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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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wird das nix, weil du nicht mit uns kommen willst. Wir wollen dir helfen«, säuselte der Wortführer.
    Mir wurde fast übel. Wenn solche Typen in so einem Ton sagen: »Wir wollen dir helfen, Mann«, dann sollte man wirklich schnell
     das Weite suchen. Die Hilfe ist meist nicht von der Art, die man sich selbst wünschen würde. Oder fänden Sie festes Schlagen
     auf beide Ohren gleichzeitig sehr hilfreich? Es soll gelegentlich dazu dienen, »die schlechten Gedanken aus dem Hirn zu treiben«,
     aber meist treibt es nur eins, nämlich ein Loch ins Trommelfell.
    »Danke, aber ich möchte nicht unangemeldet irgendwo |122| hereinplatzen«, sagte Martin, machte zwei Schritte zur Seite und ging auf seinen schlotternden Beinen an den Jungs vorbei.
     »Die Zeichnung dürfen Sie behalten, wenn Sie möchten.«
    Wir gingen weiter, und ich sah mich noch mal um. Die Jugendlichen hatten die Zeichnung zu einem kleinen Ball zusammengeknüllt
     und spielten ihn mit den offenen Handflächen hin und her. Einer sagte etwas in einer Sprache, die ich nicht verstand, und
     der Rest lachte laut und dreckig. Immerhin schienen sie keinen weiteren Streit vom Zaun brechen zu wollen. Ich war erleichtert
     und berichtete Martin von meinen Beobachtungen. Auch er atmete die Luft, die er bei dem fiesen Gelächter erschreckt angehalten
     hatte, langsam wieder aus.
    Er fand erstaunlich schnell die Sprache wieder, und ich bekam mal wieder mein Fett weg.
    »Ich verspüre wirklich keine ausgeprägte Lust, mich wiederholt von Subjekten schräg anmachen zu lassen, denen das Testosteron
     jede Gehirnwindung überflutet.«
    Was in einfachen Worten bedeutete: Er hatte Schiss vor den Kraftprotzen. Recht hatte er.
    »Ich bin sicher, dass die Kripo mit ihren eigenen Mitteln früher oder später den Namen und den Aufenthaltsort der Frau herausfindet
     und dann weiter ermitteln kann«, maulte er vor sich hin. Sein blinder Glaube an die Fähigkeiten der Kriminalpolizei ehrte
     ihn natürlich, zeigte aber auch, wie wenig Ahnung er eigentlich hatte. Denn nicht die Kripo entscheidet, ob sie eine solche
     Information bekommt, sondern die Leute von der Straße. Und was die Kooperationsbereitschaft von Dumpfbacken wie den gerade
     erwähnten Testosteron-Junkies betrifft, hätte Martin eigentlich inzwischen |123| auf dem Laufenden sein müssen. Aber er zeigte wenig Einsicht.
    »Irgendjemanden gibt es immer, der eine hilfreiche Information herausrückt«, sagte Martin. Inzwischen klang er trotzig wie
     ein Rotzgör, das jeden Satz mit »ich will aber« anfängt.
    »Und wann soll das sein?«, fragte ich ihn. »Im nächsten Jahrtausend? Wenn die grünen Männchen hier landen? Bis dahin sitzen
     die Würmer satt und rülpsend auf meinen Knochen und keine Sau interessiert sich dafür, dass die Schlampe, die dein Computer
     weichgezeichnet hat, vielleicht der Grund dafür war, dass ein kleiner Autoknacker von der Brücke geschubst worden ist.«
    Das Wort »Schlampe« hätte ich nicht sagen sollen. War mir halt so rausgerutscht, in unserer Sprache bedeutet es auch nichts
     Negatives. Es steht halt für Frau. Aber das wusste Martin nicht, er sprach ja nur sein gestelztes Akademikerdeutsch, deshalb
     hatte ich jetzt ein richtiges Problem. Ich merkte es sofort, noch in der Millisekunde, in der ich es sagte. Martin mauerte.
     Und nicht nur das, er drehte sich um und ging zurück. Keine gute Idee.
    »Martin, tut mir leid, das wollte ich nicht sagen, ich hab’s nicht so gemeint, in meinen Kreisen sagt man einfach Schlampe
     und meint es nicht böse, aber bitte geh nicht wieder an den großen Jungs vorbei.«
    Er schien mich gar nicht zu hören, dafür schienen sie ihn aber zu sehen. Einer jedenfalls. Der richtete sich auf und beobachtete,
     wie sich der kleine Pummel im Wollmäntelchen den großen Jungs in ihren T-Shirts näherte.
    »Martin, wach auf und dreh um!«, rief ich. »Lass uns nochmal darüber reden, ich entschuldige mich auch noch |124| hundert Mal, kein Problem, aber jetzt dreh um und hau ab, bevor die Schläger da vorn sich überlegen, dass du ihnen mit deiner
     Neugier doch viel mehr auf den Sack gegangen bist, als sie dir bisher gezeigt haben.«
    Er tat so, als ob er mich gar nicht hörte.
    »Verdammte Hacke, Martin, die schlagen dir die Nase so platt, dass nur noch die dünne Luft aus über zweitausend Metern Höhe
     da durchpasst.«
    Keine Reaktion, dabei hatte ich mir extra Mühe gegeben, meiner Warnung eine wissenschaftliche Note zu geben.
    »Außerdem wirst du

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