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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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einen halbblinden Türken, der die Schüssel zu seinem Schwager nach Anatolien bringen wollte. Ich vermute, dass
     er es nicht mal bis auf die andere Rheinseite geschafft hat, aber da er meinen richtigen Namen nicht kannte, war mir das ziemlich
     egal. Von den vierhundert Peitschen habe ich übrigens Spielschulden beglichen – und Spielschulden, das wissen wir ja, sind
     Ehrenschulden. War also eine ehrbare Sache, das mit Ninas Auto. »Können Sie sich vorstellen, dass sein Tod mit diesem, ähem,
     Autoverkauf in Zusammenhang steht?«, fragte Martin, und ich entwickelte langsam, aber sicher eine tiefe Abneigung gegen Fragen,
     die mit »Können Sie sich vorstellen …« beginnen.
    »Nee«, quetschte Nina an ihrer Zigarette vorbei. »Warum hätte jemand so lange warten sollen? Das ist ja schon Monate her.«
    |52| »Tja, also dann …«, murmelte Martin und stand auf. Von dem Kaffee hatte er nur zwei Schlucke genommen, und er machte keine
     Anstalten, den Becher zu leeren, bevor er ging. »Vielen Dank«, schob er nach, gab Nina kurz die Hand und hastete, den Mantel
     über dem Arm, zur Tür hinaus. Ich musste mich beeilen, um hinterherzukommen.
     
    »Was hat diese hochnotpeinliche Befragung an verwertbaren Informationen gebracht?«, fragte Martin in einem Tonfall, der sich
     nicht zwischen Gereiztheit und Resignation entscheiden konnte, als er endlich in seinem Rollcontainer saß und die Außenwelt
     ausgesperrt hatte.
    »Sie war es nicht«, sagte ich, denn ich hatte beschlossen, ihn nicht sofort mit Kritik zu belasten.
    »Woher weißt du das?«
    »Sie kann nicht lügen. Wenn sie mich gestoßen hätte, dann hätte man ihr das angemerkt.«
    Martin entspannte sich ein wenig.
    »Ich kann so etwas nicht«, sagte er.
    Insgeheim musste ich ihm natürlich recht geben, aber ich brauchte ihn, also schleimte ich ein bisschen rum. »Das war doch
     für den Anfang ganz gut.« Irgendwie war ich in diesem Moment froh, dass ich kein Gesicht mehr hatte, denn diese fette Lüge
     hätte ich nicht mit harmlosem Blick herausbekommen. So gut bin selbst ich nicht.
    »Am besten machst du dir ein paar Notizen«, schlug ich vor, denn ich hatte keine Ahnung, wie es um die Erinnerungsfähigkeit
     einer körperlosen Leiche bestellt sein mochte. Martin nickte.
    »Und dann bringst du mich ins Institut zurück«, schob ich nach. Natürlich hatte ich keinen Bock auf eine langweilige |53| Nacht in Kühlfach vier, aber ich war schlau genug, heute Abend nichts mehr von Martin zu verlangen. Und seine Reaktion gab
     mir recht. Als ihm die Tragweite meiner Bitte so richtig ins Hirn sickerte, beeilte er sich dermaßen, begeistert zu nicken,
     dass ich Sorge hatte, sein Kopf würde vom Hals geschüttelt. Der Mann brauchte dringend eine Pause. Er ließ den Wagen an und
     fuhr zum Institut. Als wir gerade durch die Eingangstür gingen, kam uns ein Mann von drinnen entgegen, und es stellte sich
     heraus, dass der andere Martins bester Kumpel und ein waschechter Kripo-Bulle war.
    »Hallo Gregor, hast du mir neue Arbeit gebracht?«, fragte Martin und schüttelte seinem Gegenüber kraftvoll die Hand.
    »Nein, diesmal ist die neue Kollegin dran«, antwortete Gregor. Er grinste breit und, wie ich fand, ein bisschen anzüglich.
     »Die schöne Katrin.«
    Oha! Bei der Erwähnung dieses Namens vermisste ich schmerzlich meine Schwellkörper, während Martin sich an die peinliche Situation
     in der Teeküche erinnerte.
    »Sie sagte, dass du heute irgendwie durcheinander warst«, sagte Gregor mit einem prüfenden Blick.
    »Na klar«, mischte ich mich ein. »Bei so einer Traumfrau will der Pfeil ins Ziel, da herrscht Durcheinander in der Denkschüssel.«
    Martin gab eine Antwort, die zumindest inhaltlich in eine ähnliche Richtung ging, und Gregor schaute ihn noch prüfender an.
    »
Du
bist empfänglich für Katrins Reize? Das ist mir ja ganz neu«, erwiderte er. »Was ist mit Birgit?«
    »Birgit?«, echote ich.
    |54| »Ja, ähem, natürlich bin ich eigentlich nicht so für Katrins Reize, sondern für Birgit, also du weißt schon.«
    Martins Eloquenz (ein Wort, das er mir beigebracht hat) ließ momentan leider sehr zu wünschen übrig. Gregors Blick wurde immer
     skeptischer.
    »Sag mal«, begann Martin, »gibt es eigentlich noch Untersuchungen im Todesfall an der Baustellenüberführung? Bei dem Mann,
     der da runtergestürzt ist?«
    Gregor schüttelte den Kopf. »Keine Fremdeinwirkung nachweisbar. Warum fragst du? Ist der Obduktionsbericht nicht vollständig?
     Habt

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