Küss mich, Cowgirl!
Sie ja heute abreisen”, meinte Dani. “Ich werde mich immer an den Tag erinnern, an dem Simon und Toni mich ins Krankenhaus gefahren haben. Ein kräftiger Applaus für Simon, auf den im Notfall Verlass war!”
Alle applaudierten, einige pfiffen sogar vor Begeisterung.
Simon lächelte bescheiden. Er saß zwischen Dani und seiner Cousine Lora. “Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Vergesst nicht, dass Toni mir gesagt hat, was zu tun war, denn ich habe keine Erfahrung im Umgang mit Schwangeren.”
“Der Unterschied besteht darin, dass Toni meine Schwester ist und mir helfen musste.” Grinsend fügte Dani hinzu: “Sie dagegen sind nur ein Fremder auf der Durchreise. Trotzdem haben Sie bereitwillig geholfen.”
“Nur ein Fremder auf der Durchreise” … Toni stand abrupt auf und trug ihren und Dobes leeren Teller in die Küche.
Sie hatte gewusst, dass dieser Tag schwierig werden würde, aber nicht, wie schwierig. Zum Glück war sie so müde und benommen, dass sie die volle Wucht all dessen, was geschehen war, noch gar nicht traf. Das würde erst passieren, wenn sie dazu kam, in Ruhe über alles nachzudenken.
Wieder und wieder spielte sich vor ihrem geistigen Auge ihre gemeinsame Zeit ab. Und jedes Mal schien der Film an der Stelle stehen zu bleiben, wo Simon ihr den Heiratsantrag machte. Es war, als könnte sie mit ihrer Vernunft nicht fassen, was ihr inzwischen wie ein schrecklicher Witz auf ihre Kosten vorkam.
Wenn sie “Ja!” gerufen hätte, wäre er dann entsetzt geflohen? Er musste doch wissen, dass keine Frau, die noch halbwegs bei Verstand war, einen Mann heiratete, den sie kaum eine Woche lang kannte. Allein der Vorschlag war lächerlich.
Fast genauso lächerlich wie die Behauptung, in dieser verrückten Welt könnte es tatsächlich so etwas wie Liebe auf den ersten Blick geben.
Simon sah, wie Toni aus dem Speisesaal verschwand. Er erhob sich instinktiv, um ihr zu folgen. Im letzten Moment nahm er sich zusammen und setzte sich langsam wieder.
Wenn sie ihm noch irgendetwas zu sagen hatte, würde sie es tun. Aber nach dem, was letzte Nacht geschehen war, hatte er seine Zweifel. Sie schien einfach nicht zu begreifen, dass die starke körperliche Anziehung zwischen ihnen nur einen Teil der Anziehung zwischen ihnen ausmachte und dass sie längst mehr als das verband.
Würde er je über ihre völlig falsche Einschätzung der Situation hinwegkommen? Wenn er sie wirklich liebte, dann war es ihr gegenüber vielleicht das Anständigste, für immer aus ihrem Leben zu verschwinden. Sollte sie sich doch einen Cowboy suchen, den sie anscheinend unbedingt haben wollte. Bei dieser Vorstellung biss er grimmig die Zähne zusammen.
Toni wusste genau, was sie von einem Mann erwartete, und war davon überzeugt, dass sie ihn eines Tages finden würde. Sie hatte sich dermaßen in diese Idee verrannt, dass sie jeden anderen abwies. Simon dagegen hatte keine genauen Vorstellungen von der Frau, die er eines Tages heiraten würde. Er hatte immer gedacht, dass er es instinktiv spüren würde, wenn die Richtige auftauchte.
Und genauso war es gekommen. Toni Keene war diese Frau, auch wenn sie fest entschlossen schien, das abzustreiten.
Offenbar war es ihm nicht gelungen, sie von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen. War es am Ende für sie beide besser, wenn er diese Woche als wichtige Erfahrung verbuchte und so weiterlebte wie bisher?
“He, Simon!” Dani zupfte ihn am Arm.
Simon drehte sich zu ihr um. Sie sah ihn fragend an. “Tut mir leid”, sagte er. “Ich war in Gedanken.”
“Das habe ich gemerkt. Ist alles in Ordnung?”
“Ja, alles ist bestens.” Allerdings gelang es ihm nicht, diese Lüge mit einem Lächeln zu bekräftigen. “Ich habe nur darüber nachgedacht, wie schwer es für mich wird, wieder in den Alltagstrott hineinzukommen.”
“Ich weiß, was Sie meinen”, erwiderte Dani sanft. “Obwohl dies für uns der Alltagstrott ist. Ihr Aufenthalt hier muss für Sie ein regelrechter Schock gewesen sein, wo Sie doch das hektische Leben in der Großstadt gewohnt sind.”
“Ja, das stimmt.” Aber durch Toni war vieles auch leichter, fügte er im Stillen hinzu. Plötzlich musste er grinsen. “Wissen Sie, jetzt verstehe ich endlich, was den besonderen Reiz des Lebens auf einer Ranch ausmacht. Es ist ein so einfaches, aufrichtiges Leben, verglichen mit dem, was ich gewohnt bin. Dort geht es nur ums große Geschäft, um Prestige und Profit. Schlechte Luft, verstopfte Straßen, miese
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