Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
etwas,
kann sie ja aber nicht darauf aufmerksam machen. Daher begleitete ich Katrin eine Zeit lang, beobachtete, wie sie alle möglichen
Kleinteile einsammelte, wie sie durchs Gestrüpp kroch, sich Zweige in ihren Haaren verfingen, undwie sie und die Bullen mit offenen Augen nur einen Meter neben einer halben Hand vorbeilatschten, ohne diese zu sehen. Frustriert
gab ich es bald auf und flog zurück zu Martin, in der Hoffnung, dass er seinen öden Bericht endlich beendet hatte. Und ich
hatte Glück. Endlich einmal.
Birgit stand in seinem Büro. Sie hatte die Haare zu einem strengen Knoten aufgesteckt und ein dunkles Kostüm an, das aus der
netten Birgitmaus eine öde Banktante machte. Ihr Lachen allerdings war wie immer und ihre Augen strahlten. Sie hatte mehrere
ausgedruckte DIN-A 4-Blätter vor Martin hingelegt und deutete gerade auf eins davon.
»Was meinst du, die hier sieht doch ganz gut aus, oder?«
Martin nahm das Papier zur Hand und studierte es ausgiebig. Ich auch. Es war ein Wohnungsangebot.
»Ihr wollt zusammenziehen?«, fragte ich Martin. »Hey, das ist super. Dann sind wir endlich eine richtige WG. Nur wir zwei ist ja auf Dauer echt öde.« Zumal, wenn einer von uns zweien so eine Spaßbremse ist, dachte ich – sagte es aber
nicht.
Martin ließ das Blatt fallen und griff sich an die Schläfen. »Es ist eine Wohnung für zwei Personen«, dachte er.
»Ich brauche weder ein Bett noch Platz auf der Badezimmerablage«, erwiderte ich.
Birgit sah Martin erstaunt an. »Gefällt sie dir nicht?«, fragte sie.
»Doch«, entgegnete er. »Es ist nur, äh, vielleicht sollten wir …«
Der Gedanke, dass er erst noch das Problem mit der Geisterabwehr lösen musste, ploppte in seinem Hirn auf.
»Gefällt dir diese hier besser? Die ist auch näher an deiner jetzigen Wohnung. Wenn du lieber in der Gegend bleiben möchtest …«
Birgit hielt ihm den nächsten Zettel hin und Martin schaute wieder nur kurz drauf.
»Ich denke, ich müsste mal sehen …«, begann Martin und ergänzte in Gedanken, »… wie ich die Wohnung strahlungssicher machen kann.«
Diese Gedanken brachten mich schneller von meiner guten Laune runter, als ein Kolbenfresser die Geschwindigkeit bremst. »Hast
du ’ne mentale Fehlzündung? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du die ganze Wohnung mit deinen komischen Elektrosmognetzen
vollhängen kannst?«, fragte ich. »Was machst du an den Fenstern? Und an der Eingangstür? Überall Ritze, durch die ich doch
noch durchkomme. Was soll das überhaupt kosten? Und wie willst du Birgit diesen Scheiß erklären?«
»Ja, ansehen ist eine gute Idee. Soll ich mit dem Vermieter einen Termin machen?«, fragte Birgit.
Martin nickte kraftlos.
»Ich sehe schon, du steckst tief in deiner Arbeit. Ich lass dich also lieber weitermachen. Bis heute Abend.« Birgit gab Martin
einen zärtlichen Kuss, nahm alle Mietangebote an sich und verließ fröhlich vor sich hin summend das Büro. Was fand dieser
Sonnenschein nur an Martin, diesen ewigen Problemiker?
»Ich bin kein Problemiker«, meldete er sich sofort zu Wort. »Aber ich will nicht, dass du bei uns mit einziehst. Ich will
nicht, dass du Birgits Privatsphäre verletzt.«
»Das merkt sie doch gar nicht«, sagte ich.
Martin stöhnte nur.
Endlich kam Katrin wieder. Sie hatte Kratzer vom Brombeergestrüpp an den Armen, war verschwitzt und hatte im Nacken einen
Dreckfleck. Vermutlich hatte sie sich den Schweiß abgewischt und eben beim Waschen die Stelle nicht erwischt. Die Arme jedenfalls
hatte sie bis zu denEllbogen geschrubbt, die Haut war noch ganz gerötet. An manchen Fundorten wünschen sich die Rechtsmediziner Handschuhe, die
bis über die Ellbogen gehen. Gibt’s aber nicht. Ist vielleicht eine Marktlücke.
»Das stimmt«, dachte Martin überrascht. »Manchmal hätte man wirklich gern …«
»Mannomann ist das eine Hitze«, stöhnte Katrin. »Und dann noch kilometerweit auf einem Bahndamm in der prallen Sonne entlanglaufen
und nach Fleischstückchen suchen. Ich bin total fertig.«
Martin brachte ihr sofort ein Erfrischungstuch (so etwas hat er immer in der Schreibtischschublade) und ein großes Glas kalten
Pfefferminztee. Den bringt er sich jetzt immer mit ins Büro, weil Pfefferminze kühlt. Sagt er.
Bevor Katrin den Tee trinken oder das Erfrischungstuch auspacken konnte, klingelte ihr Telefon.
»Zang?«
Pause.
»Entschuldigung. Ich dachte, der Anruf sei intern … Ja, hier ist das
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