Kuess mich doch - Roman
Risiko eingehen und Polizist werden sollen«, flachste Jack.
Es sollte ein Scherz sein, traf bei Coop jedoch einen wunden Punkt.
Coop hatte sich beim Fußballspielen in der Highschool und später beim Training an der Akademie
eine Verletzung der Rotatorenmanschette zugezogen. Nach der Operation hatten ihn die Ärzte darauf aufmerksam gemacht, dass nur die wenigsten Polizisten nach einer solchen OP imstande seien, ihre Arbeit weiterhin so zu machen, wie es von ihnen erwartet wurde, von der Verletzungsgefahr für die bereits geschwächte Schulter einmal ganz abgesehen.
Es war Coop alles andere als leichtgefallen, sich von der Polizeiakademie und der Zukunft, die sich sein Vater für seine beiden Söhne erhofft hatte, zu verabschieden. Deshalb wollte er auch nicht daran erinnert werden, dass er seinen Vater enttäuscht hatte, Scherz hin oder her. Er lebte jeden Tag mit dem Gefühl, versagt zu haben. Deshalb konnte er vor seinem Vater auf gar keinen Fall zugeben, dass die Arbeit als Journalist, die er früher einmal geliebt hatte, für ihn mittlerweile zur reinen Routine geworden war.
Es war schon traurig – die Verbrechensberichterstattung war für ihn so alltäglich geworden, dass er jegliches Interesse daran verloren hatte. Am Anfang hatte Coop mit großer Begeisterung über Diebstähle, Überfälle und Messerstechereien geschrieben in der Überzeugung, damit mehr verändern zu können, als es einem Polizisten je möglich wäre. Er hatte gehofft, er könnte seine Leserschaft aufrütteln, die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren und über kurz oder lang dazu beitragen, dass Leben gerettet oder Verbrecher gefasst wurden. Stattdessen hatte er sich bald mit einer endlosen Spirale der Gewalt konfrontiert gesehen. Die dunkle Seite der menschlichen Natur zeigte sich ihm
fast täglich aufs Neue. Seine Arbeit kam ihm sinnlos vor, denn sie bestand lediglich darin, schlechte Nachrichten zu verbreiten. Sie bewirkte keine nennenswerten Veränderungen.
Vielleicht war das ein Grund dafür, weshalb er das Schreiben an einem Roman dermaßen genoss. Hier konnte er die Handlung und ihren Verlauf ebenso wie die Charaktere und vor allem den Ausgang der Geschichte selbst bestimmen. Damit mochte er vielleicht nicht den Lauf der Welt verändern, aber nichts sonst verschaffte ihm so viel Befriedigung wie die Arbeit als Schriftsteller.
Den Erfolg und die öffentliche Anerkennung, die er als Journalist bereits genoss, musste er sich als Krimiautor allerdings erst verdienen. Coop wollte auf gar keinen Fall als Versager dastehen, schon gar nicht neben zwei so erfolgreichen Männern wie seinem Vater und seinem Bruder.
»Puh! Wenn ich nicht bereits verheiratet wäre, hätte ich spätestens jetzt die Frau meiner Träume gefunden«, meinte Matt plötzlich mit einem Blick zur Eingangstür.
Coop wusste auch ohne sich umzudrehen, wer da soeben das Lokal betreten hatte, und ein bislang gänzlich unbekannter Beschützerinstinkt erwachte in ihm.
Er riskierte einen flüchtigen Blick. In ihrem pastellfarbenen Sommerkleid übertraf Lexie seine kühnsten Erwartungen. Die Brille, die sie so intelligent aussehen ließ, bildete einen spannenden Gegensatz zu ihrem sexy Outfit. Diese Frau war wirklich etwas Besonderes. Einzigartig.
»Ich werde sie trotzdem willkommen heißen«, beschloss Matt und erhob sich, um auf Lexie zuzugehen. Doch sein Bruder legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Sie ist meinetwegen hier.«
Matt hielt inne. »Ich dachte, diese ganzen Tussis interessieren dich nicht?«
Coop straffte die Schultern. »Wirkt sie etwa wie eine Tussi auf dich?«
Matt lachte. »Hey, entspann dich – und denk daran, ich bin glücklich verheiratet.«
Coop lockerte seinen Griff. »Okay, das nächste Bier geht auf mich«, lenkte er rasch ein, um die Wogen wieder zu glätten, ohne zuzugeben, dass er sich wegen einer Frau, die er kaum kannte, wie ein Idiot benommen hatte.
»Sam?« Lexie bahnte sich einen Weg durch die Menge.
Coop stieß seinen Bruder mit dem Ellbogen an. »Wie wär’s, wenn du dir dein Bier jetzt gleich holst?«
Matt grinste. »Einen Augenblick noch, Sam .«
Niemand hatte Coop je beim Vornamen genannt, abgesehen von seiner Mutter.
»Entschuldigen Sie die Verspätung«, sagte Lexie.
»Macht überhaupt nichts. Wollen wir uns an einen Tisch hinten im Lokal setzen?«, schlug Coop vor. Dort war es ruhig, und sie konnten sich ungestört über den Ring und die Halskette ihrer Großmutter unterhalten, ohne belauscht zu
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