Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
hatte sie mit Sicherheit nicht in der Gegend gekauft.
»Ich habe sie mir von der Küste kommen lassen«, war Gillians einziger Kommentar dazu.
Aber sie waren mit Sicherheit auch nicht ganz billig , ein Gedanke, den Sam aber nicht laut aussprach. Das wäre unhöflich gewesen, und er hatte sich unter der Dusche geschworen, sich an diesem Abend von seiner besten Seite zu zeigen.
Er stellte die Weingläser auf den zueinander passenden Beistelltischchen ab. Nachdem sie sich beide hingesetzt hatten, machte Max es sich zwischen ihnen gemütlich.
Sam brach als Erster das Schweigen. »Ich war immer von den unendlichen Möglichkeiten der Existenz da draußen fasziniert.«
»Ich auch«, sagte sie leise.
»Man schätzt, dass es Millionen, möglicherweise auch Milliarden von Galaxien im Weltraum gibt. Das Weltall ist einfach immens groß«, sagte er nach einer kleinen Pause. Er setzte das Weinglas an die Lippen und nahm einen Schluck. »Und unergründlich.« Fast so wie die Frau, die neben ihm saß.
Er hörte sie neben sich wehmütig seufzen. »Das relativiert doch so manches menschliche Problem, nicht wahr?«
»Theoretisch ja, aber in der Praxis funktioniert das meines Wissens nicht.« Er blickte hoch und betrachtete eine Weile den silbernen Mond. »Einer Theorie zufolge soll der Mond aus dem Zusammenprall eines Planeten, dem die Wissenschaftler den schönen Namen Orpheus gegeben haben, mit der Erde entstanden sein. Aus diesem Zerstörungsakt sind die Erde und der Mond, so wie wir sie heute kennen, hervorgegangen. Genauer gesagt, nachdem sie sich beide um einige tausend Grad abgekühlt hatten. Zu jener Zeit war der Mond nur vierzehntausend Meilen von der Erde entfernt und hat den ganzen Nachthimmel ausgefüllt.« Er machte eine Pause. »Langsam hat der Mond sich dann von uns wegbewegt.«
»Und jetzt sitzen wir Millionen von Jahren später …«
»Milliarden von Jahren«, verbesserte er sie.
»… Milliarden von Jahren später hier und sehen uns denselben Mond an demselben Himmel an.« Gillian flüsterte fast.
Sie schwiegen.
Sam hob die Hand und deutete nach oben. »Das ist Polaris, der Polarstern. Er befindet sich fast genau über dem Nordpol.«
»Wo?«
»Such dir zuerst den großen Wagen. Hast du ihn?«
»Ich habe ihn.«
»Wenn du die Achse der Hinterräder verlängerst, dann stößt du direkt auf den Polarstern. Der große Wagen ist Teil des Sternbilds Ursa Major, des Großen Bären.«
»Da ist ja auch der kleine Wagen.« In ihrer Stimme klang echtes Erstaunen mit. »Ich nehme an, er ist Teil des Sternbilds Kleiner Bär.«
Er nickte. »Ursa Minor. Das Ende der Deichsel ist Polaris.«
»Der Polarstern.«
»Der Kleine Wagen ist in klaren Nächten immer am Himmel der Nordhemisphäre zu sehen.«
»Wieso kennst du dich in der Astronomie so gut aus? Nein, sag nichts. Ich wette, das verdankst du Mrs. Longerboner.«
Er schüttelte den Kopf. »Den Pfadfindern.«
»Du warst bei den Pfadfindern?«
Er hob die Hand zum typischen Pfadfindergruß. »Allzeit bereit! Darf ich Ihnen Ihr Gepäck tragen, Ma’am? Kann ich Ihnen über die Straße helfen?«
Gillian lachte und bot ihm die Pralinen an. Sie nahmen jeder eine und verfielen dann wieder in Schweigen.
Sie starrte geradeaus und sagte schließlich: »Du warst böse auf mich.«
Er fuhr sich langsam mit der Hand durchs Haar. »Ich war nicht wirklich böse auf dich.«
»Das kannst du jemand anderem erzählen.«
Er rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Ich war auf mich böse, deinetwegen.«
Sie drehte sich zu ihm hin. »Warum?«
Ja, warum, Law? Erklär es ihr.
Sam leckte sich ein paar Schokoladenkrümel von den Lippen, räusperte sich und sagte: »Anton Tschechow schrieb einmal: Frauen welken ohne Männer, Männer werden ohne Frauen dumm.« Er holte tief Atem und ließ die Luft wieder langsam herausströmen. »Ich bin wohl ziemlich dumm gewesen.«
Sie sagte kein Wort.
»Ich lebe mein Leben nach ein paar einfachen Regeln, Gillian«, fuhr er fort.
Sie hatte die Hände fest verschränkt auf ihrem Schoß liegen. »Ich denke, das tun wir alle«, entgegnete sie.
»Nun, der Ehrenkodex eines Mannes verbietet es ihm, sich mit der Frau eines anderen Mannes einzulassen.«
Sie warf ihm einen fragenden Blick zu. »Ich verstehe nicht ganz.«
»In zwei Wörtern: Edoardo Biaggi.«
»Was ist mit ihm?«
»Ich nahm an …«
»Über Edoardo und mich gibt’s nichts anzunehmen. Wir sind seit langer Zeit befreundet. Das war alles, das ist alles, und das wird
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