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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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verschwinden solltest«, entgegnete der Türsteher in einem Tonfall, der gar nicht
     unfreundlich klang.
    |130| »Okay, die Nacht ist gelaufen«, sagte ich.
    »Vielen Dank auch«, sagte Martin und drehte sich um. Den Zettel mit der Zeichnung, den der Türsteher zwar ausgiebig betrachtet,
     aber nicht angefasst hatte, steckte er in die Tasche seines Dufflecoats, während er die dunkle Gasse entlang in Richtung Auto
     schlich.
    »Egal, was er weiß, er hätte es auch in hundert Jahren nicht gesagt«, versuchte ich ihn zu trösten. So wie er nachts um halb
     zwei hier entlangtrottete, konnte man richtig Mitleid mit ihm haben.
    »Hm«, brummelte er.
    Ich glaube, er war einfach fix und fertig.
    Sein Auto war nicht weiter beschädigt worden, was mich nicht wunderte, denn eine Ente genießt im Normalfall eine Art amüsierte
     Zuneigung, egal in welchen Kreisen.
    Martin fuhr so vorsichtig, dass er zu allem Übel noch in eine Polizeikontrolle kam. Auf die Frage, ob er Alkohol getrunken
     habe, sagte er »nein«, auf die Frage, wo er denn herkäme und was er den ganzen Abend und die halbe Nacht gemacht habe, erklärte
     er, er habe seine Freundin gesucht. Ob sie vermisst würde. Nein. Aha. Sie sei mit einem Typen durchgebrannt, erklärte Martin.
     Diese Aussage in Verbindung mit den dunklen Ringen unter gequält blickenden Augen erlöste ihn, man wünschte freundlich gute
     Fahrt und viel Glück mit der Freundin. Martin entwickelte sich langsam, aber sicher zu einem geübten Lügner. Aber mein Lob
     konnte ihm heute nicht mal mehr ein Grunzen entlocken.
    Zu Hause fiel er komplett angezogen ins Bett und schlief sofort ein. Na super! Jetzt konnte ich mir mal ganz in Ruhe seine
     Stadtplansammlung ansehen. Davon hatte ich |131| ja immer schon geträumt. Ich warf einen Blick auf den Fernseher, stellte fest, dass der ordentliche Martin den Apparat nicht
     auf Stand-by eingeschaltet ließ, weil das ja zu viel Strom verbrauchte, und wartete schlecht gelaunt auf den Morgen.
    Der begann ziemlich früh, nämlich mit der um sieben Uhr morgens aufs Heftigste betätigten Türklingel. Das Schrillen ging mir
     auf die Eier, denn es dauerte geschlagene drei Minuten, bis Martin aus dem Schlafzimmer erschien. Er sah aus wie aufgefressen,
     halb verdaut und ausgekotzt. Es war Gregor, Martins Freund bei der Kripo. Um sieben Uhr morgens. Jetzt raten Sie mal, ob er
     in seiner Eigenschaft als Freund oder als Kripomann kam. Genau, er war die Kripo.
    »Hast wenig Schlaf gehabt, letzte Nacht, was?«, begrüßte er Martin und ging gleich durch in die Küche. »Kaffee?«
    Martin brummelte irgendetwas Unverständliches und verschwand im Bad. Gregor hantierte in der Küche herum. Ich entschloss mich
     für die Küche. Leute morgens im Bad zu beobachten ist nicht so mein Ding. Außerdem wollte ich wissen, was Gregor so früh am
     Morgen hierher trieb. Gregor fand eine Dose mit Kaffeebohnen, griff nach der Kaffeemühle und begann, die Kurbel zu drehen.
     Von Hand. Haben Sie so was schon mal gesehen? Er tat es auch ohne jegliche Begeisterung, aber da er sich in der Wohnung seines
     Freundes gut auskannte, wusste er offenbar um die Vergeblichkeit einer Suche nach Instantkaffee. Wer normalerweise Tee aus
     feinsten Schälchen schlürft, macht eben auch aus dem Kaffeesaufen eine zivilisatorische Umstandszeremonie. Gregor mühte sich
     also mit der Zubereitung eines gepflegten Kaffees und hatte die Brühe gerade fertig, als |132| Martin frisch geduscht, aber noch lange nicht in Topform die Küche betrat. Er nahm den Becher, den Gregor ihm gab, mit gemurmeltem
     Dank entgegen. Dann ließ er sich völlig entkräftet auf einen der beiden Hocker sinken, die halb unter dem Tisch von der Größe
     eines ordentlichen Herrentaschentuchs standen.
    »So eine nächtliche Ermittlung ist ziemlich anstrengend, nicht wahr?«, fragte Gregor.
    Martin nickte, den Blick starr auf den Kaffee gerichtet, den Gregor mit etwas frischer Milch und einem halben Löffel Zucker
     für ihn hergerichtet hatte. Mann, so viel Mütterlichkeit hätte ich dem grobschlächtigen Kriminalisten nicht zugetraut, ehrlich.
     Aber offenbar spielte er hier guter Bulle/böser Bulle in einer Person. Der Gute hatte den Kaffee gemacht, der Böse machte
     mit seiner Befragung weiter.
    »Besonders anstrengend ist es, wenn man sich in den dunkelsten Ecken der Stadt herumdrückt und sich zwischendurch auch noch
     ständig umsehen muss, oder?«
    Martin nickte wieder.
    »Siehst du, deshalb gehen die Polizisten immer

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