Künstlerpech: Palzkis achter Fall
mit Luftnot verschnaufte und den anderen zusah, wie sie die restlichen Teile des Bühnenbildes aus dem Weg räumten, sah ich es aus meinem Blickwinkel als Erster: Unter einer rechteckigen Holzplatte, auf der Weinreben aufgemalt waren, lief Blut heraus. Ich winkte Gerhard herbei und zu zweit zogen wir die Weinrebenplatte auf die Seite. Meine nächsten Albträume waren mir sicher. Um diese Ihnen, liebe Leser und Leserinnen zu ersparen, verzichte ich darauf, den toten Tuflinsky zu beschreiben. Gerhard schaute ein paar Sekunden länger hin und sichtlich angewidert fühlte er sogar den Puls des Toten, was faktisch nur noch an einem Handgelenk halbwegs möglich war. Erfolglos. Stefanus kam hinzu und erbrach sich mitten auf dem Hambacher Schloss, das eben noch Teil des Hintergrundbildes gewesen war.
Trotz des Schocks gelang es Gerhard und mir, die anderen Helfer von der Bühne zu scheuchen. Als Sichtschutz legten wir ein paar Balkenreste vor die Leiche, sodass sie vom Parkett aus nicht direkt einsehbar war. Dabei sah ich eine Sekunde lang etwas im Scheinwerferlicht glänzen. Ein kurzer Blick genügte, und ich wusste Bescheid.
»Hat jemand die Polizei gerufen?«, rief ich in den Saal.
Stefanus antwortete kreidebleich und sichtlich unter Schock stehend: »Sie sind doch die Polizei.«
Dem Argument konnte ich mich nicht verschließen. Ich bat Gerhard, die Frankenthaler Polizei mit seinem Handy anzurufen, da wir Schifferstadter zum einen örtlich gesehen nicht zuständig waren und zum anderen, um uns Mehrarbeit zu ersparen.
Vom Eingang her sah ich Daniela Westermann, die uns vorhin am Verwaltungsempfang begrüßt hatte, auf uns zukommen. Ich winkte sie zu mir.
»Wir haben einen Unglücksfall. Würden Sie bitte die Namen aller anwesenden Personen notieren? Es dürfte sich ausschließlich um Mitarbeiter handeln. Die Liste können Sie nachher der Polizei geben, sobald die da ist.«
»Unfall?«, fragte sie und besah sich den Trümmerberg. »So etwas gab es noch nie bei uns.« Sie schaute mich fragend an. »Sie sind doch von der Polizei, oder?«
»Ja«, bestätigte ich. »Aber für Ihren Unglücksfall zum Glück, äh, leider nicht zuständig.«
»Dann werde ich mir mal was zum Schreiben holen.« Frau Westermann entdeckte ihren Kollegen Stefanus sowie Pako, die sich auf Stühle in der ersten Reihe gesetzt hatten und nach wie vor unter Schock standen.
»Ich habe auch in Schifferstadt Bescheid gegeben, dass es ein bisschen später wird«, sagte Gerhard mit einem nervösen Blick zur Uhr. »Meinst du, wir kriegen das noch hin mit der Sicherheitsbesprechung? Oder sollen wir am Montag noch mal herfahren?«
»Warten wir’s ab«, meinte ich. »Vielleicht sind die Frankenthaler ja auf Zack.«
Nicht viel später wuselten im Saal die Kriminalbeamten. Gerhard und ich waren die Ersten, die befragt wurden. Stefanus, der auf dem Nachbarstuhl saß, mischte sich ungefragt ein. »Ein Unfall war’s, ein bedauerlicher Unfall. Dabei habe ich die Kulissen vor zwei Stunden selbst abgenommen. Vielleicht hat Tuflinsky irgendein tragendes Teil entfernt. Ich weiß sowieso nicht, was er im Bühnenbild noch zu tun hatte.«
Der Kollege aus Frankenthal, der im Übrigen einen sehr kompetenten Eindruck machte, erwiderte: »Ob Unfall oder nicht, das werden wir bestimmt herausfinden.« Er fixierte Stefanus. »Sie kommen gleich dran. Jetzt will ich zuerst die Versionen von Herrn Palzki und Herrn Steinbeißer hören.«
Wir berichteten, was wir wussten. Um die Sache etwas abzukürzen, und da ich inzwischen der Auffassung war, dass es sich um keinen Unfall handelte, stand ich auf und gab dem Kollegen zu verstehen, mir zu folgen.
Die Leiche lag noch unberührt, ein Arzt war eben erst in den Saal gekommen und wurde gerade instruiert. Ich versuchte, meinen Blick auf Tuflinskys Füße zu fixieren, da diese so ziemlich das Einzige an ihm waren, das unversehrt geblieben war.
Wir mussten uns hinknien, um es deutlicher zu erkennen: Um seine Füße hatte sich ein Stück Draht verheddert. Diesen Draht hatte ich vorhin im Licht der Scheinwerfer bemerkt.
»Sie müssen nur herausfinden, wo der Draht befestigt war, dann wissen Sie, wo sich die tödliche Falle befand.«
Gerhard spekulierte wild drauf los: »Die Falle sollte wohl dem Künstler gelten. Wenn er bei seinem Auftritt bei einer Szene hinter die Hausfassade getreten wäre – nicht auszudenken, was das für eine Panik gegeben hätte.«
»Und mindestens eine künstlerische Leiche«, ergänzte ich.
»Ich
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