Kuess mich, Playboy
Strähnen hatten sich aus ihrem Knoten gelöst, und Rafe verspürte das verrückte Bedürfnis, sie ihr hinters Ohr zu streichen. „Nein“, sagte sie kaum hörbar. „Mein Vater wird mich Giglio geben.“
Rafe verspannte sich. Sie geben ? Als wäre sie ein Besitz? „Das wird er nicht tun. Ich lasse es nicht zu.“
Sie schüttelte den Kopf. „Er wird tun, was er tun will. Sobald Sie abgereist sind, Signor Orsini.“
Jemand klatschte in die Hände, Rafe hob den Kopf und sah Cordiano lächeln.
„Bravo , Signor Orsini, sehr gut. Ich sehe, Ihr Vater hat Sie anständig erzogen. Um genau zu sein, Sie erinnern mich an ihn.“
Rafe bedachte Cordiano mit einem eisigen Blick. „Ich kann Ihnen versichern, ich habe nichts mit meinem Vater gemein.“
„Es sollte ein Kompliment sein. Sie sind schnell. Stark. Furchtlos. Ihre Weigerung, zuzugeben, was Sie meiner Tochter angetan haben, vergessen wir einfach.“ Der don lächelte.
Vielleicht hatte er ja alles falsch verstanden. Vielleicht hatte es ausgereicht, zu Chiaras Rettung zu eilen, um die Dinge zu beruhigen. Rafe zwang sich, das Lächeln zu erwidern. „Freut mich, das zu hören.“
„Gerüchte verbreiten sich immer wie ein Lauffeuer in einer kleinen Stadt wie der unsrigen. Die Menschen vergessen es nie, wenn jemandem die Ehre gestohlen wurde.“
Also wieder bei Punkt null angekommen.
Rafe sah auf die Frau hinunter, die er in seinem Arm hielt. Sie hatte sich etwas beruhigt, aber sie zitterte noch immer. Was, um alles in der Welt, sollte er jetzt machen? Natürlich hatte sie recht. Sobald er in seinen Wagen stieg, würde der don sie zwingen, Giglio zu heiraten. Wenn nicht den Fettwanst, dann eben jemand anderen. Einen von den zwielichtigen Gestalten mit den eiskalten Augen, die er vorn in der Halle hatte herumlungern sehen.
Chiara Cordiano würde die Ehefrau eines Diebes und Mörders werden. Sie würde im Ehebett unter ihm liegen und seine Gefühllosigkeit ertragen müssen, während er grunzend in sie eindrang …
„Na schön“, sagte er. Die Worte hallten unnatürlich laut durch den stillen Raum.
Cordiano hob eine Augenbraue. „Na schön was, Signor Orsini?“
Rafe holte tief Luft. „Na schön, ich werde Ihre Tochter heiraten.“
5. KAPITEL
Der Privatjet flog durch den Nachthimmel. Rafe hatte in Palermo eine Maschine gemietet. Die Alternative – sechs Stunden auf den nächsten Linienflug zu warten – war unannehmbar gewesen.
Er wollte keine Minute länger als nötig auf sizilianischem Boden verbringen.
Normalerweise war ein Flug in einer Privatmaschine entspannend. Auch in dem Mietjet herrschte der Luxus, den er gewohnt war, doch dieses Mal wollte sich die Entspannung nicht einstellen.
Dieses Mal war er nicht allein. Dieses Mal saß ihm auf der anderen Seite des Ganges eine Frau gegenüber.
Nicht dass das so ungewöhnlich wäre. Natürlich war er schon mit Frauen gereist – mit seiner Assistentin, Kundinnen, seinen Schwestern. Ab und zu auch mal mit einer seiner Gespielinnen, auf dem Weg zu einem Wochenende auf Hawaii oder in Paris.
Nur diese Frau war nichts dergleichen.
Sie saß steif und reglos da, eingewickelt in einen schwarzen Mantel, obwohl in der Kabine fünfundzwanzig Grad herrschten, die Hände im Schoß zu Fäusten geballt.
Sie war eine schlecht gekleidete Fremde mit zusammengepressten, schmalen Lippen.
Und sie war seine Ehefrau.
Ein Muskel in seiner Wange zuckte.
Seine Frau! Schon das Konzept als solches war ihm unbegreiflich. Er, der Mann, der niemals an eine Ehe gedacht hatte, war mit Chiara Cordiano verheiratet. Er hatte eine Frau geheiratet, die er nicht kannte, die er nicht mochte, die er genauso wenig wollte wie sie ihn.
Rafe schloss stöhnend die Augen. Wie, zum Teufel, war er nur in diese Geschichte hineingerutscht? Aber er hatte einfach nicht tatenlos mit ansehen können, wie sie dem Fettwanst überlassen wurde.
Er runzelte plötzlich die Stirn. Vorausgesetzt, das wäre überhaupt passiert.
Cordiano hatte seine Tochter mit einem Orsini verheiraten wollen. Er konnte nicht wissen, dass Rafe nichts mit Cesares Organisation zu tun hatte, so etwas würde Cesare einem Feind gegenüber niemals zugeben. Cordiano hatte sich wahrscheinlich ausgerechnet, dass eine Heirat die Verbindungen zwischen der Alten und der Neuen Welt stärken würde, und gleichzeitig wäre dann auch die alte Schuld beglichen.
Chiara dagegen an den capo zu verheiraten, hätte Cordiano keine Vorteile gebracht, er hätte damit nur eine seit Jahren
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