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Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)

Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)

Titel: Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
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schneien, die Wolken hatten sich zurückgezogen und gaben den Blick frei auf einen wunderschönen Vollmond. Soweit sie es beurteilen konnte, lag Jaspers Zimmer auf einen Innenhof zu. Ringsum ragten die dicken Mauern des Schlosses in den Himmel. Ein Schauder überlief sie, und die Kehle wurde ihr eng, als sie voller Mitgefühl an den kleinen Jungen dachte, der von seiner Mutter in dieser dunklen Festung alleine zurückgelassen worden war.
    „Ist sie mit einem anderen Mann durchgebrannt?“
    Sophies eigene Kindheit war unkonventionell genug verlaufen, dass sie nichts so leicht aus der Fassung brachte. Aber dass seine Mutter ihr eigenes Kind verließ …
    „So ungefähr. Vielleicht verstehst du jetzt besser, weshalb Kit sich so verhält. Aha … so ist es besser.“
    Er stand auf, sein Gesicht leuchtete warm im Schein des nun wieder flackernden Feuers. „Okay, ich suche die Flasche, und du kuschelst dich schon mal unter die Decke. Dann kannst du mir alles über Paris erzählen und wie du den Fängen dieses verrückten Malers entkommen bist. Im Gegenzug langweile ich dich mit endlosen Geschichten über Sergio. Weiß du“, er seufzte glücklich, „er lässt sich für jeden Tag, den wir nicht zusammen sind, einen Strich auf die Brust tätowieren.“
    Wind und Wetter hatten die alte Brüstung glatt geschliffen. Fast silbrig schimmerte der Stein im hellen Mondlicht. Kit atmete die eiskalte Luft aus, stützte die Ellenbogen auf den Rand und ließ seinen Blick über die Zinnen und den dahinter liegenden menschenleeren Strand schweifen.
    Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich ins Bett zu legen. Die Schlaflosigkeit traf ihn immer am heftigsten, wenn er gerade aus dem aktiven Dienst kam und sein Körper noch nicht gelernt hatte abzuschalten. Die Tatsache, dass er sich in Alnburgh befand, machte die Sache nicht gerade leichter.
    Er richtete sich wieder auf und schob die Hände tief in die Taschen. Ebbe hatte eingesetzt, das in natürlichen Becken zurückgebliebene Wasser glitzerte wie Quecksilber.
    Es war bitterkalt. Die langen Monate in der Wüste am anderen Ende der Welt hatten ihn vergessen lassen, wie grausam die Kälte sich auf der Haut anfühlte. Manchmal, wenn er mit vierzig Kilo Gepäck auf dem Rücken bei fünfzig Grad eine Bombe entschärfte, versuchte er, sich an das Gefühl zu erinnern. Aber in der Hitze war die Kälte nur ein abstraktes Konzept, etwas, das man theoretisch zwar kannte, sich jedoch nicht wirklich vorstellen konnte.
    Doch jetzt war es wirklich – genauso, wie die komplizierten Emotionen, die ihn immer überfielen, wenn er nach Hause zurückkehrte. Ohne etwas zu empfinden, verrichtete er einen der gefährlichsten Jobs dieses Planeten, doch wenn er an den Ort zurückkam, an dem er aufgewachsen war, fühlte er sich, als würde ihm die oberste Hautschicht entfernt. Hier war es unmöglich zu vergessen, dass seine Mutter ihn verlassen und sein Vater nur Gleichgültigkeit für ihn übrig hatte. Hier vergrößerte sich alles: Bitterkeit, Wut, Frust …
    Verlangen.
    Der Gedanke traf ihn unvermittelt, rasch schob Kit ihn beiseite. Sophie Greenham entsprach nicht seinem Typ, obwohl er zugeben musste, es hatte ihm Spaß gemacht, während des Dinners die verbale Klinge mit ihr zu kreuzen. Zumindest fühlte er sich in ihrer Gegenwart weniger wie ein Außenseiter.
    Außerdem lenkte es ihn von der Spannung zwischen ihm und seinem Vater ab. Allerdings nur für den Moment. Ralph hatte recht; er war nicht hergekommen, weil die Partyeinladung so unwiderstehlich gewesen war. Doch der siebzigste Geburtstag seines Vaters war ein guter Grund, ihn daran zu erinnern, dass er seinem Sohn Alnburgh bald überschreiben musste, sonst war es zu spät. Denn niemand aus der Familie konnte es sich leisten, die Erbschaftssteuer zu bezahlen, die nach Ralphs Tod fällig wurde.
    Kit spürte frische Wut in sich aufsteigen. Er war sich nicht sicher, weshalb es ihn überhaupt kümmerte. Er besaß ein Haus in Chelsea, fußläufig von Dutzenden Restaurants entfernt, man konnte ein Taxi rufen, wenn man nicht neben der Frau aufwachen wollte, mit der man die Nacht verbracht hatte, und Geister gab es dort auch nicht. Trotzdem war es ihm nicht egal, was mit Alnburgh passierte. Vielleicht weil er nach all den Jahren immer noch die Stimme seiner Mutter hören konnte, die ihm zuflüsterte: Alnburgh gehört dir, Kit. Vergiss das nicht. Und lass dir von niemandem etwas anderes einreden.
    Sie musste es kurz vor ihrem Weggang gesagt haben.

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