Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)
könntest du einen Schluck Wodka vertragen, mein Engel. Alles okay?“
Irgendwie schaffte sie es, sich zusammenzureißen. „Jetzt schon. Es tut mir so leid, Jasper. Eigentlich sollte ich doch Druck von dir nehmen, indem ich deine Freundin spiele, stattdessen fragen deine Eltern sich im Augenblick bestimmt, wieso du ausgerechnet eine Verrückte wie mich anschleppen musstest.“
„Unsinn. Du hast sie mit deinem Charme bezaubert … zumindest, bis du fast ohnmächtig geworden und mit dem Gesicht auf dem Teller gelandet wärst. Ich weiß, der Fisch war scheußlich, aber trotzdem …“
Sie lachte. „So schlimm war er nicht.“
„Was ist dann der Grund?“
Jasper war ihr bester Freund. Über die Jahre hatte sie ihm viele lustige Geschichten aus ihrer Kindheit erzählt. Und wenn man in einem umgebauten, mit bunten Blumen bemalten Bus aufgewachsen war, mit einer Mutter, die ihre Haare lila färbte, ihren Namen zu Rainbow geändert und aufgehört hatte, einen BH zu tragen, kannte man eine Menge davon.
Doch daneben gab es andere, überhaupt nicht lustige Geschichten, die sie für sich behalten hatte. Da waren die Jahre, in denen sie von ihrer Tante Jane aufgenommen und auf ein exklusives Mädcheninternat geschickt worden war. Jahre, in denen sie Olympia Rothwell-Hyde und ihren Freundinnen ausgeliefert war.
Lächelnd schüttelte Sophie den Kopf. „Nur müde. Ehrlich.“
„Dann komm.“ Er setzte sich wieder in Bewegung. „Wenn du auch nur eine Minute irgendwo stehen bleibst, riskierst du, zu Eis zu erstarren. Ich hoffe, du hast deine Thermo-Unterwäsche eingepackt.“
„Bitte, sprich nicht von meiner Unterwäsche! Der ist an diesem Wochenende schon viel zu viel Aufmerksamkeit zugekommen.“ Sie erschauerte innerlich, als ihr wieder einfiel, dass Kit ihr Telefonat mit Jean-Claude mitgehört hatte. „Ich fürchte, ich habe deinen Bruder auf dem völlig falschen Fuß erwischt.“
„Halbbruder“, korrigierte Jasper mit bitterem Unterton. „Und mach dir keine Sorgen um Kit. Er mag niemanden.“
„Deshalb bin ich also hier, oder?“, fragte sie. „Du sorgst dich um Kits Meinung, nicht die deiner Eltern.“
„Soll das ein Witz sein?“, fragte Jasper ironisch zurück. „Du hast meinen Vater kennengelernt. Er stammt aus einer Generation, die Homosexuelle noch als Schwuchteln bezeichnet und glaubt, wir würden rosa Halstücher und Handtaschen tragen.“
„Und was ist mit Kit?“
Vor einer weiteren Tür blieb Jasper stehen und senkte den Kopf. Ohne das Gel und den Eyeliner, die er in London stets benutzte, wirkte sein zartes Gesicht viel jünger und seltsam verletzlich.
„Kit hat mich nie leiden können. Er hat nie etwas Gemeines gesagt oder getan, aber das brauchte er auch nicht. Ich habe auch so die Kälte gespürt, die von ihm ausging.“
Sophie wusste genau, was er meinte.
„Jetzt, da ich älter bin“, fuhr er fort, „verstehe ich, dass es schwierig für ihn sein musste, ohne Mutter aufzuwachsen, während ich meine ja hatte.“ Er lächelte zaghaft. „Es ist dir wahrscheinlich aufgefallen, meine Mutter ist nicht unbedingt sehr herzlich. Ich glaube nicht, dass sie Kit vernachlässigt hat, aber da ich ihr einziges Kind bin, wurde ich schon ziemlich verwöhnt.“
Mit gespieltem Schrecken schaute Sophie ihn an. „Du? Bestimmt nicht!“
Jasper grinste. „Wir befinden uns übrigens in dem Teil des Schlosses, in dem der Geist von Caroline umgehen soll, weißt du. Du solltest also besser deine Zunge hüten, sonst lasse ich dich hier allein …“
„Das wagst du nicht!“
Lachend öffnete er die Tür. „Willkommen in meinem Zimmer. Verdammt, das Feuer ist ausgegangen. Komm schnell rein, damit die letzten Reste von Wärme drinbleiben.“
Sophie tat, was er gesagt hatte. Der Raum war sehr groß und zugestellt mit dunklen schweren Möbeln, die aussahen, als stammten sie aus dem Haus eines Riesen. In der Zimmermitte erhob sich ein gigantisches Himmelbett, das ungefähr die Ausmaße des VW-Busses besaß, in dem Sophie ihre Kindheit verbracht hatte. Während Jasper versuchte, das Feuer wieder zu entfachen, schlenderte Sophie zum Fenster hinüber.
„Was ist mit Kits Mutter passiert?“
„Sie ist gegangen. Als er ungefähr sechs war. Das ist hier so etwas wie ein Tabuthema. Ich glaube, es gab keine Warnzeichen, keine Erklärung, keinen Abschied. Irgendwann folgte dann die Scheidung, soweit ich weiß, wurde Ehebruch als Grund angegeben. Kit hatte nie wieder Kontakt zu ihr.“
Es hatte aufgehört zu
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