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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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mir unbekannten Sprache. Ich achtete nicht sehr auf
     sie, war aber der Meinung, den einen oder anderen schon mal gesehen zu haben. Besonders den Großen. Aber das war jetzt egal.
     Ich jagte zurück zu Martin, berichtete von meiner Entdeckung und machte mich mit ihm auf den Weg zum Büro.
    Martin und ich hatten die Vorgehensweise besprochen, deshalb musste ich im Moment nichts anderes tun als beobachten.
    »Sie sind Olli?«, sagte Martin zur Begrüßung. Die Hände ließ er in den Taschen stecken.
    Allein über diesen Punkt des Plans hatten wir zehn Minuten gefeilscht. Ich hatte ihm erklärt, dass er cool sein muss. Er muss
     sofort klarmachen, dass er nicht nur seinen Namen, der ja an der Bürotür steht, sondern sogar seinen Spitznamen, nämlich Olli,
     kennt, und er darf gar nicht erst den Versuch machen, verbindlich zu sein. Also kein Händeschütteln. Mit diesem Verhalten
     weiß Olli dann sofort, dass Martin kein ganz normaler Gebrauchtwageninteressent ist.
    Martin hingegen wollte weder unhöflich noch provozierend |165| sein. Er rieb sich die bunte Wange und erklärte, dass er wirklich überhaupt gar keine Lust hätte, irgendjemanden zu provozieren.
     Verständlich, aber kacke. Für unseren Plan musste er coole Selbstsicherheit ausstrahlen. Ja, Martin! Sie sehen schon, wir
     betraten verdammt dünnes Eis. Aber was tut man nicht alles, damit die Liebste mit dem Flennen aufhört.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Olli zurück.
    Ich hatte bemerkt, dass die Wachsamkeit in den Augen, die zwischen den fetten Wangen und den fetten Augenlidern fast verschwanden,
     eingeschaltet wurde.
    »Ich suche ein Auto«, sagte Martin.
    »Genaue Vorstellung?«, fragte Olli. Ganze Sätze sind nicht so sein Ding.
    »Sehr genaue«, sagte Martin. »Ein BMW 3er Cabrio von Anfang der Achtzigerjahre, tipptopp gepflegt, außen grau, innen rotes
     Leder.«
    Olli schwabbelte an ein paar Stellen, was heißen konnte, dass er lachte oder dass er in absehbarer Zeit explodieren würde.
    »Schwer zu kriegen«, sagte Olli.
    »Nein«, sagte Martin. »Schwer zu halten.«
    Diesen Wortlaut hatten wir eins zu eins geübt, denn wenn Olli Hirnschmalz und Worte sparen kann, dann tut er beides, und daher
     sind seine Standardsprüche vorhersehbar. Allerdings sollte man nicht meinen, dass er keinen Hirnschmalz hätte. Olli ist clever,
     deswegen ist er ja der dickste Fisch im Teich der Autoschieber. Er wusste, dass Martin wusste, dass dieses Cabrio geklaut
     worden war. Wir wussten sogar, dass es hinten in seiner Halle stand. Er wusste aber noch nicht, dass wir das wussten, und
     wir |166| durften es ihm auch nicht in schnöden Worten an den Kopf werfen, denn das wäre eine Provokation. Aber bei Olli musste man
     auch nicht Klartext reden, bei ihm musste man nur die richtige Saite anschlagen und diese Saite, die kannte ich. Nicht umsonst
     hatte ich jahrelang für Olli gearbeitet. Ich kannte Olli so gut, wie ein kleiner Autodieb mit goldenen Händen seinen Auftraggeber
     kennen kann.
    Gleich würde sich zeigen, ob das gut genug war.
    Olli schwieg und glotzte Martin an, Martin schwieg und glotzte Olli an.
    »Wie viel wollen Sie denn anlegen?«, fragte Olli. Auch Standard.
    »Ich schlage Ihnen ein Glücksspiel vor«, sagte Martin ohne rechte Überzeugung.
    Olli schwabbelte wieder, ich hoffte, dass er lachte. »Ein Glücksspiel? Dann lass mal hören«, sagte er.
    Martin schluckte. »Meine Freundin Birgit hat mal so ein Auto gehabt«, begann er mit zitternder Stimme. »Sie hat ein paar Jahre
     gespart, bis sie es sich leisten konnte, aber sie ist völlig verrückt nach Autos und irgendwann musste es eben dieses sein.«
    Ollis Augen verschwanden fast völlig hinter den Fettwülsten, die sich von oben und von unten darüberstülpten.
    »Nach wenigen Tagen verschwand der Wagen«, fuhr Martin fort. Wir hatten uns darauf geeinigt, das Wort »Diebstahl« in sämtlichen
     Varianten vollkommen zu vermeiden.
    »Sie heulte wie ein Schlosshund, und zwar aus zwei Gründen: Erstens hat sie dieses Auto geliebt, und zweitens war es noch
     nicht versichert.«
    Olli beugte sich nach vorn, soweit das bei seiner galaktischen |167| Leibesfülle überhaupt möglich war. »Nicht versichert?«, fragte er. In seinem linken Auge erschien ein kleiner Lichtreflex.
     Wir waren auf der richtigen Spur!
    Martin schüttelte den Kopf.
    »Und was ist mit dir?«, fragte Olli.
    Martin zuckte die Schultern. »Mir sind Autos egal, aber ich liebe meine Freundin.«
    Jetzt! Gleich muss es

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