Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Arbeit, dass du dich nicht auf den Film konzentrieren kannst?«, fragte sie Martin verständnisvoll.
Ihr blondes Haar war durch die viele Sonne noch blonder geworden. Die gebräunte Haut und die blauen Augen passten wunderbar
dazu, und auch Birgits sonstiges Erscheinungsbild ließ an keiner Stelle etwas zuwünschen übrig. Ach, wäre doch immer Sommer, wo die Weiber sich dünne Fummelchen überwerfen, unter denen ich locker eine Runde
um den Nabel ziehen kann.
»Na ja, wir hatten da heute einen Zwischenfall«, begann Martin, und dann sabbelte er Birgit mit der verschwundenen Leiche
voll. Birgit arbeitet in einer Bank und sie ist nicht nur eine süße Schnecke, sondern auch noch gigaclever. Weshalb ich auch
nie so richtig geriffelt habe, was sie an dem verklemmten Peinologen Martin findet. Aber versteh einer die Weiber. Jedenfalls
hört sie sich mit einer Engelsgeduld seine Geschichten aus der Rechtsmedizin an.
»Birgit ist kalt«, unterbrach ich ihn irgendwann. Er stockte mitten im Satz. Wurde rot. Zog seinen Pullover aus und reichte
ihn Birgit, die ihn erstaunt ansah.
»Was ist denn?«
»Dir ist kalt.«
»Nein, mir ist nicht …«
»Das kann ich doch sehen.« Martin sah ihr bedeutungsvoll auf die Hupen.
Birgit grinste ihn an. »Und wenn es nicht an der Temperatur läge?«
Martin wurde noch röter.
Birgit warf fünfzehn Euro auf den Tisch, stand auf, packte Martins Hand und zog ihn mit sich. Ich seufzte und blieb hier,
wo die halbe Stadt sich zu amüsieren schien. An meinem Geburtstag. Ohne mich.
Martin muss nachts häufig aufs Klo. Meist eineinhalb Stunden nach dem Einschlafen. Er hält das für normal. Ist es vielleicht
auch, wenn man vor dem Pennen einen Liter Schlaftee inhaliert. Da ich ihn unter seinem Elektrosmogschutznetz sowieso nicht
wecken konnte, erwartete ich ihn einfach im Badezimmer, um mein Anliegen loszuwerden.
»Na los, jetzt gehen wir zwei meinen Geburtstag feiern – so unter Männern«, sagte ich.
Martin zuckte zusammen. Macht bei ihm aber nichts, weil er im Sitzen pinkelt. Da geht kein Tröpfchen daneben.
»Ich schlafe«, sagte er.
»Falsch«, sagte ich. »Du redest mit mir. Und jetzt gehst du mit mir einen trinken.«
»Es ist mitten in der Nacht«, sagte Martin.
»Vorher wolltest du ja nicht.«
»Aber Birgit …«
»Die darf weiterschlafen.«
»Aber ich muss auch morgen ganz früh …«
»Du hättest den Abend mit mir verbringen können, dann dürftest du jetzt pennen.«
Martin dachte kurz darüber nach, dass er nur schnell wieder unter sein Schutznetz kommen müsse, dann könnte ich ihm nichts
anhaben. Aber er musste sich selbst eingestehen, dass er dazu viel zu langsam sein würde. Ich würde blitzschnell mit ihm unter
seine Wellengardine düsen, und dann könnte ich dort nicht mehr weg, also hätte er mich die ganze Nacht an der Backe.
»Genau«, sagte ich.
Martin seufzte, ging ins Schlafzimmer, zog sich an, flüsterte Birgit zu, er müsse weg, sie flüsterte, dass sie sein Telefon
gar nicht gehört habe, er flüsterte, dass sie fest geschlafen habe und das auch weiter tun solle, und dann gingen wir zwei
Kumpels zur Kneipe um die Ecke. Die Straßen waren noch voll, es war viel zu heiß zum Schlafen, und die Leute blieben einfach
draußen, weil sie es in ihren Wohnungen nicht aushielten. Martin war einer der Wenigen, die sich mit ihrem Getränk nicht draußen
vor die Tür stellen wollten. Er setzte sich auf einen Barhocker und bestellte ein Wasser.
»Ein Bier«, sagte ich streng.
»Ich mag kein …«
»Ich bin nicht hier, um Blumen zu gießen oder Socken zu waschen. Ich will meinen Geburtstag feiern. Bestell dir gefälligst
ein Bier.«
Martin gehorchte. Dann bestellte er eine Kerze.
»Eine was?«, fragte die Bedienung. Sie trug ein Top, das die Tattoos um den Bauchnabel freiließ. Eine Sonne, deren Mittelpunkt
der Nabel war, und ein paar Sternchen drumherum. Martin gab sich Mühe, nicht hinzusehen. Ich nicht. Dafür musste er ihr auf
die Blechpickel im Gesicht schauen. Ich konnte diese dämlichen Piercings noch nie leiden.
»Eine Kerze. Mein Freund hat Geburtstag.«
Sie nickte. »Klar. Und wo ist dein Freund?« Sie stellteein Teelicht in einem bunten Glas vor Martin auf die Theke.
»In Gedanken ist er bei mir und ich bei ihm«, murmelte Martin mit Grabesstimme.
»Hey, du Poet, prima Idee«, sagte ich und versuchte, die Kerze auszublasen. Geht natürlich nicht.
Mit Ekel im Blick und Todesverachtung leerte
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