Küss mich Engel
sag ich dir, dass ich deinen mag, und was höre ich? Eine Liste von Klagen.«
»Das ist wohl das, was man den Barbiekomplex nennt; meine Generation leidet besonders darunter.« Sein verächtliches Grunzen freute sie irgendwie. »Danke für das Kompliment, aber - sei ehrlich. Findest du meine Brüste nicht ein wenig zu klein?«
»Das ist eine Trickfrage, stimmt‘s?«
»Sag einfach die Wahrheit.«
»Bist du sicher, dass du das willst?«
»Ja.«
»Also gut.« Er nahm sie bei den Schultern, so dass sie mit dem Gesicht zum Meer stand, dann trat er hinter sie. Seine Arme glitten um sie herum und seine Hände schlossen sich über ihren Brüsten. Ihre Haut kribbelte vor Sehnsucht, als er das weiche Fleisch langsam drückte und knetete. Er fuhr mit den Daumen über die weichen Rundungen und strich über ihre härter werdenden Brustwarzen.
Ihr Atem ging schneller. Seine Lippen kitzelten an ihrem Ohrläppchen, als er ihr zuflüsterte: »Ich finde sie perfekt, Daisy. Genau die richtige Größe.«
Sie drehte sich zu ihm um, und keine Macht der Welt hätte sie in diesem Moment davon abhalten können, ihn zu küssen. Sie schlang die Arme um seinen Nacken, stellte sich auf die Zehenspitzen und presste ihren Mund auf den seinen, die Lippen weich und sinnlich. Seine Zunge spielte mit ihr, und die ihre reagierte darauf. Sie verlor jegliches Zeitgefühl, während sie langsam mit ihm verschmolz. Ihr Körper wurde zu einem Teil des seinen und seiner ein Teil des ihren.
»Schau mal, Dwayne! Das sind die zwei aus dem Zirkus.«
Daisy und Alex fuhren auseinander wie zwei Teenager, die beim Knutschen am Strand von der Polizei ertappt worden waren.
Die Besitzerin dieses lauten Organs war eine füllige Frau mittleren Alters, die ein limonengrünes Blunjenkleid anhatte und eine große schwarze Handtasche trug. Der blau-weiße Strohhut ihres Mannes verbarg höchstwahrscheinlich eine Glatze. Er hatte die Hosen bis zu den Knien aufgekrempelt, und sein Sporthemd spannte sich über seinen Bierbauch.
Die Frau strahlte sie geradezu an. »Wir haben Sie in der Vorstellung gesehen. Mein Dwayne hier hat mir nicht geglaubt, dass Sie wirklich ein Liebespaar sind. Er meint, es war alles gespielt, aber ich hab ihm gesagt, so was kann man gar nicht spielen.« Sie tätschelte den Bauch ihres Göttergatten. »Ich und Dwayne, wir sind schon seit zweiunddreißig Jahren verheiratet, also wissen wir Bescheid über die wahre Liebe.«
Alex, der neben ihr stand, wurde stocksteif, was Daisy die Aufgabe überließ, das Pärchen anzulächeln. »Das glaub ich gern.«
»Nichts is besser als ‘ne gute Ehe, um auf dem Teppich zu bleiben.«
Alex nickte ihnen kurz angebunden zu und packte Daisy am Arm, um sie fortzuziehen. Daisy drehte sich noch mal um und rief den beiden zu: »Ich wünsche Ihnen noch mal zweiunddreißig Jahre!«
»Wir Ihnen auch, Schätzchen!«
Sie ließ sich von Alex fortziehen, da sie wusste, dass kein Protestieren genutzt hätte. Das Thema Liebe machte ihn derart kopfscheu, dass sie den absurden Wunsch verspürte, ihn zu trösten. Als sie die Holztreppe zur Promenade erreichten, gab sie ihrem Impuls nach.
»Alex, es ist schon okay. Ich verlieb mich schon nicht in dich.«
Noch während sie die Worte sprach, spürte sie ein eigenartiges kleines Herzflattern. Das machte ihr angst, denn sie wusste, dass es eine Katastrophe wäre, sich in ihn zu verlieben. Sie waren einfach zu verschieden. Er war hart, streng und zynisch und sie das glatte Gegenteil.
Warum, so fragte sie sich, rührte er dann etwas so Tiefes, so Elementares in ihr an? Und warum schien sie ihn so gut zu verstehen, wo er ihr doch nichts über sich erzählte, weder über seine Kindheit noch über sein Leben außerhalb des Zirkus? Dennoch wusste sie, auf eine Weise, die sie sich nicht ganz zu erklären vermochte, dass er ihr geholfen hatte, sich selbst völlig neu zu erschaffen. Dank ihm empfand sie jetzt ein nie gekanntes Gefühl von Freiheit. Zum ersten Mal in ihrem Leben mochte sie sich wirklich.
Er ging die Treppe hinauf. »Du bist hoffnungslos romantisch, Daisy. Es ist nicht so, dass ich mich für so unwiderstehlich halte - das tu ich weiß Gott nicht -, aber ich hab über die Jahre gelernt, dass, sobald ein Mann eine rote Fahne vor einer Frau hochhält, sie diese in ihrer Vorstellung in eine grüne verwandelt.«
»Puuh.«
Sie waren oben angekommen. Er lehnte sich ans Geländer und sah ihr in die Augen. »Ich hab‘s schon zu viele Male mitangesehen. Frauen wollen immer
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