    Gregor und Jenny beugten sich vor.
    »Schieß los«, sagte Gregor deutlich wacher als noch vor einem Moment.
    Amelie schloss die Augen und überlegte. Während Gregor und Jenny vor Ungeduld auf ihren Stühlen herumzappelten, war die Krabbe die Ruhe selbst. Sie hing lässig auf dem Stuhl, die Hände in den Taschen ihrer Sweatjacke, die Jeans an den Knien zerrissen, die raspelkurzen Haare platinblond gefärbt. Sie trug, außer einem breiten silbernen Ring am linken Daumen, keinen Schmuck. Eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn, dann öffnete sie die Augen.
    »Yasemin und Zeynep gehörten zur gleichen Clique, aber ich glaube nicht, dass sie befreundet waren.«
    »Welche Clique?«, fragte Gregor.
    »Am Anfang waren es Dominic, Mehmet, Zeynep und Mariam.«
    »Mariam und weiter?«, fragte Jenny.
    »Weiß ich nicht. Irgendwas Iranisches oder Albanisches, keine Ahnung. Die ist nicht mehr auf der Schule. Ist abgeschoben worden.«
    Jenny kritzelte etwas auf ihren Block. Das würde sich ja schnell überprüfen lassen.
    »Die vier waren keine Pärchen,

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