Kuenstlernovellenovellen
Sie drängen sich an Seine Exzellenz und machen sich Freund mit ihm. Ich habe ihnen mißtraut... Gleichviel: mögen sie hier schießen; drüben beim Theater werden sie's nicht wagen. Dort werden die Soldaten des Heiligen Vaters dafür sorgen, daß ich singen kann ... Zwar, heute früh sind mir zwei Pfeile aus den Haaren gefallen und als Kreuz am Boden gelegen ... Und du? Du bist einer Buckligen begegnet und hast nicht ausgespien? Weil du den Mund voll von Süßem hattest? Und heute abend soll ich singen! Möge jene Bucklige dir die ganze Hölle schicken! Dir: nicht mir! Ich muß singen!"
„...Wie sie schießen, wie sie schreien! Auf dem Flur, vielleicht schon im ersten Vorzimmer! Und wo ist Seine Exzellenz, die mich schützen sollte? Hat er sich versteckt wie du, Alte? Haben sie ihn gemordet? Ist er's, der hier gemordet wird? Aber ich brauche ihn noch! Noch bin ich nicht aufgetreten. Er soll zum Heiligen Vater, ihn bitten, daß er das Theater bewachen lasse. Ich selbst will ihn begleiten, der Heilige Vater wird mich segnen, und ich werde gut singen ... Wo also steckt Seine Exzellenz? Dieser Hund muß hervor, ich will ihn suchen, bis in den Keller. Wie oft hast du denn den Schlüssel umgedreht, Verdammte, die du bist? Und schon schlagen sie gegen die Tür. Ich öffne! Ihr sollt sehen, daß ich öffne. Wo habt ihr Seine Exzellenz? Ah!" Die Branzilla schrak zurück: sie erblickte Dario Rupa in den Armen zweier Sbirren, bleich und mit geschlossenen Lidern, über die Blut rann.
„Was habt ihr da um Gottes willen getan? Dieser war der unschuldigste Mensch, der nichts weiter konnte als im Winkel hocken und meinem Singen zuhören! Nie hat er daran gedacht, unsern Herrn Papst zu verjagen." „Wir werden sehen, mein Liebchen, ob nicht du selbst ein wenig daran gedacht hast!" - und der Hauptmann der Sbirren lächelte sie frech an aus seinen schmutziggelben Falten, mit seinen schleichenden Augen, deren Klugheit einen entsetzte.
„Nicht umsonst ist dies Haus voll Waffen, voll Menschen ..."
Klirren und Kolbenstöße. Junge Leute wurden hereingetrieben. Ihre Kleider waren aufgerissen, in ihre Haare hatten Fäuste gegriffen, ihre feinen Gelenke schnürten Ketten. Sie sahen niemand an. Einer spie dem Polizeisoldaten, der ihn herzerrte, ins Gesicht und bekam einen Säbelstreich über seins.
„Spielt nicht zu eifrig, Kinder", sagte der Hauptmann. „Bald werdet ihr vom Heiligen Vater zu Bett gebracht werden... Und was Euren Liebsten angeht, meine Schöne, so denke ich mir in meiner Einfalt, daß er Euch so viel hat singen lassen, damit man die Flinten nicht klappern höre. Wie, wenn Ihr aus Begeisterung für die Freiheit so laut gesungen hättet?" Die Branzilla entwand sich einem Häscher. „Ihr lügt! Wißt Ihr denn nicht? Heute abend trete ich im Argentino auf. Eure Sachen verstehe ich nicht. Ein paar von jenen da sah ich wohl auf den Treppen schleichen, ich leugne es nicht. Aber mir ist fremd, wozu sie kamen. Exzellenz, erwacht doch! Sagt ihm, daß ich nichts weiß!"
Der Ohnmächtige öffnete die Augen und suchte. „Ihre Stimme war's... Wie! Ihr schämt euch nicht, Schurken, an ihr euch zu vergreifen, an ihr? Erst jetzt seid ihr Schurken!"
„Eure Exzellenz", sagte der Hauptmann, „vergißt, daß Ihr Euch schonen müßt. Ihr verschwendet Eure Kraft und zöget Euch nutzlose Wunden zu, da Ihr Euch der Gewalt der Regierung widersetztet. Ich heiße nicht Rupa und komme von Natur Eurer Exzellenz nicht gleich. Dennoch bin ich nun durch Gottes Fügung und die Macht unseres Herrn Eurer Exzellenz so sehr überlegen, daß ich sie, als einen bei bewaffnetem Aufruhr Ergriffenen, an jeder Straßenecke, die mir beliebt, erschießen lassen kann." Der Hauptmann machte zu seinem schamlosen Lächeln eine demütige Handbewegung.
„Aber Eure Exzellenz wird uns gewiß nicht gleich zum Schlimmsten nötigen, sie wird sich in Güte von uns verhören lassen, gleichwie ihre schöne Freundin. Wie manches Interessante mögen wir durch Euer Wohlwollen erfahren und durch die Gefälligkeit des Fräuleins! Kommt, ich bitte Euch, verweilen wir nicht länger!" Die Sbirren packten zu. Die Branzilla arbeitete sich ab in ihren Armen. Aus den Gefangenen sprach eine zornige, klare Stimme:
„Wir haben sein Haus gebraucht, ohne daß er es wußte. Er glaubte, wir kämen, die Branzilla singen zu hören. Er war blind und taub vor Liebe, wie der Auerhahn. Er ist unschuldig."
„Ich bin unschuldig!" rief die Branzilla. „Könnt Ihr nicht mehr reden,
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