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Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Titel: Künstlerpech: Palzkis achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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sein, dass sie mit meiner Freundin Henrike zum Auto ist.«
    Ein Lautsprecher an der Zimmerdecke begann zu knarzen. ›Pako, würden Sie bitte vor zur Bühne kommen? Frau Steinbeißer vom SWR wäre soweit fürs Interview‹.
    »Oh, meine Schwester ist da«, rutschte es Gerhard heraus.
    Pako blickte verwirrt. »Doris Steinbeißer vom SWR 4 ist Ihre Schwester?«
    Gerhard nickte stolz. »Wenigstens eine, die es in der Familie zu was gebracht hat.«
    Und plötzlich ging alles ganz schnell. Zur Bühne hin gab es eine Metalltür, die halb offen stand. Direkt hinter der Tür ging eine kleine Treppe drei oder vier Stufen nach unten und endete unmittelbar hinter dem Bühnenvorhang. Durch eine Öffnung im Vorhang konnten die auftretenden Künstler wie aus dem Nichts auf die Bühne treten.
    Der Künstler war im Begriff durch die offene Tür nach unten zu gehen. Im gleichen Moment sah ich den Stolperdraht im Licht blitzen.
    »Halt!«, rief ich und stürzte Pako nach. Dieser hatte allerdings schon so viel Schwung, dass wir gemeinsam die Treppe hinuntersegelten, dabei die Tür streiften, die uns einen kurzen aber heftigen Elektroschock verpasste, und dass schließlich unsere restliche Bewegungsenergie in den Vorhang überging, der mit lautem Gepolter auf uns niedersauste.
    Pako und ich hörten Schreie ringsherum, wir konnten aber nichts sehen. Es war dunkel. Mühsam befreiten wir uns aus dem Stoffhaufen des zentnerschweren Vorhangs. Ich wusste, die Gefahr war längst noch nicht gebannt. Gerhard hatte zwar den Draht ebenfalls zur Kenntnis genommen und passte darauf auf, dass niemand auch nur in seine Nähe kam. Doch etwas anderes war mindestens genauso schwerwiegend, und das wusste mein Kollege nicht, der nur Zentimeter vor der Tür stand.
    »Pass auf«, stöhnte ich ihm entgegen, »die Tür steht unter Strom.«
    Gerhard machte im Reflex einen Satz nach vorn.
    »Alle von der Bühne runter«, schrie ich immer noch atemlos. Der Künstler starrte in den Riesenhaufen Vorhang, der bestimmt die halbe Bühne bedeckte. »Was ist passiert?«, stotterte er. »Sind Sie über mich gestolpert? Was war das für ein Stromschlag?«
    Von allen Seiten kamen Menschen angelaufen. Riehle half uns von der Bühne runter, Gerhard schaffte es allein.
    »Soll ich die Polizei rufen?«, fragte er bestürzt. »Was ist passiert?«
    »Gleich«, antwortete ich, nach wie vor nach Luft schnappend. »Polizei brauchen wir nicht, die haben wir im Haus.«
    Ich zeigte auf die Bühne, und alle folgten meiner Handbewegung.
    »Jemand hat an der Tür zum Künstlerzimmer einen Draht gespannt. Pako sollte drüberstolpern und an die Tür fallen, die unter Strom gesetzt ist. Vermutlich löst der Draht noch weiteres Unheil aus.« Ich zeigte nach oben zu einer Reihe Scheinwerfer. Wenn solch einer runterfiel, war das mit Sicherheit eine tödliche Angelegenheit.
    Gerhard wagte es und untersuchte die Falle. Kurz darauf zog er ein Kabel aus einer Trommel. »Die Tür ist wieder entspannt«, berichtete er. »Der Draht geht nach oben, wo er endet, kann ich von hier nicht erkennen. Der Täter hat eine doppelte Falle gestellt.«
    Der Künstler saß geschockt in der ersten Reihe. »Wer macht nur so etwas? Das gibt’s doch gar nicht. Warum will mich jemand umbringen?«
    Karin Kreuzberger kam und setzte sich neben ihren Schützling. »Das haben wir nur der unfähigen Polizei zu verdanken«, schimpfte sie, ohne zu respektieren, dass es gerade jemand von der Polizei war, der dem Künstler voraussichtlich das Leben gerettet hatte.
    Mein Pulsschlag wollte sich immer noch nicht beruhigen. Die Anspannung zerriss mich beinahe. Dazu kam, dass ich mir beim Fallen den Knöchel angestoßen hatte. Und ein paar blaue Flecken dürfte die Aktion auch ergeben haben. Ich hinkte zu Riehle, der etwas abseits stand. Und in dem Moment sah ich sie. Spielte mir mein Gehirn einen Streich? Konnte man im Inneren von Gebäuden eine Fata Morgana sehen? Nein, ich war mir sicher, dass ich in der Tür, die in den Flur zwischen Hofeinfahrt und Backstage führte, die rothaarige Frau gesehen hatte. Nur für einen Augenblick, dann war sie wieder verschwunden. Dies war meine Chance, ich musste sie fassen. Ich biss sämtliche Zähne zusammen und humpelte zum Ausgang. Mindestens zehn Stellen meines Körpers schmerzten, dazu kam die mörderische Anspannung. Ich erreichte den Flur und schaute nach rechts. Zwei Mitarbeiter wuchteten gerade Getränkekisten auf einen Tisch.
    »Rothaarige Frau?«, stöhnte ich ihnen entgegen.

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