Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Rechtsmedizinische Institut, mein Name ist Zang.«
Pause.
»Sie wollen ein Kühlfach mieten? Nun, äh, dafür bin ich nicht …«
Zuständig, hatte sie vermutlich sagen wollen, aber der Anrufer, den ich jetzt hören konnte, weil ich zwischen Hörer und Ohr
ein nettes Plätzchen gefunden hatte, sagte:
»Aber Ihr Name wurde mir von der Direktionsassistentin genannt. Frau, äh, Blaustein hieß die Dame. Die sagte, dass Sie das
mit der Kühlfachvergabe machen.«
Katrin schloss die Augen und legte die freie Hand auf die Stirn. »Das muss ein Irrtum sein. Ich habe mit Verwaltungsdingen
überhaupt nichts zu tun. Ich bin Ärztin.«
»Tja, also dann, äh, weiß ich auch nicht.«
»Moment, ich verbinde Sie noch mal mit dem Direktionsvorzimmer«, sagte Katrin. Das letzte Wort sprach sie aus, als sei es
eine neuartige Erkrankung oder eine Kreuzung zwischen biblischer Heuschrecke und südamerikanischem Riesenblutegel.
Martin beobachtete sie mit gerunzelter Stirn.
Katrin drückte den Knopf für die Weitervermittlung des Gesprächs und fluchte. »Bin ich denn hier Karl Arsch für alles? Macht
das Sparschwein auch noch irgendetwas selbst, außer mir das Leben schwer?«
Martin blickte unglücklich, so wie er immer guckt, wenn jemand in seiner Nähe einen Wutausbruch hat. Und Katrins Ausbrüche
häuften sich mittlerweile.
Am anderen Ende nahm offenbar Frau Blaustein den Hörer ab. »Ich bin’s, Katrin Zang. Ich habe jemanden am Telefon, der ein
Kühlfach mieten möchte.«
Ich hörte wieder mit: »Herr Forch sagte, dass Sie die Vergabe der Kühlfächer übernehmen.«
»Da hat er sich getäuscht«, brummte Katrin, stellte das Gespräch einfach zur Sekretärin durch und schmiss den Hörer auf die
Gabel.
»Die Ärmste kann doch auch nichts dafür«, sagte Jochen von der Tür her. In der Hand hielt er einen großen Tischventilator.
Offenbar hatte er das Gespräch mitbekommen.
»Ich auch nicht«, konterte Katrin, griff nach ihrer Tasche und sprang auf. »Ich bin im Keller, falls mich jemand sucht. Und
wenn du noch so einen Heißluftquirl hast, nehme ich auch einen.«
Natürlich wusste sie genau, wer sie suchen würde, und der stand auch glatte dreißig Sekunden nach Katrins filmreifem Abgang
in der Tür zum Büro und glotzte dumm auf Katrins leeren Arbeitsplatz.
»Wo ist Frau Zang?«, fragte das Sparschwein, wie immer in Anzugjacke und Krawatte. Kein Tröpfchen Schweiß,nicht einmal ein Hauch von Feuchtigkeit glänzte auf seiner glatten, gebräunten Haut.
»Im Keller«, antwortete Jochen, der inzwischen zu seinem Schreibtisch gegangen war. »Ich glaube, sie hat eine Obduktion.«
»Schön. Dann kann sie ja gleich dem Bestatter, der ein Kühlfach gemietet hat, alles zeigen und erklären. Und wenn sie zurückkommt,
soll sie sich bei mir melden«, fügte er hinzu.
»Ich lege ihr einen Zettel hin«, sagte Jochen.
»Danke.«
Martin beobachtete, wie Jochen in Seelenruhe seinen Computer startete, den Ventilator, den er mitgebracht hatte, anschloss
und einschaltete.
»Der Zettel«, erinnerte Martin ihn.
»Hab ich hingelegt«, sagte Jochen. »Muss vom Durchzug weggeflogen sein.«
Martin seufzte. »Dieses trotzige Verhalten hilft doch nichts …«
»Doch«, sagte Jochen mit einem grimmigen Grinsen. »Es befriedigt.«
Ich düste zu Katrin und beobachtete, wie sie erst einen Drogentoten und dann die Teile vom Bahndamm obduzierte. Das war schwierig.
Bei einer Obduktion wird erst eine äußere Leichenschau vorgenommen, bei der auf Blutergüsse, Verletzungen, Einstiche und so’n
Zeug geachtet wird. Peinlich genau wird jeder Zentimeter Haut dabei begutachtet. Das dauert schon mal so seine Zeit, weil
der Mensch ja knapp zwei Quadratmeter davon hat. Dabei werden auch die schwarzen Ränder unter den Fingernägeln gesichert,
wenn es sich bei dem Toten um das Opfer eines Kampfes handelt und unter den Fingernägeln vielleicht DN A-Spuren vom Täter zu finden sind. Dannkommt die Öffnung der drei Körperhöhlen, also Bauchhöhle, Brusthöhle und der Schädel.
Die Öffnung der Körperhöhlen war bei der Leiche am Bahndamm allerdings bereits geschehen. Der Schädel war zerschmettert und
die Bauchhöhle knapp oberhalb des Hüftknochens quer geteilt. Trotzdem war erkennbar, dass über die gesamte Bauchvorderseite
eine lange Naht von oben nach unten lief. Eine Operationsnarbe, noch ganz frisch. Höchstens ein paar Tage alt. Katrin öffnete
die Naht und stellte die operative Entfernung der
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