Küss mich, Cowgirl!
er die Augen und sah direkt in die Sonne. Er hatte es sich in einem der Liegestühle am Pool bequem gemacht. Doch während er schlief, war die Sonne weitergewandert, und jetzt schien sie ihm direkt ins Gesicht.
Er beschattete seine Augen mit der Hand und schaute blinzelnd zu seiner Schwester auf. “Was willst du?”
“Ich wollte nur mal kurz dir reden.”
“Ich bin nicht in der Stimmung dazu.” Simon schloss wieder die Augen, um in den Traum zurückzukehren, aus dem sie ihn gerissen hatte. Darin war er auf einer Wolke getrieben, mit Toni in seinen Armen … Er setzte sich abrupt auf.
Marilee betrachtete ihn erstaunt. “Du hast vielleicht eine Laune.”
“Komm zur Sache, ja? Was willst du?”
Sie zog sich einen Liegestuhl heran und ließ sich in das hellgelbe Geflecht sinken. “Hast du dich auch mit Sonnencreme eingeschmiert? Man kann sich hier sehr leicht einen Sonnenbrand holen.”
“Hast du mich aufgeweckt, um mit mir über Sonnencreme zu diskutieren?”
“Nein, natürlich nicht.”
“Dann spuck es endlich aus, damit ich weiterschlafen kann.”
“Na gut, aber es wird dir nicht gefallen.” Marilee holte tief Luft. “Ich bin nicht auf diese Farm gekommen, um eine heiße Affäre fortzusetzen, Simon. Ich habe dich nur in dem Glauben gelassen, weil es mich wahnsinnig gemacht hat, wie du dich ständig in mein Leben eingemischt hast.”
Er sah sie an, und plötzlich dämmerte es ihm, dass sie längst nicht mehr das kleine Mädchen war, das seinen Schutz brauchte, sondern eine junge Frau, die selbst auf sich achtgeben konnte. “Wieso bist du dann hierhergekommen?”, fragte er ruhig. “Du hattest vorher doch nie das geringste Interesse am Wilden Westen.”
Sie befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. “Ich … ich bin wegen Dylan hergekommen.”
Er runzelte die Stirn. “Wegen Dylan?”
Sie nickte. “Der mir als Betreuer zugeteilte Cowboy. Ich habe ihn vor einiger Zeit bei einem Rodeo kennengelernt. Erinnerst du dich noch daran, wie ich mit diesem Kerl aus Dallas zum Rodeo gefahren bin?” Sie verzog das Gesicht. “Ich weiß, den konntest du auch nicht leiden. Egal, Dylan erzählte mir von den Frauen-Wochen hier auf der Ranch. Damals habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Aber als wir uns stritten, du und ich, beschloss ich, dir eine Lektion zu erteilen.”
Eigentlich sollte Simon geschockt sein. Nur fand er es unmöglich, sich auf das zu konzentrieren, was seine Schwester ihm erzählte. Daher sah er sie nur an und sagte nichts.
“Dylan und ich mögen uns”, fuhr Marilee fort. “Aber es ist keine große Romanze. Du hast überhaupt keinen Grund, dir Sorgen zu machen.”
“Ich mache mir keine Sorgen.” Erstaunt stellte Simon fest, dass das stimmte. Er hatte sich um seine Schwester keine Sorgen mehr gemacht, seit er andere Sorgen hatte, und zwar in Gestalt von Toni Keene.
“Aber …” Marilee war perplex. “Interessiert es dich nicht einmal?”
“Natürlich interessiert es mich.”
“Dann sag doch wenigstens irgendetwas! Schrei mich an. Droh mir – mach irgendwas!”
War das wirklich das, was sie von ihm erwartete? “Na schön”, meinte er, da er der ganzen Unterhaltung überdrüssig war. “Wie ist es damit: Es tut mir leid, dass ich mich in dein Leben eingemischt habe. Es tut mir leid, dass ich dich in den letzten Jahren in deiner Freiheit eingeschränkt habe, obwohl ich mich lieber um mein eigenes Liebesleben hätte kümmern sollen. Es tut mir leid …”
“Simon!” Marilee kniete sich neben ihn und legte ihm die Hand auf die Stirn. “Bist du krank? So habe ich dich noch nie reden hören. Anscheinend fantasierst du. Soll ich einen Arzt rufen?”
Er brachte die Andeutung eines Lächelns zustande. “Verschwinde jetzt lieber, bevor ich meine Meinung ändere.”
Sie lachte unsicher und richtete sich auf. “Ich bin diejenige, die sich entschuldigen sollte. Toni hat mir die ganze Zeit gesagt, dass ich dir alles erzählen soll.”
“Toni?” Sofort war er hellwach. Sein Magen zog sich zusammen.
“Ja, sie weiß es schon seit einiger Zeit. Ich wünschte, ich hätte auf sie gehört.”
“Toni”, wiederholte er mehr für sich selbst. Sie hatte es gewusst und es ihm gegenüber mit keinem Wort erwähnt. Das war nicht leicht zu verdauen.
“Sei nicht wütend auf sie”, flehte Marilee ihn an. “Sie musste mir versprechen, dass sie dir nichts verrät. Ich dachte, du würdest jemanden umbringen, falls du es erfährst – entweder mich oder Dylan oder uns
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