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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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es ab und ging mit schleppenden Schritten den Bürgersteig entlang.
     Die Tür eines geparkten Autos wurde aufgestoßen, Martin machte einen erschreckten Satz zur Seite, entspannte sich dann aber
     etwas, als er die Person erkannte, die aus dem Auto stieg.
    »Birgit! Was machst du denn hier?«
    Sie strahlte ihn an, ich glotzte nur. Ihre naturblonden Haare fielen lang und glatt und glänzend über den Fellkragen einer
     orangefarbenen Winterjacke, die leider den |75| Oberkörper unter einem unförmigen Daunenhaufen versteckte. Die Beine steckten in einer schwarzen Nadelstreifenhose, die auf
     ebenfalls schwarze High Heels traf. Wenn die Jacke nicht zur Vertuschung einer monströsen Verwachsung diente, musste diese
     Frau insgesamt recht stramm sein. Nicht ganz so heiß wie Kollegin Katrin, aber immerhin. Wie hatte Martin dieses Geschoss
     aufgerissen? »Ich wollte dir mein neues Auto zeigen«, rief sie übermütig, umarmte Martin kurz, hüpfte dann wieder über den
     Bürgersteig und öffnete ihm die Beifahrertür. »Steig ein.«
    Martin seufzte leise, hockte sich aber artig auf den Ledersitz.
    »Was hast du mit deinem alten Polo gemacht?«, fragte er.
    Echt krass, wie unglaublich falsch diese Frage zu diesem Zeitpunkt war. Wenn man ein neues Auto vorgestellt bekommt, dann
     fragt man, wie viel Power das Ding unter der Haube hat, ob die Schüssel tiefergelegt ist, wie viel Watt die Anlage bringt
     und ob die auf dem Tacho angezeigte Höchstgeschwindigkeit stimmt. Da fragt man doch nicht, wo der Alte geblieben ist. Und
     dann auch noch ein Polo! Gibt es etwas Gleichgültigeres im Leben als der Verbleib eines alten Polos?
    »Den habe ich verkauft«, murmelte Birgit. »So einen wollte ich schon immer haben.«
    »Aha«, war alles, was Martin dazu beizutragen hatte. Ich vermute, dass er noch nicht einmal geschnallt hatte, was »so einer«
     tatsächlich war. Ein BMW 3er Cabrio von Anfang der Achtzigerjahre, tipptopp gepflegt, außen grau, innen rotes Leder. Ja, rot!
     Eine echt geile Schlampenschaukel |76| . Martin saß in dem weichen Leder wie ein Ölgötze, starrte vor sich hin, bemühte sich um ein Lächeln und nickte endlich.
    »Schön«, sagte er.
    »Martin!«, rief ich. »Das Ding ist nicht ›schön‹, das ist raketenscharf.«
    »Raketenscharf«, plapperte Martin nach.
    Birgits Grinsen wurde breiter. »Findest du?«
    So musste man mit Weibern reden!
    »Ja«, sagte Martin. Er benahm sich, als hätte er eine ganze Schachtel Psychopharmaka geschluckt.
    »Das freut mich«, jauchzte Birgit. »Sollen wir eine kleine Spritztour machen?«
    Martin schüttelte den Kopf. »Sei mir bitte nicht böse, aber mir ist heute nicht so gut. Ich habe Kopfweh.«
    Ach Gottchen, der liebe Martin war unpässlich!
    »Dann ein anderes Mal«, lenkte Birgit ein.
    Es entstand eine kleine Pause.
    »Kommst du noch mit hoch?«, fragte Martin.
    Ich war begeistert. Das war natürlich noch besser. Statt Adrenalin im Auto gleich Testosteron in der Turtelbude. Ich empfand
     gespannte Vorfreude, hielt aber die Klappe.
    »Gern.«
    Wir verließen das Auto, stiegen in den zweiten Stock und betraten Martins Wohnung. Birgit kannte sich offenbar aus, Martin
     verschwand in der Küche.
    »Möchtest du einen Tee?«, rief er.
    »Gern.«
    Wo war ich hier gelandet? Tee trank man, wenn man krank war. Ich meine wirklich krank. Richtig leidend. Mit Kotzen und Durchfall
     und all so Zeug. Dann half erst mal |77| Cola, das weiß ja jeder. Aber wenn die Cholera oder was immer so eine Schweinerei verursacht, länger anhält, dann trinkt man
     Tee. Mit Todesverachtung und sicherlich nicht gemeinsam mit der Tussi auf der Couch, bevor es zur Sache geht. Aber bitte,
     ich lernte hier eine ganz neue Welt kennen. Ein Paralleluniversum. Ich war gespannt, wie es weiterging. Martin braute seinen
     Tee aus losen Blättern, die er umständlich abmessen, in einen umweltfreundlichen Dauerteefilter füllen und nachher im Biomülleimer
     entsorgen musste. Ich fragte mich, wofür die Menschheit eigentlich die Teebeutel erfunden hatte?
    Ich ließ Martin in der Küche zurück und begab mich zu Birgit ins Wohnzimmer. Als ich das Zimmer betrat, erschrak ich auf das
     Heftigste. Gut, ich hatte nicht erwartet, dass Martin seine Wohnzimmerwände mit Tittenkalendern vollhängt, aber was ich hier
     vorfand, schockierte mich doch sehr. Überall hingen Stadtpläne. Ja, das hatten wir schon mal, erinnern Sie sich? Kollege Jochen
     und der Stadtplan? Hier fand die Sache also ihre Auflösung: Martin

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