Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
Toiletten, alles verwirbelte sich zu einem verschwommenen, bunten Durcheinander, als die beiden begannen, sich im Kreis herumzudrehen, und es irgendwie schafften, mit niemandem zusammenzustoßen. Während sie tanzten, versorgte die Pensionswirtin sie mit Geschichten über Gäste, die bei ihr übernachtet hatten.
Sam hatte Recht. Mary Kay Weaver konnte einem tatsächlich die Ohren abquatschen.
Schließlich befeuchtete sie ihre Lippen und erzählte frei von der Leber weg: »Ich war einmal mit Davison Weaver verheiratet, mit Doodles, wie ihn jedermann hier in der Stadt nennt.« Sie machte eine längere Pause. »Wenn ich richtig informiert bin, hat er Sie in der Stadt herumgefahren.«
Gillian fragte sich, wohin dieses Gespräch trieb. »Ja, das hat er.«
Mary Kay wollte auf irgendetwas hinaus, auch wenn sie anscheinend keine Eile hatte, das Thema anzuschneiden. »Vielleicht haben Sie ja einige seiner Zeichnungen gesehen.«
»Ich habe mir ein paar davon in seinem Skizzenblock im Auto flüchtig angesehen«, sagte sie vorsichtig.
Die attraktive Brünette lächelte. »Damals, als wir beide zusammen zur Schule gingen, bekam er wegen seiner Lehrerkarikaturen immer Ärger. Er war wirklich sehr gut.« Ihr Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war. »Wir alle fragten uns, was Doodles damit anfangen würde.«
»Womit?«
»Mit seinem Talent.«
Gillian zögerte nachzuhaken, fragte dann aber doch: »Und was hat er damit angefangen?«
Mary Kay stieß einen lang gezogenen Seufzer aus. »Nichts, absolut nichts.«
»Sie klingen enttäuscht.«
»Das bin ich auch, das heißt, das war ich. Ich träumte für Davison wohl Träume, die er für sich selbst nicht hatte.« Ihre Schultern, um die sie eine passend blaue Chiffonstola drapiert hatte, sanken herab, begleitet von einem weiteren Seufzer. »Ich wollte, dass er sich bei einer Kunstschule anmeldete, aber das hätte bedeutet, Sweetheart verlassen zu müssen, und zu einem solch drastischen Schritt wollte er sich nicht durchringen. Er behauptete, er sei ein eingefleischter Sweethearter, sei es immer gewesen und würde es immer bleiben.« Sie kniff die Lippen so fest zusammen, dass ihr Mund beinahe verschwand. »Die Wahrheit ist, er hatte Angst.«
»Angst zu versagen?«
»Oder Angst vor Erfolg. Wie auch immer, er hatte Riesenangst. Und so hat er nach der High School bei seinem Vater in dessen Möbelgeschäft angefangen.«
»In Weavers Warenhaus«, sagte Gillian, während sie ein zweites Mal über die Tanzfläche kreisten. »Jetzt ein Antiquitätengeschäft.« Das leichte Kopfnicken ihrer hübschen Partnerin bestätigte ihr, dass sie richtig lag.
»Vor ein paar Jahren entschied mein Schwiegervater, dass er vom Einzelhandel genug hatte. Er hatte mehr als fünf Jahrzehnte damit verbracht, einzukaufen und zu verkaufen. Er veranstaltete einen Midnight Madness Sale und hat alles verhökert, den gesamten Krempel bis zum letzten Bettüberwurf mit dazu nicht passender Nachttischlampe. Er hat sogar das Gebäude zu verkaufen versucht.«
»Versucht?«
Mary Kay zuckte die Achseln; die Stola glitt von ihren Schultern bis in die Höhe der Ellbogen herab und legte sich dort in Falten. »Niemand wollte ein jahrhundertealtes Bauwerk, das nie saniert worden war und den modernen Bauvorschriften nicht entsprach. Jeder schreckte vor den hohen Kosten zurück. Tatsächlich meldete sich nicht ein Käufer, bis Jacob Charles auftauchte.«
Es begann langsam zu dämmern. »Und dann hat mein Großvater gekauft.«
»Ja.« Sie gab Gillian einen anerkennenden Klaps. »Ich werde Mr. Charles immer dankbar sein. Dank seines rechtzeitigen Eingreifens konnten sich meine Schwiegereltern zur Ruhe setzen und jedes Jahr in Florida überwintern, so wie sie es sich immer vorgestellt hatten. Es bedeutete auch, dass ich das nötige Geld hatte, um eine Anzahlung für den Kauf des Sweetheart Bed & Breakfast zu leisten.« Ihre Augen starrten blicklos an Gillian vorbei. »Nun ja, Davison …«
»Was?«
»Er hatte auch keine Lust mehr, das Geschäft zu führen.« Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Auch nicht irgendein anderes.«
»Ich verstehe.« Sie begann zumindest zu verstehen.
»Das war etwa zu der Zeit, als mein Mann das Interesse an den meisten Dingen zu verlieren schien.« Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen. Sie musste gar nicht mehr hinzufügen: einschließlich mir.
Gillian fehlten die Worte.
Die geschwätzige Frau mit dem weichen, pfirsichfarbenen Teint und dem übrig gebliebenen
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